Ein Myokardinfarkt, umgangssprachlich Herzinfarkt, ist ein akuter medizinischer Notfall. Er entsteht, wenn die Blutversorgung eines Teils des Herzmuskels plötzlich unterbrochen wird. Ohne Sauerstoff beginnt das Gewebe innerhalb weniger Minuten abzusterben – ein Vorgang, der dauerhafte Schäden hinterlassen oder tödlich enden kann. Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 280.000 Menschen einen Herzinfarkt, etwa 50.000 sterben daran. Schnelles Handeln kann Leben retten und die Folgen erheblich verringern.
Was ist ein Myokardinfarkt?
Herzinfarkte entstehen in den meisten Fällen durch eine Verengung der Herzkranzgefäße. Über Jahre bilden sich Ablagerungen (Plaques) in den Gefäßwänden. Wenn ein solches Plaque aufreißt, setzt sich daran ein Blutgerinnsel fest. Dieses Gerinnsel blockiert den Blutfluss abrupt. Der Herzmuskel wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, und Herzmuskelzellen beginnen innerhalb von 20 bis 40 Minuten abzusterben. Deshalb gilt: Je schneller die Behandlung beginnt, desto größer sind die Überlebenschancen.
Symptome und Warnsignale eines Myokardinfarkts
Die Beschwerden können unterschiedlich stark ausgeprägt sein – gerade bei Frauen und älteren Menschen sind sie oft unspezifisch. Typische Warnsignale sind:
starke, drückende Brustschmerzen, die länger als 5 Minuten anhalten,
Ausstrahlung in linken Arm, Schulter, Rücken oder Kiefer,
Atemnot, kalter Schweiß, Übelkeit und Schwindel,
plötzliche Angst oder Todesangst,
bei Frauen häufiger unspezifisch: Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Kurzatmigkeit.
Etwa ein Drittel aller Herzinfarkte verläuft still, also ohne die klassischen Symptome. Gerade bei Risikopatient:innen ist deshalb besondere Aufmerksamkeit wichtig.
Wichtig: Treten mehrere dieser Symptome gleichzeitig auf, sollte sofort der Notruf gewählt werden. Jede Minute zählt!
Ursachen und Risikofaktoren
Die Entstehung eines Myokardinfarkts ist in der Regel ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Im Mittelpunkt steht häufig die koronare Herzkrankheit, die durch Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen verursacht wird. Ein ungesunder Lebensstil, zu dem unter anderem Rauchen, unausgewogene Ernährung, Bewegungsmangel und übermäßiger Alkoholkonsum gehören, erhöht das Risiko erheblich. Weitere Risikofaktoren sind Bluthochdruck, ein hoher Cholesterinspiegel und Diabetes, die die Gefäße zusätzlich schädigen können. Auch eine familiäre Vorbelastung spielt eine wichtige Rolle: Wenn nahe Verwandte bereits an Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelitten haben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch man selbst betroffen sein könnte.
Diagnose und Untersuchungen
In der Notaufnahme läuft die Diagnostik parallel zur Erstversorgung. Ein EKG zeigt innerhalb weniger Minuten, ob ein Gefäß verschlossen ist, da sich typische Veränderungen in den Herzstromkurven zeigen. Ergänzend werden Blutuntersuchungen durchgeführt: Besonders der Wert Troponin steigt bei einem Infarkt an und belegt die Schädigung von Herzmuskelzellen.
Mit einer Echokardiografie lässt sich die Pumpfunktion beurteilen, während eine Koronarangiografie die Herzkranzgefäße direkt darstellt. Der Vorteil: Im gleichen Schritt kann das verschlossene Gefäß mit einem Katheter wieder geöffnet werden.
Myokardinfarkt Behandlung und Therapie
Das wichtigste Ziel ist, den Blutfluss so schnell wie möglich wiederherzustellen.
Akutmaßnahmen: sofort Sauerstoff, Schmerzmittel, Blutverdünner.
Katheterbehandlung (PCI): In rund 80 % der Fälle wird eine perkutane koronare Intervention durchgeführt. Dabei wird ein Katheter ins Gefäß vorgeschoben, das Gerinnsel beseitigt und meist ein Stenteingesetzt.
Thrombolyse: Falls ein Katheter nicht sofort möglich ist, kann eine medikamentöse Auflösung des Gerinnsels erfolgen.
Bypass-Operation: Bei schweren oder mehrfachen Engstellen kann eine Operation nötig werden.
Die ersten 90 Minuten („goldene Stunde“) sind entscheidend – wird das Gefäß in diesem Zeitfenster wiedereröffnet, kann der Herzmuskel weitgehend gerettet werden.
Alltag und Nachsorge
Nach einem Myokardinfarkt beginnt der oft lange Weg der Rehabilitation und Umstellung. Viele Betroffene müssen lernen, ihren Alltag an die veränderten körperlichen Voraussetzungen anzupassen. Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf schädliche Gewohnheiten wie das Rauchen stehen hierbei im Mittelpunkt. Auch psychologische Unterstützung kann hilfreich sein, um mit den emotionalen Folgen eines Herzinfarkts umzugehen und Ängste vor einem erneuten Ereignis abzubauen. Nach einem Herzinfarkt gehört eine dauerhafte medikamentöse Nachbehandlung zum Standard. Dabei werden in der Regel Blutverdünner, Betablocker, Statine und ACE-Hemmer eingesetzt. Diese Medikamente entlasten das Herz, schützen die Gefäße und senken das Risiko eines erneuten Infarkts deutlich. Die enge Zusammenarbeit mit Ärzten, Herzspezialisten und Therapeuten ist dabei unerlässlich, um individuelle Risiken zu senken und den Lebensstil nachhaltig zu verändern. Etwa 90 % der Überlebenden können nach einigen Monaten wieder in ihr normales Leben zurückkehren, wenn sie ihre Risikofaktoren konsequent behandeln lassen.
Prognose und Heilungschancen
Ein Herzinfarkt bleibt eine ernste Erkrankung, die das Leben dauerhaft verändern kann. Rund die Hälfte der Todesfälle tritt in den ersten zwei Stunden nach Symptombeginn auf – oft noch vor der Ankunft im Krankenhaus. Wer jedoch rechtzeitig medizinische Hilfe erhält, hat heute sehr gute Chancen: Die Sterblichkeit im Krankenhaus liegt unter 10 %.
Mit moderner Therapie, konsequenter Nachsorge und einer dauerhaften Anpassung des Lebensstils lassen sich Folgeinfarkte vermeiden und die Lebenserwartung deutlich verbessern.
Wichtige Fragen zum Myokardinfarkt
Viele Menschen fragen sich, ob es möglich ist, einen Herzinfarkt vollständig zu vermeiden. Zwar kann das Risiko durch einen gesunden Lebensstil und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen deutlich gesenkt werden, jedoch können genetische Faktoren und unvorhersehbare Ereignisse nicht immer ausgeschlossen werden. Eine weitere häufige Frage betrifft den Zeitpunkt der Genesung: Der Heilungsprozess verläuft individuell und kann von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten dauern, in denen sich Patienten in Rehabilitationsprogrammen intensiv mit ihrer neuen Lebenssituation auseinandersetzen. Auch die Frage, welche Symptome nach einem Herzinfarkt dauerhaft bestehen bleiben können, ist oft Gegenstand intensiver Auseinandersetzung – hierbei ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle der Schlüssel, um frühzeitig auf Veränderungen reagieren zu können.
Fazit
Ein Myokardinfarkt ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben von Betroffenen nachhaltig verändert. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Folgen eines Herzinfarkts zu mildern und ein aktives, erfülltes Leben fortzusetzen. Durch schnelle Hilfe, gezielte Therapie und eine umfassende Nachsorge können viele Schäden begrenzt und das Risiko weiterer Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert werden. Informiere dich regelmäßig, achte auf Warnsignale und setze auf einen gesunden Lebensstil – denn Prävention und rechtzeitige Behandlung können entscheidend dazu beitragen, Herzinfarkten erfolgreich vorzubeugen.
Wissenschaftliche Quellen
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