Babinski-Reflex als Warnsignal verstehen

Babinski-Reflex als Warnsignal verstehen

07.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Der Babinski-Reflex ist eine Reaktion des Fußes, die bei bestimmten Nerventests geprüft wird: Wenn die Fußsohle an der Außenseite von der Ferse zum großen Zeh hin mit einem festen Gegenstand gestrichen wird, spreizt sich der große Zeh nach oben und die anderen Zehen fächern sich auf.

Was steckt hinter dem Babinski-Reflex?

Der Babinski-Reflex, manchmal auch als Babinski-Zeichen bezeichnet, ist nach dem französischen Neurologen Joseph Babinski benannt. Er entdeckte Ende des 19. Jahrhunderts, dass sich die Reaktion der Zehen auf eine bestimmte Reizung der Fußsohle bei Kindern und Erwachsenen unterscheidet. Bei gesunden Babys in den ersten Lebensmonaten ist diese Zehenbewegung völlig normal. Doch bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gilt das Auftreten dieses Reflexes als Hinweis auf eine Störung im Nervensystem, genauer gesagt auf eine Schädigung der sogenannten Pyramidenbahn. Die Pyramidenbahn ist eine wichtige Nervenbahn, die Bewegungsimpulse vom Gehirn zu den Muskeln weiterleitet.

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Wann ist der Reflex normal und wann nicht?

Bei Neugeborenen und Säuglingen bis etwa zum zweiten Lebensjahr lässt sich der Babinski-Reflex fast immer auslösen. In dieser Zeit ist das Nervensystem noch nicht vollständig ausgereift. Deshalb ist es ganz typisch, dass sich der große Zeh nach oben bewegt und die anderen Zehen auffächern, wenn die Fußsohle gereizt wird. Mit zunehmendem Alter verschwindet diese Reaktion normalerweise. Bei gesunden älteren Kindern und Erwachsenen zeigt sich stattdessen der sogenannte Plantarreflex: Die Zehen beugen sich nach unten.

Taucht das Babinski-Zeichen jedoch nach dem Kleinkindalter wieder auf oder bleibt es dauerhaft bestehen, weist das meist auf eine Störung oder Schädigung im Bereich des zentralen Nervensystems hin. Besonders betroffen ist dabei die Pyramidenbahn, die für die Steuerung der bewussten Bewegungen zuständig ist.

Was bedeutet ein positiver Babinski-Reflex für Erwachsene?

Ein positiver Babinski-Reflex bei Jugendlichen oder Erwachsenen ist immer ein Hinweis, dass mit der Signalübertragung zwischen Gehirn und Körper etwas nicht stimmt. Die Ursachen dafür können ganz unterschiedlich sein. Häufig steckt eine Schädigung im Bereich des Gehirns oder Rückenmarks dahinter. Das kann zum Beispiel durch einen Schlaganfall, Multiple Sklerose, eine Gehirnverletzung, einen Tumor, eine Entzündung oder eine andere Erkrankung des zentralen Nervensystems verursacht werden.

Manchmal kann das Babinski-Zeichen auch nach einem epileptischen Anfall, bei starker Bewusstseinsstörung oder nach schweren Vergiftungen auftreten. Es ist jedoch wichtig zu wissen: Ein einmalig ausgelöster Babinski-Reflex allein reicht nicht für eine Diagnose. Ärztinnen und Ärzte betrachten immer das gesamte klinische Bild und führen zusätzliche Untersuchungen durch, bevor sie eine Ursache festlegen.

Wie läuft die Untersuchung ab?

Um das Babinski-Zeichen zu testen, streicht die Ärztin oder der Arzt mit einem stumpfen Gegenstand, zum Beispiel einem Holzspatel oder einem speziellen Reflexhammer, an der Außenseite der Fußsohle entlang. Die Reaktion der Zehen wird genau beobachtet. Beugt sich der große Zeh nach oben und spreizen sich die anderen Zehen, ist das Babinski-Zeichen positiv. Bleiben die Zehen ruhig oder beugen sich nach unten, ist der Test negativ. Der Test ist in der Regel schmerzlos und dauert nur wenige Sekunden.

Der Babinski-Reflex ist Teil der sogenannten neurologischen Untersuchung. Er hilft dabei, Hinweise auf mögliche Erkrankungen des Nervensystems zu finden. Oft wird er gemeinsam mit anderen Reflexen und Bewegungsprüfungen getestet, um ein möglichst genaues Bild zu bekommen.

Muss man sich Sorgen machen?

Findet sich das Babinski-Zeichen bei Erwachsenen, kann das zunächst beunruhigend wirken. Wichtig ist jedoch: Der Reflex allein ist kein Grund zur Panik. Er ist lediglich ein Zeichen, dass irgendwo im Nervensystem eine Störung vorliegen könnte. Die eigentliche Ursache muss erst noch gefunden werden. Das Babinski-Zeichen ist also eher ein Warnsignal, das weitere Untersuchungen notwendig macht.

In vielen Fällen steckt eine behandelbare Erkrankung dahinter. Manchmal sind die Veränderungen auch vorübergehend, zum Beispiel bei bestimmten akuten Infekten oder nach einem epileptischen Anfall. Dennoch sollte ein positiver Babinski-Reflex immer ärztlich abgeklärt werden, um die Ursache zu finden und gegebenenfalls eine passende Behandlung einzuleiten.

Was passiert nach dem Befund?

Je nachdem, was die Ärztin oder der Arzt bei der Untersuchung feststellt, folgen meist weitere Tests. Dazu zählen bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Computertomografie (CT) des Gehirns oder Rückenmarks. Auch Blutuntersuchungen oder spezielle Nervenmessungen können helfen, die Ursache zu klären. Die Behandlung richtet sich dann nach der zugrundeliegenden Erkrankung. Das Ziel ist immer, die Ursache zu behandeln und die Funktionsfähigkeit des Nervensystems zu erhalten oder zu verbessern.

Das Babinski-Zeichen ist also kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein hilfreiches Zeichen, das Ärztinnen und Ärzten bei der Suche nach einer möglichen Nervenschädigung unterstützt. Bei Kindern bis zum zweiten Lebensjahr ist der Reflex normal und kein Grund zur Sorge. Bei Erwachsenen ist ein positiver Babinski-Reflex ein Anlass, genauer hinzuschauen, aber noch kein Grund zur Angst.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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