Eine progressive Glomerulonephritis ist eine Form der Nierenerkrankung, bei der die Filtereinheiten der Niere, die sogenannten Glomeruli, zunehmend und meist rasch geschädigt werden, was unbehandelt zu dauerhaftem Nierenversagen führen kann.
Was passiert bei einer Glomerulonephritis?
Die Nieren sind wichtige Organe, die das Blut reinigen und Abfallstoffe sowie überschüssiges Wasser über den Urin ausscheiden. Die Glomeruli, winzige Gefäßknäuel in der Niere, spielen dabei eine zentrale Rolle. Bei einer Glomerulonephritis entzünden sich diese Filterstrukturen. Das Wort setzt sich zusammen aus „Glomerulus“ (lateinisch für „Gefäßknäuel“) und „Nephritis“ (griechisch für „Nierenentzündung“).
Die Entzündung kann unterschiedlich verlaufen. Während manche Formen mild und langsam sind, schreitet die progressive Glomerulonephritis besonders schnell voran. Das bedeutet, dass die Nierenfunktion innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten stark abnehmen kann. Im medizinischen Sprachgebrauch liest man auch von einer „rasch progredienten Glomerulonephritis“ oder „rapid progressive glomerulonephritis“ (RPGN).
Welche Symptome können auftreten?
Häufig bleibt der Beginn unbemerkt, da die Nieren auch bei Schädigung lange ihre Aufgaben erfüllen. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung zeigen sich jedoch oft deutliche Anzeichen. Typisch sind Schwellungen an Beinen oder im Gesicht, weil Flüssigkeit im Körper zurückgehalten wird. Der Urin kann sich verfärben, beispielsweise rötlich-braun, was auf Blut im Urin hindeutet. Auch Schaum im Urin ist möglich, ein Hinweis auf vermehrte Eiweißausscheidung.
Mit fortschreitender Nierenschädigung kann es zu Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Bluthochdruck kommen. Manche bemerken auch Kurzatmigkeit oder Kopfschmerzen. All diese Beschwerden sind jedoch unspezifisch und müssen nicht zwingend auftreten.
Was bedeutet „progressiv“ in diesem Zusammenhang?
Das Wort „progressiv“ steht in der Medizin für einen fortschreitenden, sich verschlimmernden Verlauf. Bei der progressiven Glomerulonephritis schreitet die Schädigung der Glomeruli rasch und unaufhaltsam voran, wenn keine Behandlung erfolgt. Innerhalb weniger Wochen bis Monate kann die Niere ihre Funktion so weit einbüßen, dass eine Dialyse (Blutwäsche) notwendig wird.
Im Gegensatz zu langsam verlaufenden Nierenentzündungen ist hier also Eile geboten. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie kann den Verlauf in vielen Fällen aufhalten oder zumindest verzögern.
Ursachen und Auslöser
Die progressive Glomerulonephritis ist keine eigenständige Krankheit, sondern beschreibt den Verlauf verschiedener Entzündungsformen der Niere. Häufig liegt eine Fehlsteuerung des Immunsystems zugrunde. Das bedeutet, dass körpereigene Abwehrstoffe die Glomeruli angreifen und zerstören.
Zu den wichtigsten Auslösern zählen bestimmte Autoimmunerkrankungen wie der Morbus Wegener (Granulomatose mit Polyangiitis), das Goodpasture-Syndrom oder der systemische Lupus erythematodes. Auch Infektionen oder Medikamente können eine solche Entzündung der Nierenfilter in Gang setzen.
Ist eine progressive Glomerulonephritis gefährlich?
Viele Betroffene fragen sich, ob eine solche Diagnose bedrohlich ist. Tatsächlich handelt es sich um eine ernsthafte Erkrankung, die ohne Behandlung meist zu einem dauerhaften Nierenversagen führt. Die Nieren verlieren dabei ihre Fähigkeit, das Blut zu reinigen und den Wasserhaushalt zu regulieren. In schweren Fällen kann dies lebensbedrohlich werden.
Gleichzeitig gibt es aber auch Hoffnung: Wird die Erkrankung früh erkannt und gezielt behandelt, lässt sich der Verlauf oft bremsen oder sogar stoppen. Je schneller eine Therapie beginnt, desto besser sind die Chancen, die Nierenfunktion zu erhalten.
Wie sieht die Behandlung aus?
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Entzündung. Meist kommen Medikamente zum Einsatz, die das Immunsystem bremsen und die Entzündung eindämmen. Dazu zählen sogenannte Kortikosteroide(wie Prednisolon) und andere Immunsuppressiva (zum Beispiel Cyclophosphamid oder Rituximab). In manchen Fällen werden zusätzlich Verfahren wie die Plasmapherese genutzt, bei denen bestimmte schädliche Stoffe aus dem Blut entfernt werden.
Bei fortgeschrittener Schädigung kann eine Dialyse notwendig werden, um die Aufgaben der Niere zu übernehmen. In seltenen Fällen ist eine Nierentransplantation die letzte Option.
Wichtig ist, die Behandlung engmaschig zu überwachen und mögliche Nebenwirkungen der Medikamente im Blick zu behalten. Oft arbeitet ein Team aus Nierenfachärztinnen und -ärzten (Nephrolog:innen), Hausärzt:innen und weiteren Spezialist:innen zusammen.
Fragen und Sorgen rund um die Diagnose
Viele Menschen sind verunsichert, wenn sie von einer progressiven Glomerulonephritis hören. Fragen wie „Muss ich jetzt mein Leben lang zur Dialyse?“ oder „Kann ich meine Nierenfunktion retten?“ sind verständlich. Die Antwort hängt stark davon ab, wie früh die Erkrankung erkannt wird und wie gut die Behandlung anschlägt.
Ein schneller Therapiebeginn verbessert die Aussichten deutlich. Auch wenn die Erkrankung schwerwiegend ist, gibt es heute viele Möglichkeiten, das Fortschreiten zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Regelmäßige Kontrollen und eine gute Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzt:innen sind entscheidend.
Was kann selbst getan werden?
Neben der medizinischen Behandlung spielt ein gesunder Lebensstil eine wichtige Rolle. Eine salzarme Ernährung, ausreichend Bewegung und das Vermeiden von Rauchen und Alkohol entlasten die Nieren zusätzlich. Medikamente sollten immer nur nach Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin eingenommen werden, da manche Mittel die Nieren zusätzlich schädigen können.
Wer unsicher ist oder neue Beschwerden bemerkt, sollte nicht zögern, sich ärztlichen Rat zu holen. Je früher Probleme erkannt werden, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.
Wissenschaftliche Quellen
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