Diabetes insipidus – Wenn Durst nicht aufhört

Diabetes insipidus – Wenn Durst nicht aufhört

05.12.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Diabetes insipidus ist eine seltene Erkrankung, bei der der Körper große Mengen an sehr dünnem, fast wasserklarem Urin ausscheidet, weil die Fähigkeit fehlt, Wasser in den Nieren zurückzuhalten.

Was steckt hinter dem Begriff?

Der Name klingt ähnlich wie der bekannte Diabetes mellitus, hat aber eine ganz andere Ursache. Während beim Diabetes mellitus ein Problem mit dem Blutzucker vorliegt, geht es beim Diabetes insipidus um den Wasserhaushalt. Die Bezeichnung stammt aus dem Lateinischen: „insipidus“ bedeutet „geschmacklos“. Das bezieht sich darauf, dass der Urin bei dieser Erkrankung fast kein Zucker enthält und daher geschmacklos ist.

Im Körper sorgt normalerweise ein Hormon namens ADH (antidiuretisches Hormon, auch Vasopressin genannt) dafür, dass Wasser in den Nieren zurückgehalten wird. Fehlt dieses Hormon oder können die Nieren nicht mehr darauf reagieren, verliert der Körper zu viel Flüssigkeit über den Urin. Das führt dazu, dass Betroffene sehr häufig und große Mengen Wasser lassen müssen und gleichzeitig ständig durstig sind.

Ganzen Befund übersetzen?

Du hast einen Arztbericht oder Befund den du nicht verstehst? Dann nutze Simply Onno, um dir diesen in einfache Sprache übersetzen und erklären zu lassen.

Mehr Infos

Wie zeigt sich Diabetes insipidus?

Die auffälligsten Anzeichen sind ein starker, kaum zu stillender Durst und das Ausscheiden von ungewöhnlich viel Urin. Erwachsene können pro Tag zwischen drei und zwanzig Litern Urin verlieren, manchmal sogar mehr. Dieser Urin ist sehr hell und fast durchsichtig. Viele wachen nachts mehrmals auf, um zur Toilette zu gehen. Der Durst bleibt auch nach großen Trinkmengen bestehen, weil der Körper das Wasser nicht speichern kann.

Bei Kindern fällt oft auf, dass sie die Windeln ungewöhnlich häufig nass haben oder nachts wieder einnässen, obwohl sie eigentlich schon trocken waren. Wenn nicht genug getrunken wird, kann es schnell zu einer Austrocknung kommen.

Was passiert im Körper?

Normalerweise kontrolliert das Hormon ADH, wie viel Wasser die Nieren zurückhalten. Es wird im Gehirn gebildet und sorgt dafür, dass bei Wassermangel weniger Urin ausgeschieden wird. Beim Diabetes insipidus gibt es zwei Hauptformen:

Bei der zentralen Form (Diabetes insipidus centralis) wird im Gehirn zu wenig ADH produziert oder ausgeschüttet. Das kann durch Verletzungen, Tumoren, Entzündungen oder manchmal auch ohne erkennbare Ursache passieren.

Bei der sogenannten renalen Form (Diabetes insipidus renalis) sind die Nieren nicht in der Lage, auf ADH zu reagieren. Das Hormon ist zwar vorhanden, aber die Nierenzellen können es nicht aufnehmen. Diese Form ist meist angeboren, kann aber auch durch bestimmte Medikamente oder Erkrankungen der Niere ausgelöst werden.

Ist das gefährlich?

Unbehandelt kann Diabetes insipidus durchaus ernst werden. Durch den ständigen Wasserverlust droht eine Austrocknung, besonders wenn nicht ausreichend getrunken wird. Das kann zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Kreislaufschwäche und im schlimmsten Fall zu Krampfanfällen oder Bewusstlosigkeit führen. Besonders gefährdet sind kleine Kinder und ältere Menschen, weil sie schneller dehydrieren. Wer aber rechtzeitig die richtige Behandlung erhält, kann meist ein fast normales Leben führen.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Wenn auffällt, dass ständig große Mengen Urin ausgeschieden werden und der Durst sehr stark ist, suchen viele zunächst den Hausarzt auf. Die Ärztin oder der Arzt fragt nach Trinkmenge, Häufigkeit des Wasserlassens und eventuellen anderen Beschwerden. Im Labor wird untersucht, wie konzentriert der Urin ist, wie hoch der Salzgehalt im Blut ist und ob der Blutzucker normal ist. Ein sogenannter Durstversuch kann helfen, die genaue Ursache zu finden: Dabei wird geprüft, wie sich Urinmenge und Konzentration verändern, wenn für einige Stunden nichts getrunken werden darf. Manchmal wird auch die Reaktion auf künstlich zugeführtes ADH getestet.

Bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfes helfen, Veränderungen im Gehirn auszuschließen, etwa Tumoren oder Entzündungen, die die ADH Produktion stören könnten.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Bei der zentralen Form kann ein Medikament mit dem Wirkstoff Desmopressin helfen, das die Wirkung von ADH nachahmt. Es wird als Nasenspray, Tablette oder Tropfen verabreicht und sorgt dafür, dass die Nieren wieder Wasser zurückhalten. Die Dosierung wird individuell eingestellt, damit weder zu viel noch zu wenig Wasser im Körper bleibt.

Wenn die Nieren selbst nicht auf ADH reagieren, also bei der renalen Form, helfen diese Medikamente nicht. Hier steht im Vordergrund, den Salzhaushalt zu regulieren und die Trinkmenge anzupassen. Spezielle Diäten und manchmal auch Medikamente, die den Urinfluss bremsen, kommen zum Einsatz. In seltenen Fällen ist die Behandlung schwieriger, dann muss engmaschig kontrolliert werden.

Was kann im Alltag helfen?

Wer von Diabetes insipidus betroffen ist, sollte immer ausreichend Zugang zu Wasser haben. Es ist wichtig, auf den eigenen Durst zu achten und regelmäßig zu trinken, um eine Austrocknung zu vermeiden. Besonders bei körperlicher Anstrengung, Hitze oder Durchfallerkrankungen kann der Wasserbedarf noch weiter steigen. In solchen Situationen ist es ratsam, immer eine Flasche Wasser griffbereit zu haben und auf Warnzeichen wie trockene Haut, Schwindel oder Konzentrationsstörungen zu achten.

Regelmäßige Kontrollen beim Arzt helfen, die richtige Medikamentendosis zu finden und Komplikationen zu vermeiden. Bei Reisen oder Krankenhausaufenthalten sollte das medizinische Team über die Erkrankung informiert werden, damit es nicht zu Problemen kommt.

Häufige Fragen und Sorgen

Viele fragen sich, ob Diabetes insipidus erblich ist. Die renale Form kann tatsächlich genetisch bedingt sein, während die zentrale Form meist durch äußere Einflüsse entsteht.

Manche haben Angst, dass die Erkrankung das Leben stark einschränkt. Mit einer passenden Behandlung und ein wenig Aufmerksamkeit im Alltag gelingt es den meisten Betroffenen, ein normales Leben zu führen. Wichtig ist, die Symptome ernst zu nehmen und bei Veränderungen oder Problemen ärztlichen Rat einzuholen.

Werden Kinder betroffen, ist eine enge Zusammenarbeit mit Kinderärztinnen und Kinderärzten besonders wichtig, um Wachstum und Entwicklung zu überwachen.

Zusammengefasst

Diabetes insipidus ist zwar selten, aber gut behandelbar, wenn die Ursache erkannt wird. Die wichtigsten Anzeichen sind starker Durst und große Mengen sehr hellen Urins. Wer diese Symptome bei sich oder Angehörigen bemerkt, sollte ärztlichen Rat suchen, um Komplikationen zu vermeiden und die richtige Unterstützung zu bekommen.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

Simply Onno

Datenschutz

Impressum

AGB