Dexamethason: Wirkung und Einsatz im Überblick

Dexamethason: Wirkung und Einsatz im Überblick

07.10.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Dexamethason ist ein hochwirksames Medikament aus der Gruppe der Glukokortikoide. Es wird vor allem eingesetzt, um Entzündungen, allergische Reaktionen oder Autoimmunerkrankungen zu behandeln. Der Wirkstoff gehört zu den synthetischen Abkömmlingen des körpereigenen Hormons Cortisol, das in der Nebenniere gebildet wird, und zählt zu den stärksten Cortisonpräparaten in der modernen Medizin.

Was genau ist Dexamethason?

Dexamethason ist ein künstlich hergestelltes Glukokortikoid, das die Wirkung von Cortisol im Körper gezielt verstärkt. Cortisol selbst spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation von Stoffwechsel, Immunreaktionen und Entzündungsprozessen. Dexamethason imitiert diese Funktionen, wirkt jedoch deutlich stärker und länger anhaltend als das natürliche Hormon.

Zu den wichtigsten Eigenschaften gehören:

  • Starke entzündungshemmende Wirkung

  • Abschwellende und antiallergische Effekte

  • Unterdrückung übermäßiger Immunreaktionen

Im Vergleich zu anderen Corticoiden wie Prednisolon oder Hydrocortison ist Dexamethason rund 25- bis 30-mal potenter. Deshalb wird es nur dann verwendet, wenn eine besonders ausgeprägte Wirkung erforderlich ist.

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Wann wird Dexamethason angewendet?

Der Einsatzbereich ist breit gefächert. Besonders häufig wird Dexamethason verschrieben, wenn eine starke und rasche Unterdrückung von Entzündungen notwendig ist. Dazu gehören zum Beispiel schwere allergische Reaktionen, Asthmaanfälle, bestimmte rheumatische Erkrankungen oder Hirnschwellungen nach Verletzungen oder Operationen. Auch bei einigen Krebserkrankungen, etwa zur Linderung von Nebenwirkungen einer Chemotherapie oder zur Behandlung von Hirntumoren, findet der Wirkstoff Anwendung.

In manchen Fällen wird Dexamethason auch zur Vorbeugung von Übelkeit bei bestimmten Therapien eingesetzt oder als Bestandteil einer sogenannten Cortison Therapie. Während der Corona-Pandemie hat das Medikament zudem Aufmerksamkeit erlangt, weil es bei schwer verlaufenden COVID-19-Erkrankungen helfen kann, die überschießende Immunreaktion zu bremsen.

Wie wirkt Dexamethason im Körper?

Dexamethason greift tief in das Immun- und Entzündungsgeschehen ein. Es blockiert die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen (z. B. Prostaglandinen und Zytokinen) und hemmt die Aktivität von Immunzellen, die für Schwellung, Rötung und Schmerz verantwortlich sind. Dadurch werden Entzündungsreaktionen gestoppt, das Gewebe geschützt und Symptome wie Schmerzen oder Schwellungen deutlich reduziert.

Die Wirkung setzt meist innerhalb weniger Stunden ein und hält – je nach Dosierung – bis zu 36 bis 72 Stunden an.

Dexamethason kann in verschiedenen Formen angewendet werden:

  • Tabletten oder Tropfen zur systemischen Behandlung

  • Injektionen oder Infusionen bei akuten Notfällen

  • Augentropfen oder Nasensprays bei lokalen Entzündungen

  • Cremes oder Salben bei bestimmten Hauterkrankungen

Die genaue Dosierung hängt von der Erkrankung, der Schwere der Symptome und der individuellen Situation ab.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Dexamethason ist ein sehr wirksames, aber auch potent wirkendes Medikament. Bei kurzfristiger, niedrig dosierter Anwendung treten Nebenwirkungen meist nur mild oder gar nicht auf. Bei längerer Einnahme oder hohen Dosen kann der Wirkstoff jedoch den Stoffwechsel und die Hormonregulation beeinflussen.

Langzeitfolgen einer Dexamethason-Einnahme

Eine langfristige oder hochdosierte Einnahme von Dexamethason kann den natürlichen Hormonhaushalt des Körpers verändern und zu charakteristischen körperlichen und stoffwechselbedingten Veränderungen führen. Diese Erscheinungen werden unter dem Begriff Cushing-Syndrom zusammengefasst und entstehen, wenn der Körper über längere Zeit einem erhöhten Cortisolspiegel ausgesetzt ist.

Typisch sind sichtbare Veränderungen wie ein rundes Vollmondgesicht, eine Fettansammlung im Nackenbereich („Stiernacken“) und eine vermehrte Fettverteilung am Rumpf, während Arme und Beine oft schlanker wirken (Stammfettsucht). Die Haut wird dünner und empfindlicher, sodass rötlich-violette Dehnungsstreifen (Striae rubrae) entstehen können, vor allem an Bauch, Hüften oder Oberschenkeln. Hinzu kommen Muskelschwäche, Gewichtszunahme, Knochenschwund (Osteoporose), erhöhte Blutzuckerwerte bis hin zu Diabetes, Bluthochdruck, verzögerte Wundheilung und eine gesteigerte Infektanfälligkeit. Auch psychische Veränderungen wie Stimmungsschwankungen, Nervosität oder depressive Verstimmungen sind möglich.

Diese Nebenwirkungen treten vor allem bei einer langdauernden Therapie über mehrere Monate oder Jahre und bei höheren Dosierungen auf. Wichtig ist deshalb eine regelmäßige ärztliche Kontrolle, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern – etwa durch Knochenschutz, Bewegung, gesunde Ernährung und eine schrittweise Dosisreduktion.

Bilden sich die Veränderungen nach dem Absetzen zurück?

Die gute Nachricht ist: Viele der durch Dexamethason verursachten Veränderungen sind reversibel, also rückbildungsfähig, sobald das Medikament schrittweise abgesetzt wird und sich der Hormonhaushalt normalisiert.

Das Vollmondgesicht, der Stiernacken und die Fettumverteilung bilden sich meist innerhalb von Wochen bis Monaten deutlich zurück, wenn die Cortisolwerte wieder auf den natürlichen Bereich absinken. Auch Gewicht und Blutzucker stabilisieren sich in der Regel.

Etwas mehr Geduld erfordert die Regeneration der Haut und des Muskelsystems: Die Striae rubrae verblassen im Laufe der Zeit, verschwinden aber selten vollständig. Muskeln und Knochen können sich durch gezieltes Training und ausreichende Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr wieder stärken. Die Nebennierenfunktion, die während der Therapie gedrosselt ist, erholt sich meist innerhalb weniger Monate – vorausgesetzt, das Medikament wird langsam und kontrolliert ausgeschlichen.

Nur in seltenen Fällen, wenn die Therapie über viele Jahre lief oder sehr hohe Dosen notwendig waren, bleiben einzelne Veränderungen (wie z. B. Dehnungsstreifen oder leicht erhöhte Stoffwechselwerte) dauerhaft bestehen. Für die meisten Betroffenen gilt jedoch: Nach dem Absetzen normalisieren sich Körperform, Energielevel und Hormonregulation allmählich wieder, und viele unerwünschte Wirkungen bilden sich vollständig zurück.

Besondere Vorsicht bei bestimmten Erkrankungen

Bei bestehenden Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Magenproblemen oder Osteoporose sollte die Einnahme besonders sorgfältig überwacht werden. Dexamethason kann diese Erkrankungen verschlechtern oder beeinflussen.

Auch die gleichzeitige Einnahme anderer Medikamente – etwa blutzuckersenkender Mittel, Blutverdünner oder Impfstoffe – kann Wechselwirkungen verursachen. Deshalb ist es wichtig, dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte über alle eingenommenen Medikamente informiert sind.

Unterschied zu anderen Corticoiden

Dexamethason unterscheidet sich von anderen Glukokortikoiden durch seine außergewöhnliche Wirkstärke und lange Wirkdauer. Während beispielsweise Prednisolon etwa 24 Stunden wirkt, hält Dexamethason meist deutlich länger an. Es wird daher bevorzugt eingesetzt, wenn eine starke, aber zeitlich begrenzte Immunsuppression erforderlich ist – etwa bei Hirnschwellungen, allergischem Schock oder schwerer Entzündung. Für die äußerliche Anwendung auf der Haut werden meist andere Wirkstoffe bevorzugt, sogenannte topische Corticoide, da Dexamethason hier weniger üblich ist.

Typische Fragen rund um die Behandlung

Viele fragen sich, ob Dexamethason gefährlich ist oder abhängig machen kann. Bei fachgerechter Anwendung ist das Risiko überschaubar, solange die Einnahme genau nach ärztlicher Vorgabe erfolgt. Die Angst vor Cortisonpräparaten ist zwar verbreitet, doch moderne Therapien versuchen, immer die niedrigste wirksame Dosis für die kürzest mögliche Zeit zu verwenden.

Wer bereits andere Medikamente einnimmt oder an chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck leidet, sollte die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt unbedingt informieren. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind möglich und müssen beachtet werden.

Natürliche und pflanzliche Alternativen zu Dexamethason

Bei leichten oder chronischen Entzündungen, bei denen keine hochdosierte Cortisontherapie notwendig ist, können pflanzliche Wirkstoffe und natürliche Entzündungshemmer eine sanftere Alternative oder Ergänzung sein. Besonders gut untersucht ist Weihrauch (Boswellia serrata), dessen Harz sogenannte Boswelliasäuren enthält. Diese hemmen bestimmte Enzyme, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind – ähnlich wie Glukokortikoide, jedoch mit einem deutlich milderen Wirkprofil. Studien zeigen, dass Weihrauch bei Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Asthma positive Effekte haben kann. Auch Omega-3-Fettsäuren, Curcumin (aus Kurkuma) und Grüntee-Extrakte besitzen entzündungshemmende Eigenschaften, die unterstützend wirken können.

Wichtig ist jedoch: Solche Präparate ersetzen keine ärztlich verordnete Cortisontherapie, insbesondere nicht bei akuten oder schweren Erkrankungen. Sie können aber – in Absprache mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt – als begleitende Maßnahme eingesetzt werden, um den Bedarf an synthetischen Glukokortikoiden zu reduzieren oder die Entzündungsaktivität langfristig zu stabilisieren.

Zusammengefasst

Dexamethason ist ein stark wirksames Medikament mit breitem Einsatzgebiet – von Allergien über Autoimmunerkrankungen bis hin zu schweren Entzündungen und Notfällen. Es wirkt zuverlässig, sollte aber immer unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden.

Bei richtiger Dosierung und sorgfältiger Überwachung ist Dexamethason ein bewährtes, sicheres und lebenswichtiges Arzneimittel, das in vielen Situationen Entzündungen eindämmt, Schwellungen reduziert und lebensbedrohliche Komplikationen verhindern kann.

Wer Dexamethason einnimmt, sollte Rückfragen oder Sorgen offen mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin besprechen – das schafft Sicherheit und hilft, die Therapie optimal auf die eigenen Bedürfnisse abzustimmen.

Wissenschaftliche Quellen

  • Tarasova K, Veniaminova E, et al. Dexamethasone: a double-edged sword in the treatment of osteoarthritis — anti-inflammatory effects versus detrimental actions. Sci Rep. 2025;15:96050. doi:10.1038/s41598-025-96050-2 https://doi.org/10.1038/s41598-025-96050-2

  • Horby P, Lim WS, Emberson JR, et al. Dexamethasone in hospitalized patients with Covid-19. N Engl J Med. 2021;384(8):693-704. doi:10.1056/NEJMoa2021436 https://doi.org/10.1056/NEJMoa2021436

  • Cain DW, Cidlowski JA. After 62 years of regulating immunity, dexamethasone still surprises. Nat Rev Immunol. 2020;20(10):605-606. doi:10.1038/s41577-020-00421-x https://doi.org/10.1038/s41577-020-00421-x

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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