Das Zollinger-Ellison-Syndrom ist eine seltene Erkrankung, bei der sich im Körper Tumoren bilden, die zu einer übermäßigen Produktion von Magensäure führen. Diese Tumoren, meist im Bereich der Bauchspeicheldrüse oder des oberen Dünndarms, werden als Gastrinome bezeichnet, weil sie das Hormon Gastrin in großen Mengen ausschütten.
Wie entsteht das Zollinger-Ellison-Syndrom?
Im Normalfall regelt der Körper die Produktion von Magensäure sehr genau. Das Hormon Gastrin spielt dabei eine zentrale Rolle: Es wird ausgeschüttet, wenn Nahrung in den Magen gelangt, und sorgt dafür, dass die Magenschleimhaut Säure produziert. Beim Zollinger-Ellison-Syndrom kommt es durch die Tumoren zu einer dauerhaften und unkontrollierten Freisetzung von Gastrin. Die Folge: Der Magen produziert viel mehr Säure, als eigentlich nötig wäre.
Diese überschüssige Säure kann die Schleimhaut im Magen und vor allem im Zwölffingerdarm, also dem ersten Abschnitt des Dünndarms, stark angreifen. Es entstehen Geschwüre, die nicht nur schmerzhaft sind, sondern auch zu Komplikationen wie Blutungen oder sogar Durchbrüchen führen können.
Woran lässt sich das Syndrom erkennen?
Oft zeigen sich die ersten Anzeichen durch Beschwerden, die auf Magen oder Darm zurückzuführen sind. Typisch sind wiederkehrende, starke Schmerzen im Oberbauch, die häufig nach dem Essen auftreten. Viele Betroffene berichten über Durchfälle, Sodbrennen oder Völlegefühl. Manche leiden unter Übelkeit, Erbrechen oder einem plötzlichen Gewichtsverlust, weil die Verdauung nicht mehr richtig funktioniert.
Ein auffälliges Merkmal ist, dass die üblichen Medikamente gegen Magengeschwüre, sogenannte Säureblocker, oft nicht ausreichend helfen oder die Beschwerden nach kurzer Zeit wiederkehren. Bei manchen Betroffenen werden die Geschwüre erst durch Komplikationen wie Blutungen oder einen Darmdurchbruch entdeckt.
Ist das Zollinger-Ellison-Syndrom gefährlich?
Die Diagnose kann zunächst beunruhigend wirken, vor allem weil das Syndrom mit Tumoren verbunden ist. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Gastrinomen um sogenannte neuroendokrine Tumoren, die langsam wachsen. Allerdings können diese Tumoren in einigen Fällen bösartig sein und Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, bilden – vor allem in der Leber.
Die überschüssige Magensäure selbst kann langfristig die Schleimhäute schädigen und zu wiederholten Geschwüren führen, die unbehandelt gefährlich werden können. Die gute Nachricht: Mit einer gezielten Behandlung lassen sich die Symptome meist gut kontrollieren, und viele Menschen leben trotz der Erkrankung viele Jahre mit einer guten Lebensqualität.
Wie wird das Zollinger-Ellison-Syndrom festgestellt?
Die Diagnose ist oft eine kleine Detektivarbeit, weil die Beschwerden zunächst unspezifisch sind und an andere Magen-Darm-Erkrankungen erinnern können. Ein wichtiger Hinweis ist das Auftreten von wiederkehrenden oder besonders hartnäckigen Geschwüren, die sich mit herkömmlichen Mitteln kaum bessern.
Um das Syndrom sicher nachzuweisen, wird der Gastrin-Spiegel im Blut gemessen. Ist dieser Wert stark erhöht, liegt der Verdacht auf ein Gastrinom nahe. Zusätzlich kommen bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Computertomografie oder spezielle Kernspinuntersuchungen zum Einsatz, um die Tumoren im Körper zu finden. Manchmal ist auch eine sogenannte Endosonografie nötig, bei der mit einem feinen Ultraschallgerät von innen nach den Tumoren gesucht wird.
Behandlungsmöglichkeiten und Therapie
Die Behandlung richtet sich danach, wie groß die Tumoren sind, ob sie sich ausgebreitet haben und wie stark die Beschwerden sind. Eine wichtige Säule ist die medikamentöse Therapie: Mit sogenannten Protonenpumpenhemmern lässt sich die Magensäureproduktion deutlich senken. Das lindert die Beschwerden und schützt die Schleimhäute vor weiteren Schäden.
Wenn die Tumoren an einer gut zugänglichen Stelle sitzen und noch keine Metastasen gebildet haben, kann eine Operation sinnvoll sein. Dabei werden die Gastrinome entfernt, um die Ursache der überschüssigen Gastrinproduktion zu beseitigen. Sind bereits Tochtergeschwülste vorhanden oder ist eine vollständige Entfernung nicht möglich, kommen weitere Behandlungsverfahren infrage – zum Beispiel spezielle Medikamente, die das Wachstum der Tumoren bremsen, oder gezielte Therapien gegen die Metastasen.
In manchen Fällen ist es notwendig, die Behandlung individuell anzupassen, etwa wenn das Zollinger-Ellison-Syndrom im Rahmen einer erblichen Erkrankung wie dem sogenannten MEN1-Syndrom (Multiple endokrine Neoplasie Typ 1) auftritt. Hierbei können neben den Gastrinomen noch weitere Tumoren in anderen Organen entstehen.
Leben mit dem Zollinger-Ellison-Syndrom
Die Diagnose bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein normales Leben nicht mehr möglich ist. Mit einer konsequenten Behandlung lassen sich die Beschwerden oft gut in den Griff bekommen. Wichtig ist, regelmäßig ärztliche Kontrollen wahrzunehmen, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Auch wenn die Erkrankung selten ist, gibt es spezialisierte Zentren, die viel Erfahrung im Umgang mit dem Zollinger-Ellison-Syndrom haben.
Die Aussicht auf eine gute Lebensqualität ist besonders dann gegeben, wenn die Erkrankung früh erkannt und gezielt behandelt wird. Wer die eigenen Symptome ernst nimmt und sich bei ungewöhnlichen oder anhaltenden Beschwerden ärztlich untersuchen lässt, hat die besten Chancen, Komplikationen zu vermeiden und die Kontrolle über die Erkrankung zu behalten.