Arten des Tracheostomas
Zeitlicher Zweck:
Ein Tracheostoma kann vorübergehend oder dauerhaft sein.
Vorübergehend wird es angelegt, wenn die Atmung für Wochen bis Monate gesichert werden muss – z. B. bei Langzeitbeatmung nach schweren Erkrankungen oder Operationen. Sobald die oberen Atemwege wieder frei sind, kann das Stoma verschlossen werden.
Dauerhaft bleibt es, wenn die Atmung über Mund/Nase nicht mehr möglich ist – z. B. nach Kehlkopfentfernung (Laryngektomie) oder bei nicht behebbaren Verengungen der oberen Atemwege.
Technik der Anlage:
Es gibt zwei etablierte Vorgehensweisen – die Wahl trifft das Behandlungsteam je nach Situation, Anatomie und Risiko.
Chirurgische Tracheotomie (offen): Im OP wird die Luftröhre unter Sicht eröffnet und das Stoma angelegt. Das Verfahren bietet viel Übersicht und wird u. a. bei Tumoroperationen, schwieriger Halssituation oder bei Kindern bevorzugt.
Perkutane/dilatative Tracheotomie (PDT): Über eine Punktionskanüle und schrittweises Aufweiten wird am Bett (häufig auf der Intensivstation) ein Stoma geschaffen. Das ist schonend, geht meist schneller und hinterlässt kleinere Narben; ungeeignet ist es u. a. bei ausgeprägtem Blutungsrisiko, ungünstiger Anatomie oder wenn eine große OP im Halsbereich ohnehin geplant ist.
Was bedeutet ein Leben mit Tracheostoma?
Das Leben mit einem Tracheostoma verändert die Atmung, das Sprechen und manchmal auch das Schlucken. Da die Luft nicht mehr durch Mund und Nase strömt, fehlt die natürliche Befeuchtung und Erwärmung. Viele Betroffene bemerken deshalb eine trockene Atemluft oder vermehrte Schleimbildung. Regelmäßige Reinigung und Pflege sind wichtig, damit die Kanüle frei bleibt und Infektionen vermieden werden.
Auch das Sprechen ist zunächst erschwert, weil die Luft nicht mehr über die Stimmbänder geführt wird. Mit speziellen Sprechventilen oder bestimmten Kanülenarten können viele Betroffene aber wieder eine verständliche Stimme erlangen. Beim Schlucken kann es anfangs ebenfalls zu Veränderungen kommen – hier unterstützen Logopäd:innen mit gezielten Übungen.
Nach einer Eingewöhnungsphase gelingt es den meisten, ein weitgehend selbstständiges Leben zu führen. Mit guter Anleitung und etwas Übung wird das Tracheostoma zu einem festen Bestandteil des Alltags, der Sicherheit und Lebensqualität zurückgibt.
Welche Ängste und Sorgen sind häufig?
Die Vorstellung, durch eine Öffnung im Hals atmen zu müssen, löst bei vielen Menschen zunächst Unsicherheit oder Angst aus. Häufige Fragen sind: „Kann ich noch sprechen?“, „Wie wirkt sich das auf meinen Alltag aus?“ oder „Bin ich dadurch dauerhaft auf Hilfe angewiesen?“
Diese Sorgen sind völlig normal. Wichtig zu wissen: Niemand bleibt mit dem Tracheostoma allein. Schon im Krankenhaus übernehmen spezialisierte Pflegekräfte und Therapeut:innen die Schulung. Sie zeigen Schritt für Schritt, wie die Kanüle gepflegt wird, wie Schleim abgesaugt werden kann und welche Hilfsmittel den Alltag erleichtern.
Ob ein Tracheostoma dauerhaft bleibt oder später wieder verschlossen werden kann, hängt von der Grunderkrankung ab. Bei manchen heilt die Öffnung wieder zu, sobald sich die Atemwege erholt haben. In anderen Fällen – etwa nach einer Kehlkopfentfernung – bleibt das Tracheostoma bestehen.
Alltag, Pflege und mögliche Komplikationen
Ein Tracheostoma bringt neue Routinen mit sich. Die Kanüle muss regelmäßig gereinigt oder gewechselt werden, damit sie frei bleibt und keine Infektionen entstehen. Schleim kann sich in der Öffnung oder in der Kanüle sammeln – dann hilft vorsichtiges Absaugen, das Betroffene und Angehörige in der Klinik meist ausführlich üben.
Im Alltag gilt es, das Tracheostoma vor Wasser, Staub und Fremdkörpern zu schützen. Beim Duschen kann ein spezieller Spritzschutz getragen werden, draußen hilft ein feines Tuch oder Filter. Vorsicht ist beim Schwimmen oder in sehr staubiger Umgebung geboten, da Wasser oder Partikel sonst direkt in die Lunge gelangen könnten.
Trotz sorgfältiger Pflege können Komplikationen auftreten. Häufige Probleme sind Entzündungen, Blutungen oder eine Verengung der Öffnung. Auch Fieber, Schmerzen, starke Hustenanfälle oder plötzliche Atemnot sind Warnzeichen. In solchen Fällen sollte sofort ärztlicher Rat eingeholt werden. Regelmäßige Kontrollen stellen sicher, dass Schwierigkeiten früh erkannt und behandelt werden.
Mit einer guten Pflege und Aufmerksamkeit für Warnsignale lässt sich das Risiko jedoch deutlich verringern – und das Tracheostoma wird zu einem sicheren Bestandteil des Alltags.
Sprechen mit Tracheostoma
Nach der Anlage eines Tracheostomas ist die Stimme zunächst meist nicht oder nur eingeschränkt vorhanden. Das liegt daran, dass die Luft nun direkt in die Luftröhre strömt und nicht mehr über die Stimmbänder geleitet wird.
Damit Betroffene trotzdem wieder sprechen können, gibt es verschiedene Hilfen:
Sprechventile: Sie lassen die Luft beim Einatmen durch die Kanüle, verschließen sich aber beim Ausatmen. So strömt die Luft nach oben zu den Stimmbändern und ermöglicht Sprache.
Fenestrierte Kanülen: Diese besitzen kleine Öffnungen, die das Ausströmen von Luft durch den Kehlkopf erlauben. Auch damit kann Sprechen möglich werden, manchmal kombiniert mit einem Ventil.
Elektronische Sprechhilfen: Bei Menschen ohne Kehlkopf (Laryngektomie) wird die Stimme über spezielle Geräte ersetzt, die Schwingungen erzeugen.
Das Wiedererlernen des Sprechens erfordert oft Geduld und gezielte Unterstützung. Hier begleiten Logopäd:innen mit speziellen Übungen und Techniken. Viele Betroffene berichten, dass sie nach einiger Übungszeit wieder flüssig sprechen und sich verständlich mitteilen können.
So wird deutlich: Ein Tracheostoma bedeutet nicht zwangsläufig, dauerhaft stumm zu sein – mit den passenden Hilfsmitteln und Training lässt sich Sprache in vielen Fällen zurückgewinnen.
Ernährung und Schlucken mit Tracheostoma
Nach der Anlage eines Tracheostomas kann das Schlucken anfangs ungewohnt sein. Manche Betroffene bemerken, dass Nahrung oder Flüssigkeit schwerer den richtigen Weg nimmt, weil die Bewegungen im Hals durch die Operation verändert sind. Gerade in den ersten Wochen kann es daher zu Verschlucken oder Hustenreiz kommen.
Damit Essen und Trinken wieder sicher funktionieren, unterstützen oft Logopäd:innen oder Schlucktherapeut:innen mit gezielten Übungen. Schritt für Schritt lernen die Betroffenen, wie sie Speisen besser kontrollieren können. In dieser Zeit sind manchmal auch angepasste Kostformen sinnvoll – zum Beispiel pürierte Speisen oder dickflüssige Getränke, die leichter zu schlucken sind.
Wichtig ist außerdem, Mahlzeiten in ruhiger Umgebung einzunehmen, kleine Bissen zu wählen und sich beim Essen nicht ablenken zu lassen. Viele Menschen gewöhnen sich nach einiger Zeit so weit an das Tracheostoma, dass normales Essen wieder problemlos möglich ist.
Fazit: Mit Geduld, Training und fachlicher Unterstützung gelingt es den meisten Betroffenen, auch mit einem Tracheostoma wieder uneingeschränkt zu essen und zu trinken.
Unterstützung und Hilfen im Alltag
Ein Tracheostoma bedeutet nicht, dass man den Alltag allein bewältigen muss. In den ersten Wochen erhalten Betroffene meist intensive Unterstützung durch Fachkräfte, die den Umgang mit der Kanüle, das Absaugen von Schleim und die richtige Pflege erklären. Auch Angehörige werden oft geschult, damit sie sicher helfen können.
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Hilfsmitteln, die das Leben erleichtern: Sprechventile ermöglichen Kommunikation, Feuchtigkeitsfilter gleichen die fehlende Befeuchtung der Atemluft aus, und spezielle Reinigungssets sorgen für Hygiene. Ärzt:innen können diese Produkte verschreiben, sodass eine gute Versorgung auch zu Hause gewährleistet ist.
Viele Betroffene finden außerdem wertvolle Hilfe in Selbsthilfegruppen. Dort können Erfahrungen ausgetauscht, Tipps weitergegeben und Ängste gemeinsam besprochen werden. Dieser Austausch stärkt und zeigt: Mit einem Tracheostoma ist ein aktives Leben weiterhin möglich – mit Sport, Reisen und sozialen Kontakten, wenn auch mit einigen Anpassungen.
Mit der Zeit entwickelt sich Routine, und das Tracheostoma wird für viele zu einem verlässlichen Begleiter, der ihnen trotz Erkrankung mehr Sicherheit und Lebensqualität schenkt.
Psychische und soziale Aspekte
Ein Tracheostoma verändert nicht nur den Körper, sondern auch das eigene Selbstbild. Viele Betroffene fühlen sich anfangs unsicher im Umgang mit der sichtbaren Öffnung am Hals. Auch die Sorge, wie andere Menschen reagieren, spielt eine große Rolle. Gespräche mit Fachkräften oder der Austausch in Selbsthilfegruppen helfen, diese Ängste zu verarbeiten.
Mit der Zeit entwickeln die meisten Menschen wieder ein positives Körpergefühl. Kleidung, Tücher oder spezielle Abdeckungen können helfen, das Tracheostoma zu kaschieren. Wichtig ist, offen über die eigenen Bedürfnisse zu sprechen – sei es mit Angehörigen, Freunden oder im beruflichen Umfeld.
Alltag mit Tracheostoma: Sport, Reisen, Beruf
Ein aktives Leben ist auch mit Tracheostoma möglich. Viele Patient:innen kehren nach einer Eingewöhnungszeit zu ihren Hobbys und alltäglichen Aktivitäten zurück.
Sport: Leichte Bewegung und Ausdauertraining sind meist problemlos möglich. Schwimmen sollte jedoch vermieden werden, da Wasser direkt in die Luftröhre gelangen kann. Für Fitnessübungen oder Spaziergänge gibt es spezielle Filter und Schutzsysteme.
Reisen: Wer verreist, sollte ausreichend Pflegezubehör, Ersatzkanülen und Notfallkontakte dabeihaben. Ein Attest kann bei Flugreisen hilfreich sein, da es den medizinischen Bedarf erklärt.
Beruf: Viele Betroffene können nach einiger Zeit wieder arbeiten. Wichtig ist, den Arbeitsplatz ggf. anzupassen – etwa mit Hygienefiltern in staubigen Umgebungen oder flexiblen Pausen für die Pflege.
Häufige Fragen zum Alltag mit Tracheostoma (FAQ)
Was sollte ich unterwegs immer dabeihaben?
Damit das Tracheostoma auch außerhalb der eigenen vier Wände sicher bleibt, lohnt es sich, eine kleine Notfalltasche mitzunehmen. Typische Bestandteile sind:
eine Ersatzkanüle (in der passenden Größe, steril verpackt)
Kanülenhalterungen oder Bänder, falls die Befestigung locker wird
ein kleines Absauggerät oder mindestens Absaugkatheter und sterile Handschuhe
Reinigungstücher und Desinfektionsmittel für schnelle Hygienemaßnahmen
Feuchtigkeitsfilter oder Schutzkappen gegen Staub und kalte Luft
ein Notfallausweis oder Attest, das auf das Tracheostoma hinweist (wichtig bei Flugreisen oder in Notsituationen)
evtl. kleines Sprühfläschchen mit Kochsalzlösung, um Sekret zu verflüssigen
Viele Betroffene nutzen dafür eine kleine Tasche oder einen Rucksack, der immer griffbereit ist. So lassen sich auch spontane Ausflüge oder Reisen entspannter planen.
Wer übernimmt die Kosten für Hilfsmittel in Deutschland, Österreich und der Schweiz?
Deutschland:
Österreich:
Schweiz:
Wichtig: Die genaue Kostenübernahme hängt immer von der individuellen Krankenkasse, dem Versicherungsmodell und der ärztlichen Verordnung ab. Daher empfiehlt es sich, frühzeitig mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und die Hilfsmittelversorgung abzuklären.
Wissenschaftliche Quellen
Trouillet JL, Blot F, Chastre J, et al. Tracheotomy in the intensive care unit: guidelines from a French expert panel. Annals of Intensive Care. 2018;8:77.https://doi.org/10.1186/s13613-018-0381-y
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McGrath BA, Bates L, Atkinson D, Moore JA. Multidisciplinary Guidelines for the Management of Tracheostomy and Laryngectomy Airway Emergencies. Anaesthesia. 2012;67(9):1025-1041. DOI: 10.1111/j.1365-2044.2012.07217.x