Tinnitus verstehen: Mehr als nur ein Ohrgeräusch

Tinnitus verstehen: Mehr als nur ein Ohrgeräusch

07.08.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Tinnitus beschreibt ein anhaltendes oder wiederkehrendes Ohrgeräusch, das Betroffene als Pfeifen, Summen, Rauschen oder Klingeln wahrnehmen, ohne dass eine externe Schallquelle existiert. Die Ursachen können vielfältig sein und reichen von Lärmbelastung über Durchblutungsstörungen bis hin zu Stress oder Verspannungen. Während Tinnitus für manche nur eine vorübergehende Erscheinung ist, entwickelt er sich für andere zu einer chronischen Belastung. Verschiedene Therapieansätze können helfen, die Symptome zu lindern oder den Umgang mit den Ohrgeräuschen zu erleichtern.

Ursachen von Tinnitus

Die Ursachen für Tinnitus sind vielfältig. Eine der häufigsten Auslöser ist eine Schädigung des Innenohrs, oft durch Lärm oder altersbedingten Verschleiß. Laute Geräusche, sei es durch Musik, Maschinen oder Explosionen, können die feinen Haarzellen in der Cochlea schädigen, die für die Schallweiterleitung verantwortlich sind.

Auch Durchblutungsstörungen im Innenohr können dazu führen, dass das Hörsystem nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Diese Störungen können durch Bluthochdruck, Diabetes oder eine Verengung der Blutgefäße entstehen.

Ohrinfektionen, Ohrenschmalzpfropfen oder Entzündungen im Gehörgang können ebenfalls einen Tinnitus auslösen. Manche Menschen entwickeln Tinnitus nach einem Hörsturz oder einer akuten Mittelohrentzündung.

Häufig tritt Tinnitus auch in Verbindung mit Stress und psychischer Belastung auf. Wer dauerhaft unter Druck steht oder unter Schlafstörungen leidet, ist anfälliger für eine Übererregung des Nervensystems, was wiederum Tinnitus-Symptome verstärken kann.

Ein weiterer Faktor ist die Einnahme bestimmter Medikamente, insbesondere von hochdosierten Schmerzmitteln, Antibiotika oder Chemotherapeutika, die das Gehör schädigen können.

Ganzen Befund übersetzen?

Du hast einen Arztbericht oder Befund den du nicht verstehst? Dann nutze Simply Onno, um dir diesen in einfache Sprache übersetzen und erklären zu lassen.

Mehr Infos

Symptome und Formen des Tinnitus

Tinnitus kann sich auf unterschiedliche Weise äußern. Manche Menschen hören ein leises Summen im Hintergrund, das kaum wahrnehmbar ist, während andere unter einem lauten, durchdringenden Pfeifen leiden, das den Alltag erheblich beeinträchtigen kann.

Man unterscheidet zwischen subjektivem und objektivem Tinnitus. Der subjektive Tinnitus ist die häufigste Form, bei der die Geräusche nur vom Betroffenen selbst wahrgenommen werden. Beim objektiven Tinnitus kann die Ursache in einem körperlichen Vorgang liegen, etwa in einem pulsierenden Blutstrom in der Nähe des Ohres, den auch ein Arzt mit speziellen Geräten hörbar machen kann.

Der Tinnitus kann dauerhaft bestehen oder in bestimmten Situationen verstärkt auftreten. Viele Menschen berichten, dass sich die Geräusche in ruhiger Umgebung oder vor dem Schlafengehen besonders stark bemerkbar machen.

Tinnitus und Schwindel

In manchen Fällen geht ein Tinnitus mit Schwindel einher. Dies kann darauf hinweisen, dass das Gleichgewichtssystem im Innenohr betroffen ist. Erkrankungen wie Morbus Menière, bei denen es zu einer übermäßigen Flüssigkeitsansammlung im Innenohr kommt, verursachen neben Ohrgeräuschen oft auch Drehschwindel und Hörverlust.

Tinnitus durch Stress

Dauerhafter Stress kann Tinnitus nicht nur auslösen, sondern auch verstärken. Der Körper befindet sich in einer ständigen Alarmbereitschaft, wodurch das Nervensystem empfindlicher auf Geräusche reagiert. Menschen mit stressbedingtem Tinnitus haben oft Schwierigkeiten, sich zu entspannen oder zur Ruhe zu kommen. Techniken zur Stressbewältigung, darunter Meditation oder progressive Muskelentspannung, können helfen, die Symptome zu lindern.

Tinnitus und Hörgerät

Viele Menschen mit Tinnitus haben gleichzeitig eine Hörminderung. Ein Hörgerät kann in solchen Fällen nicht nur das Hören verbessern, sondern auch den Tinnitus lindern, indem es Umgebungsgeräusche verstärkt und das störende Ohrgeräusch überlagert. Moderne Hörgeräte verfügen oft über spezielle Tinnitus-Maskierungsprogramme, die sanfte Hintergrundgeräusche erzeugen, um das subjektive Empfinden des Tinnitus zu reduzieren. Die Anpassung eines Hörgeräts sollte durch einen erfahrenen Akustiker erfolgen, um die optimale Einstellung zu finden.

Ab wann ist Tinnitus gefährlich?

Nicht jeder Tinnitus ist besorgniserregend. Gelegentliche Ohrgeräusche, die nach einer lauten Umgebung auftreten und rasch wieder verschwinden, sind meist harmlos. Wird der Tinnitus jedoch plötzlich sehr laut, tritt einseitig auf oder geht mit Hörverlust, Schwindel oder neurologischen Ausfällen einher, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Ein akuter Tinnitus, der nach einem Hörsturz auftritt, kann ein Warnsignal für eine schwerwiegende Innenohrstörung sein. In solchen Fällen ist schnelles Handeln gefragt, um bleibende Schäden zu verhindern. Auch wenn der Tinnitus stark stressbedingt ist und das alltägliche Leben stark beeinträchtigt, sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen.

Behandlungsmöglichkeiten bei Tinnitus

Die Therapie von Tinnitus hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Wenn eine klare körperliche Ursache vorliegt, etwa ein Ohrenschmalzpfropf oder eine Infektion, kann eine gezielte Behandlung den Tinnitus beseitigen.

Infusion bei Tinnitus

Bei akuten oder durchblutungsbedingten Tinnitus-Formen werden in einigen Fällen Infusionen eingesetzt, um die Durchblutung des Innenohrs zu verbessern. Besonders gängig ist die Gabe von durchblutungsfördernden Medikamenten wie Pentoxifyllin oder Naftidrofuryl. Auch Cortison-Infusionen kommen zum Einsatz, wenn eine Entzündungsreaktion oder eine plötzliche Hörminderung vorliegt. Der Erfolg einer Infusionsbehandlung ist jedoch individuell unterschiedlich. Während manche Patienten eine Verbesserung ihrer Symptome bemerken, bleibt die Wirkung bei anderen aus.

Heilstein bei Tinnitus

Einige Menschen setzen bei Tinnitus auf alternative Heilmethoden, darunter die Anwendung von Heilsteinen. Besonders oft wird der Amethyst empfohlen, der beruhigend auf das Nervensystem wirken und Verspannungen lösen soll. Auch Bernstein, bekannt für seine entzündungshemmenden Eigenschaften, und der Fluorit, der die Durchblutung verbessern kann, werden oft genannt. Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von Heilsteinen bei Tinnitus gibt es jedoch nicht. Dennoch berichten einige Betroffene von einer subjektiven Verbesserung ihrer Beschwerden, wenn sie Heilsteine als unterstützende Maßnahme nutzen.

Chiropraktiker bei Tinnitus

Verspannungen in der Halswirbelsäule oder Fehlstellungen der Wirbel können Tinnitus begünstigen oder verstärken. Ein Chiropraktiker kann durch gezielte Manipulationen der Wirbelsäule Blockaden lösen, die möglicherweise die Nervenbahnen oder die Durchblutung im Kopf- und Nackenbereich beeinträchtigen. Besonders bei Patienten, deren Tinnitus in Verbindung mit Nackenverspannungen oder einer schlechten Haltung auftritt, kann eine chiropraktische Behandlung eine Linderung bewirken. Wichtig ist jedoch, dass der Therapeut erfahren ist, da unsachgemäße Behandlungen zu weiteren Beschwerden führen können.

Tinnitus Kissen

Ein spezielles Tinnitus-Kissen kann helfen, das Einschlafen und die Nachtruhe zu verbessern. Viele dieser Kissen sind mit integrierten Lautsprechern ausgestattet, über die beruhigende Naturklänge oder Weißes Rauschen abgespielt werden können, um den Tinnitus in den Hintergrund zu drängen. Andere Kissen sind ergonomisch geformt und unterstützen eine entspannte Nackenhaltung, um Verspannungen vorzubeugen. Da Tinnitus oft in ruhiger Umgebung besonders intensiv wahrgenommen wird, kann ein solches Kissen eine wertvolle Unterstützung für eine erholsame Nacht sein.

Akupunktur bei Tinnitus

Die traditionelle chinesische Medizin betrachtet Tinnitus als eine Störung des Energieflusses im Körper. Akupunktur wird daher als Methode eingesetzt, um blockierte Meridiane zu öffnen und die Durchblutung zu verbessern. Bestimmte Akupunkturpunkte am Kopf, Nacken und den Ohren sollen helfen, die Beschwerden zu lindern. Während einige Studien eine positive Wirkung nahelegen, gibt es keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise für eine langfristige Verbesserung durch Akupunktur. Dennoch berichten viele Betroffene, dass sich ihr subjektives Empfinden durch regelmäßige Sitzungen verbessert.

Was kann ich tun, wenn ich Tinnitus habe?

Wer plötzlich unter Tinnitus leidet, sollte versuchen, ruhig zu bleiben. Stress kann die Wahrnehmung des Geräuschs verstärken, daher hilft es, sich bewusst zu entspannen. Tiefe Atemübungen oder eine ruhige Umgebung können helfen, den ersten Schreck zu verarbeiten.

Lärmbelastung sollte in den ersten Tagen vermieden werden, um das Gehör nicht zusätzlich zu strapazieren. Auch koffeinhaltige Getränke und Nikotin können den Tinnitus verstärken, da sie die Durchblutung beeinflussen.

Tritt der Tinnitus nach lauter Musik oder Lärm auf, verschwindet er in der Regel von selbst. Wenn er jedoch länger als 24 Stunden anhält oder von Hörminderungen begleitet wird, sollte ein HNO-Arzt konsultiert werden.

Wer unter chronischem Tinnitus leidet, kann durch gezielte Ablenkungstechniken, Entspannungsmethoden und Hörgeräte mit Noiser-Funktion eine Linderung erreichen.

Fazit

Tinnitus kann viele verschiedene Ursachen haben und wird von Betroffenen unterschiedlich wahrgenommen. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von medikamentösen Therapien über physiotherapeutische und alternative Ansätze bis hin zu unterstützenden Maßnahmen wie speziellen Kissen oder Hörgeräten. Da Tinnitus oft durch Stress, Verspannungen oder Durchblutungsstörungen verstärkt wird, kann eine ganzheitliche Herangehensweise, die sowohl körperliche als auch psychische Faktoren berücksichtigt, die besten Ergebnisse liefern. Wer unter anhaltendem oder belastendem Tinnitus leidet, sollte sich frühzeitig ärztlich beraten lassen, um eine individuell abgestimmte Therapie zu finden.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

Jetzt ganzen Befund übersetzen