Eine Sequestrektomie ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem abgestorbenes oder nicht mehr durchblutetes Gewebe entfernt wird. Häufig handelt es sich dabei um Knochenstücke, die sich infolge einer Entzündung oder Verletzung vom gesunden Gewebe gelöst haben. Solche abgetrennten Gewebeteile werden in der Medizin Sequester genannt. Die Entfernung ist wichtig, um Entzündungen zu stoppen, Schmerzen zu lindern und die natürliche Heilung des Körpers wieder zu ermöglichen.
Was ist ein Sequester?
Der Begriff Sequester bezeichnet ein vom gesunden Gewebe isoliertes Stück – meist Knochen, manchmal aber auch Bandscheibenmaterial oder Weichgewebe.
Knochen-Sequester
Bei einer Knochenentzündung (Osteomyelitis) kann die Blutversorgung eines Knochenabschnitts unterbrochen werden. Das betroffene Stück stirbt ab, verliert die Verbindung zum gesunden Knochen und kann nicht mehr heilen. Dadurch bleibt ein sogenannter Sequester zurück, der im Körper wie ein Fremdkörper wirkt und die Entzündung aufrechterhält.
Bandscheiben-Sequester
Auch bei einem Bandscheibenvorfall kann es zu einem Sequester kommen. Dabei löst sich ein Teil der Bandscheibe vollständig aus seiner ursprünglichen Position und drückt auf Nerven oder das Rückenmark. In diesem Fall spricht man von einem sequestierten Bandscheibenvorfall.
Beide Formen, ob Knochen- oder Bandscheibensequester, haben gemeinsam, dass sie nicht von selbst verschwinden und häufig Beschwerden wie Schmerzen, Entzündungen oder Bewegungseinschränkungen verursachen.
Wann ist eine Sequestrektomie notwendig?
Eine Sequestrektomie wird durchgeführt, wenn das abgestorbene Gewebe Entzündungen, Schmerzen oder Heilungsstörungen verursacht.
Typische Situationen sind:
Chronische Knochenentzündungen (Osteomyelitis), die durch Bakterien ausgelöst werden
Nach Verletzungen oder Operationen, wenn die Durchblutung gestört ist
Abgestorbenes Gewebe nach einem Unfall oder Infarkt im Knochen
Bandscheibensequester, die auf Nervenwurzeln drücken und starke Schmerzen oder Lähmungen auslösen
Der Eingriff wird meist empfohlen, wenn konservative Therapien wie Antibiotika, Ruhigstellung oder Schmerzmittel nicht ausreichen, um die Ursache zu beseitigen.
Wie läuft eine Sequestrektomie ab?
Die Operation erfolgt in der Regel unter Vollnarkose oder in örtlicher Betäubung, je nach Größe und Lage des Sequesters. Zunächst öffnet die Chirurgin oder der Chirurg das betroffene Gebiet und entfernt den abgestorbenen Gewebeteil vollständig. Anschließend wird das umliegende Gewebe sorgfältig gereinigt, um Bakterien oder Entzündungsreste zu beseitigen. Wenn der Knochen betroffen ist, wird der entstandene Hohlraum oft gespült und mit gesundem Gewebe oder Knochenmaterial aufgefüllt. In manchen Fällen wird zusätzlich Antibiotika-haltiges Material eingebracht, um eine erneute Infektion zu verhindern. Der Eingriff dauert meist zwischen 30 Minuten und 2 Stunden, abhängig vom Befund.
Risiken und Erfolgsaussichten
Die Sequestrektomie gilt als sicheres und etabliertes Verfahren. Dennoch sind – wie bei jeder Operation – gewisse Risiken vorhanden. Dazu gehören Infektionen, Nachblutungen, Wundheilungsstörungen oder eine erneute Entzündung, falls kleinste Gewebereste verbleiben.
In den meisten Fällen überwiegen jedoch die Vorteile deutlich: Nach Entfernung des abgestorbenen Gewebes können Entzündungen abklingen, Schmerzen deutlich nachlassen und der Körper neues, gesundes Gewebe bilden. Studien zeigen, dass die Heilungsrate nach erfolgreicher Sequestrektomie bei Knochenentzündungen über 90 % beträgt, sofern die Infektion vollständig beseitigt wird.
Heilung und Nachsorge
Nach der Operation wird die betroffene Region regelmäßig kontrolliert. Je nach Ausmaß des Eingriffs kann eine Ruhigstellung, Verbandswechsel oder Antibiotikatherapie notwendig sein.
Kleinere Sequestrektomien heilen meist innerhalb von 2–4 Wochen.
Größere Eingriffe, vor allem am Knochen, benötigen mehrere Wochen bis Monate, bis die Stabilität wiederhergestellt ist.
Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit und Muskelkraft wieder aufzubauen. Wichtig ist außerdem eine gute Wundhygiene und die ärztliche Nachkontrolle, um eine erneute Entzündung rechtzeitig zu erkennen.
Leben nach einer Sequestrektomie
Viele Patientinnen und Patienten berichten, dass sie nach der Entfernung des Sequesters eine deutliche Erleichterung verspüren, vor allem wenn zuvor chronische Schmerzen oder wiederkehrende Infektionen bestanden. Nach einer Sequestrektomie im Knochen kann der Körper die entfernte Stelle meist selbstständig mit neuem Gewebe auffüllen. Nur in seltenen Fällen, etwa bei größeren Defekten, ist eine zusätzliche Stabilisierung oder Rekonstruktion erforderlich.
Bei einem Bandscheibensequester verbessert sich die Beweglichkeit oft schon nach kurzer Zeit, wenn der Druck auf die Nerven verschwunden ist. Mit Geduld, gezielter Bewegungstherapie und ärztlicher Nachsorge stehen die Chancen auf eine vollständige Genesung sehr gut.
Wissenschaftliche Quellen
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