Retrograde Ejakulation: Wenn Sperma in die Blase gelangt

Retrograde Ejakulation: Wenn Sperma in die Blase gelangt

05.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Retrograde Ejakulation bedeutet, dass beim Samenerguss das Sperma nicht wie üblich durch die Harnröhre nach außen abgegeben wird, sondern zurück in die Blase fließt.

Was passiert bei einer retrograden Ejakulation?

Normalerweise wird beim männlichen Orgasmus Sperma durch die Harnröhre nach außen ausgestoßen. Bei einer retrograden Ejakulation läuft dieser Vorgang jedoch anders ab: Die Samenflüssigkeit gelangt nicht nach draußen, sondern nimmt den „falschen Weg“ und landet in der Harnblase. Das passiert, weil sich der innere Schließmuskel am Blasenausgang nicht wie vorgesehen schließt. Dadurch bleibt der Weg zur Blase offen, und das Ejakulat wird dorthin geleitet.

Im Alltag fällt diese Besonderheit meist dadurch auf, dass beim Orgasmus wenig bis gar keine Samenflüssigkeit austritt. Viele bemerken stattdessen einen trüben Urin nach dem Geschlechtsverkehr, da das Sperma mit dem nächsten Wasserlassen aus der Blase ausgeschieden wird.

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Ursachen und Auslöser

Für das Zurückfließen des Ejakulats gibt es verschiedene Gründe. Besonders häufig tritt die retrograde Ejakulation nach bestimmten Operationen im Beckenbereich auf, zum Beispiel nach Eingriffen an der Prostata oder der Blase. Auch manche Medikamente, etwa zur Behandlung von Prostatabeschwerden oder Bluthochdruck, können diesen Effekt auslösen. Seltener sind Nervenerkrankungen oder Diabetes mellitus die Ursache, da sie die Steuerung der Muskeln im Beckenbereich beeinträchtigen.

Es gibt auch Fälle, in denen sich keine eindeutige Ursache finden lässt. Manchmal ist der Mechanismus angeboren oder entwickelt sich im Laufe des Lebens ohne klaren Auslöser.

Ist das gefährlich?

Eine retrograde Ejakulation ist für die Gesundheit in der Regel ungefährlich. Das Sperma wird mit dem Urin ausgeschieden und schadet der Blase nicht. Schmerzen oder andere körperliche Beschwerden treten normalerweise nicht auf. Die Funktion der Sexualorgane und das Lustempfinden bleiben erhalten, lediglich der Samenerguss nach außen bleibt aus.

Trotzdem kann diese Veränderung für viele verunsichernd sein. Häufig taucht die Sorge auf, ob etwas mit der Männlichkeit oder Potenz nicht stimmt, oder ob die Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Auch Schamgefühle sind keine Seltenheit. Es ist ganz normal, sich damit unwohl zu fühlen oder Fragen zu haben, wenn plötzlich etwas anders ist als gewohnt.

Auswirkungen auf die Zeugungsfähigkeit

Die wichtigste Folge der retrograden Ejakulation ist die eingeschränkte Fruchtbarkeit. Da das Sperma beim Orgasmus nicht nach außen gelangt, wird es auf natürlichem Weg schwierig, ein Kind zu zeugen. Für viele ist das der Hauptgrund, warum sie ärztlichen Rat suchen. In anderen Lebenssituationen, etwa nach abgeschlossener Familienplanung, spielt dieser Aspekt oft keine große Rolle mehr.

Behandlungsmöglichkeiten

Ob eine Behandlung notwendig ist, hängt davon ab, wie sehr die retrograde Ejakulation stört. Wer keine Kinder mehr bekommen möchte und keine weiteren Beschwerden hat, muss meist nichts unternehmen. Stellt die eingeschränkte Zeugungsfähigkeit jedoch ein Problem dar, gibt es verschiedene Ansätze.

Manchmal kann die Ursache behandelt werden, zum Beispiel durch das Anpassen von Medikamenten. Es gibt auch spezielle Arzneimittel, die den Blasenschließmuskel stärken und so das Zurückfließen des Ejakulats verhindern können. Diese Therapie hilft nicht immer, kann aber einen Versuch wert sein.

Wenn ein Kinderwunsch besteht, stehen zudem unterstützende Methoden der Reproduktionsmedizin zur Verfügung. Dabei wird das Sperma nach dem Orgasmus aus dem Urin gewonnen und für eine künstliche Befruchtung genutzt. So lässt sich der Weg zur eigenen Familie auch bei retrograder Ejakulation realisieren.

Wann sollte ärztlicher Rat eingeholt werden?

Viele entdecken die retrograde Ejakulation zufällig oder nach einer Operation. Wer unsicher ist, ob alles in Ordnung ist, oder wer Fragen zur Zeugungsfähigkeit hat, kann sich an eine urologische Praxis wenden. Ein Gespräch mit Fachleuten kann helfen, Sorgen zu klären und die passende Lösung zu finden. Besonders bei gleichzeitigem Kinderwunsch lohnt sich eine frühzeitige Beratung, um die Möglichkeiten gemeinsam zu besprechen.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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