Polyneuropathie: Wenn Nerven versagen

Polyneuropathie: Wenn Nerven versagen

07.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Polyneuropathie ist eine Erkrankung, bei der mehrere Nerven im Körper gleichzeitig geschädigt sind, was häufig zu Gefühlsstörungen, Schmerzen oder Muskelschwäche führt.

Was passiert bei einer Polyneuropathie?

Die Nervenbahnen im Körper sind wie ein weit verzweigtes Kabelnetz, das Informationen zwischen Gehirn, Rückenmark und den einzelnen Körperteilen überträgt. Bei einer Polyneuropathie funktioniert dieses System nicht mehr richtig, weil viele dieser Nerven gleichzeitig betroffen sind. Besonders häufig sind die langen Nerven in Armen und Beinen beeinträchtigt, weshalb die ersten Beschwerden oft an den Füßen oder Händen beginnen.

Die Symptome können sehr unterschiedlich sein. Typisch sind Kribbeln, Taubheitsgefühle, Brennen oder stechende Schmerzen. Manche spüren auch eine Art „Ameisenlaufen“ oder berichten, der Boden unter den Füßen fühle sich wie Watte an. Im weiteren Verlauf kann es zu Muskelschwäche, Koordinationsproblemen oder sogar Störungen beim Gehen kommen. Bei einigen Menschen sind auch die Reflexe vermindert oder fallen ganz aus.

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Warum entsteht eine Polyneuropathie?

Es gibt viele verschiedene Ursachen, die eine Polyneuropathie auslösen können. Zu den häufigsten gehört ein dauerhaft zu hoher Blutzucker, wie er bei Diabetes mellitus vorkommt. In diesem Fall spricht man auch von einer diabetischen Polyneuropathie. Aber auch Alkoholmissbrauch, bestimmte Medikamente, Infektionen, Vitaminmangel (etwa ein Mangel an Vitamin B12), Autoimmunerkrankungen oder erbliche Faktoren können die Nerven schädigen.

In manchen Fällen bleibt die genaue Ursache unklar. Dann wird von einer „idiopathischen Polyneuropathie“ gesprochen. Insgesamt sind in Deutschland schätzungsweise mehr als zwei Millionen Menschen von einer Polyneuropathie betroffen, wobei das Risiko mit steigendem Alter zunimmt.

Wie äußert sich die Erkrankung im Alltag?

Die Beschwerden beginnen meist schleichend und fallen anfangs kaum auf. Viele bemerken zuerst ein leichtes Kribbeln in den Zehenspitzen oder Fingerspitzen. Mit der Zeit können die Missempfindungen stärker werden, sich ausbreiten und schließlich die ganze Hand oder den Fuß betreffen. Manche Menschen klagen über brennende Schmerzen, andere spüren kaum noch Berührungen oder verletzen sich, ohne es zu merken. Das kann zu Unsicherheit beim Gehen führen oder dazu, dass alltägliche Tätigkeiten wie das Knöpfen von Hemden oder das Halten eines Glases schwerer fallen.

Angst vor dem Fortschreiten ist verständlich. Viele Betroffene fragen sich, ob sie irgendwann gar nicht mehr laufen können oder dauerhaft Schmerzen haben werden. Die Ausprägung und der Verlauf sind jedoch sehr unterschiedlich und hängen stark von der Ursache ab.

Wie wird Polyneuropathie festgestellt?

Um herauszufinden, ob tatsächlich eine Polyneuropathie vorliegt, beginnt die Ärztin oder der Arzt meist mit einer ausführlichen Befragung und einer körperlichen Untersuchung. Dabei werden die Reflexe geprüft und getestet, wie gut Berührungen, Temperatur oder Vibration wahrgenommen werden. Häufig folgt eine sogenannte Elektroneurographie, bei der die Leitfähigkeit der Nerven gemessen wird. Blutuntersuchungen helfen, mögliche Ursachen wie Diabetes, Vitaminmangel oder Entzündungen zu erkennen.

Gelegentlich sind weitere Tests nötig, etwa eine Untersuchung der Nervenflüssigkeit oder bildgebende Verfahren, falls der Verdacht auf eine seltenere Ursache besteht.

Ist Polyneuropathie gefährlich?

Viele machen sich Sorgen, was die Diagnose für das weitere Leben bedeutet. Grundsätzlich ist Polyneuropathie keine lebensbedrohliche Erkrankung, kann aber die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Besonders dann, wenn die Schmerzen stark sind oder die Beweglichkeit eingeschränkt wird. In seltenen Fällen kann es zu Komplikationen kommen, etwa wenn Verletzungen an den Füßen wegen der Gefühlsstörung unbemerkt bleiben und sich entzünden.

Angst vor bleibenden Schäden ist nachvollziehbar. Je früher die Ursache erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Chancen, das Fortschreiten zu bremsen oder sogar zu stoppen. Bei manchen Formen können sich die Beschwerden auch wieder zurückbilden.

Behandlung und was du selbst tun kannst

Die Behandlung richtet sich in erster Linie nach der Ursache. Wenn ein Diabetes vorliegt, ist eine gute Blutzuckereinstellung entscheidend. Bei Vitaminmangel werden entsprechende Präparate verordnet. Wird die Polyneuropathie durch Medikamente ausgelöst, kann ein Wechsel des Präparats helfen. In einigen Fällen kommen spezielle Medikamente gegen Nervenschmerzen zum Einsatz, etwa Antidepressiva oder Mittel gegen Epilepsie, die auch bei Nervenschmerzen wirksam sein können.

Wichtig ist, die Füße regelmäßig zu kontrollieren, um Verletzungen frühzeitig zu bemerken. Bequeme, gut sitzende Schuhe schützen zusätzlich. Auch Bewegung und regelmäßige Gymnastik können helfen, die Muskulatur zu stärken und die Durchblutung zu verbessern. Bei starken Schmerzen oder Gleichgewichtsstörungen kann Physiotherapie sinnvoll sein.

Alkohol sollte möglichst gemieden werden, da er die Nerven weiter schädigen kann. Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen unterstützt die Regeneration.

Was tun bei Unsicherheit oder neuen Beschwerden?

Wenn neue Symptome auftreten, wie plötzlich starke Schmerzen, Schwäche oder Taubheitsgefühle, sollte zeitnah ärztlicher Rat eingeholt werden. Gerade bei Diabetes ist es wichtig, kleine Verletzungen an den Füßen ernst zu nehmen und frühzeitig behandeln zu lassen. Wer unsicher ist, kann sich auch an eine neurologische Fachpraxis wenden, die auf Erkrankungen der Nerven spezialisiert ist.

Mit der richtigen Behandlung und einigen Anpassungen im Alltag lässt sich die Lebensqualität trotz Polyneuropathie oft deutlich verbessern. Viele Betroffene lernen, mit den Beschwerden umzugehen und ein aktives Leben zu führen.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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