Die Orchiektomie ist ein operativer Eingriff, bei dem ein oder beide Hoden entfernt werden. Dieser Begriff stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus „orchis“ (Hoden) und „ektomie“ (Entfernung) zusammen. In der Medizin beschreibt die Orchiektomie also die vollständige oder teilweise chirurgische Entfernung der männlichen Keimdrüsen.
Wann wird eine Orchiektomie durchgeführt?
Eine Orchiektomie kommt in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz. Am häufigsten wird sie bei bestimmten Erkrankungen der Hoden notwendig, etwa bei Hodenkrebs oder schweren Verletzungen. Auch bei fortgeschrittenem Prostatakrebs kann sie eine Rolle spielen, da durch die Entfernung der Hoden die Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron deutlich sinkt. Testosteron kann das Wachstum bestimmter Tumoren fördern, weshalb die Hodenentfernung in solchen Fällen eine therapeutische Maßnahme darstellt.
Ein weiteres Einsatzgebiet ist die sogenannte geschlechtsangleichende Operation bei Transfrauen – also Menschen, die sich als Frau identifizieren und bei der Geburt als männlich zugeordnet wurden. Hier wird die Orchiektomie als Teil des geschlechtsangleichenden Prozesses durchgeführt, meist auf eigenen Wunsch.
Ablauf des Eingriffs
Im Regelfall erfolgt die Orchiektomie unter Vollnarkose, seltener unter örtlicher Betäubung. Über einen kleinen Schnitt im Bereich des Hodensacks oder der Leiste wird der betroffene Hoden freigelegt und samt Samenstrang entfernt. Je nach medizinischer Situation wird nur ein Hoden (einseitige Orchiektomie) oder beide Hoden (beidseitige Orchiektomie) entfernt. Die Wunde wird anschließend sorgfältig verschlossen.
Der Eingriff dauert meist weniger als eine Stunde. In vielen Fällen ist ein kurzer Krankenhausaufenthalt ausreichend, manchmal kann die Operation sogar ambulant durchgeführt werden. Die Heilung verläuft in den meisten Fällen unkompliziert, leichte Schmerzen oder Schwellungen sind in den ersten Tagen nach dem Eingriff normal.
Mögliche Folgen und Sorgen nach einer Orchiektomie
Viele Menschen haben vor einer Orchiektomie große Sorgen, vor allem wegen der möglichen körperlichen und psychischen Auswirkungen. Nach einer einseitigen Entfernung des Hodens bleibt der andere Hoden in der Regel funktionsfähig. Das bedeutet, dass sowohl die Produktion von Testosteron als auch die Fruchtbarkeit meist erhalten bleiben.
Anders sieht es bei einer beidseitigen Orchiektomie aus. Hier wird kein Testosteron mehr gebildet, was verschiedene Veränderungen im Körper zur Folge hat. Häufig kommt es zu einem Rückgang der Libido, Erektionsstörungen, Muskelabbau, Gewichtszunahme, Müdigkeit oder Stimmungsschwankungen. Auch die Fruchtbarkeit geht vollständig verloren, da keine Spermien mehr gebildet werden. Das kann emotional sehr belastend sein.
Die Angst vor dem Verlust der Männlichkeit ist weit verbreitet. Es ist wichtig zu wissen, dass sich die Identität und das Selbstwertgefühl nicht allein über die Hoden oder die Zeugungsfähigkeit definieren. Viele Betroffene berichten, dass sie nach einer Phase der Anpassung wieder ein erfülltes Leben führen können.
Behandlungsmöglichkeiten nach dem Eingriff
Nach einer beidseitigen Orchiektomie ist meist eine Hormontherapie nötig, um den Testosteronmangel auszugleichen. Das kann zum Beispiel durch Spritzen, Pflaster oder Gel erfolgen. So lassen sich viele körperliche Veränderungen abmildern oder verhindern. Auch der Aufbau von Muskelmasse, die Knochengesundheit und das allgemeine Wohlbefinden profitieren von einer gut eingestellten Hormontherapie.
Wer sich Sorgen um das äußere Erscheinungsbild macht, kann über eine Hodenprothese nachdenken. Dabei handelt es sich um ein kleines Implantat, das in den Hodensack eingesetzt wird und das natürliche Aussehen wiederherstellt. Das ist rein kosmetisch und hat keinen Einfluss auf die Funktion.
Psychologische Unterstützung ist sinnvoll, wenn Unsicherheiten, Ängste oder depressive Verstimmungen auftreten. Gespräche mit Fachleuten oder der Austausch mit anderen Betroffenen helfen, die neue Situation zu verarbeiten.
Was vor und nach einer Orchiektomie zu beachten ist
Vor dem Eingriff finden ausführliche Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten statt. Dabei geht es um die Gründe für die Operation, mögliche Risiken, Alternativen und die zu erwartenden Veränderungen. In manchen Fällen wird empfohlen, Spermien einzufrieren, falls später noch Kinderwunsch besteht.
Nach der Operation ist Schonung wichtig. Körperliche Belastung, Sport und Geschlechtsverkehr sollten erst nach ärztlicher Rücksprache wieder aufgenommen werden. Die Wunde braucht Zeit, um abzuheilen, und regelmäßige Kontrollen sichern einen guten Heilungsverlauf.
Treten ungewöhnliche Schmerzen, starke Schwellungen, Fieber oder Wundheilungsstörungen auf, sollte umgehend ärztlicher Rat eingeholt werden.
Leben nach der Orchiektomie
Mit der richtigen Nachsorge und Unterstützung ist ein aktives Leben nach einer Orchiektomie möglich. Die meisten Menschen finden nach einer gewissen Zeit wieder zu ihrem gewohnten Alltag zurück. Die körperlichen und seelischen Veränderungen sind individuell sehr unterschiedlich und hängen auch von den Gründen für den Eingriff ab.
Wichtig ist, sich Zeit für die Verarbeitung zu nehmen und bei Bedarf Hilfe anzunehmen. Moderne Medizin bietet viele Möglichkeiten, die Lebensqualität zu erhalten – sowohl körperlich als auch seelisch.