Muskelatrophie bezeichnet den Abbau oder die Rückbildung von Muskelmasse, bei dem die Muskeln dünner und schwächer werden. Das kann verschiedene Ursachen haben und betrifft Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen – von längerer Bettlägerigkeit bis hin zu bestimmten Erkrankungen.
Wie Muskeln an Substanz verlieren
Wenn Muskeln weniger beansprucht werden, bauen sie sich langsam ab. Dieses Prinzip kennt jeder, der nach einer Verletzung einen Gips trägt: Schon nach wenigen Wochen sieht das betroffene Bein oder der Arm deutlich schmaler aus als zuvor. Die Muskelfasern werden kleiner, weil der Körper sie nicht mehr braucht und Energie sparen will. Auch das Alter spielt eine Rolle, denn im Laufe der Jahre nimmt die Muskelmasse natürlicherweise ab – ein Prozess, der als Sarkopenie bezeichnet wird.
Nicht immer steckt Bewegungsmangel dahinter. Auch Erkrankungen des Nervensystems, wie zum Beispiel ein Schlaganfall oder bestimmte Muskelerkrankungen, können dazu führen, dass Muskeln nicht mehr richtig angesteuert werden. In solchen Fällen geht die Muskelmasse oft besonders schnell verloren. Seltener sind hormonelle Störungen oder Mangelernährung der Auslöser.
Was bedeutet das im Alltag?
Muskelatrophie macht sich meist schleichend bemerkbar. Anfangs fällt vielleicht nur auf, dass alltägliche Bewegungen schwerer werden, zum Beispiel das Treppensteigen oder das Heben von Gegenständen. Die betroffenen Muskeln fühlen sich schwach an und ermüden schneller. Mit der Zeit kann es zu Einschränkungen bei der Selbstständigkeit kommen, etwa beim Anziehen oder Aufstehen aus dem Stuhl. Wer längere Zeit ans Bett gefesselt ist, bemerkt oft, dass die Beine kaum noch Kraft haben.
Die Auswirkungen hängen davon ab, wie stark die Atrophie ausgeprägt ist und welche Muskeln betroffen sind. Besonders problematisch wird es, wenn die Muskulatur im Rumpf oder an den Atemwegen abbaut, da dies auch die Atmung und Haltung beeinflussen kann.
Ist Muskelatrophie gefährlich?
Viele Menschen sorgen sich, wenn sie im Arztbrief oder im Befund das Wort Muskelatrophie lesen. Die Frage taucht auf: „Ist das schlimm?“ Die Antwort hängt stark von der Ursache und dem Ausmaß ab. Ein leichter Muskelabbau nach einer Verletzung oder Operation ist meist vorübergehend und lässt sich durch gezieltes Training wieder rückgängig machen. Kritischer wird es, wenn eine Erkrankung dahintersteckt, die das Fortschreiten nicht einfach aufhalten lässt – zum Beispiel bei chronischen Nerven- oder Muskelerkrankungen.
Unbehandelt kann eine ausgeprägte Muskelatrophie dazu führen, dass alltägliche Bewegungen kaum noch möglich sind. Das erhöht das Risiko für Stürze, Knochenbrüche und Folgeerkrankungen wie Lungenentzündungen. Gerade ältere Menschen sind davon häufiger betroffen, weil sie schneller Muskelmasse verlieren und langsamer wieder aufbauen.
Was tun bei Muskelatrophie?
Die wichtigste Maßnahme ist Bewegung – so früh und so regelmäßig wie möglich. Schon kleine Aktivitäten helfen, den Muskelabbau zu bremsen. Nach längerer Bettruhe oder Operationen kann Physiotherapie unterstützen, die Muskulatur wieder zu kräftigen. Dabei werden gezielt Übungen ausgewählt, die auf die betroffenen Körperbereiche abgestimmt sind. Auch im höheren Alter lohnt sich gezieltes Training, um die Muskulatur zu erhalten.
Wenn eine Erkrankung der Auslöser ist, richtet sich die Behandlung nach der jeweiligen Diagnose. Bei manchen neurologischen Erkrankungen gibt es spezielle Medikamente oder Therapien, die das Fortschreiten bremsen können. Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiß ist ebenfalls wichtig, damit der Körper genug Baumaterial für den Muskelaufbau bekommt.
Manchmal braucht es Geduld, denn der Wiederaufbau der Muskulatur dauert meist länger als der Abbau. Entscheidend ist, dranzubleiben und sich nicht entmutigen zu lassen – auch kleine Fortschritte sind wertvoll.
Wann sollte ärztlicher Rat eingeholt werden?
Wer bemerkt, dass die Muskeln ohne erkennbaren Grund schwächer werden oder sich sichtbar zurückbilden, sollte das ärztlich abklären lassen. Besonders wenn zusätzliche Symptome wie Taubheitsgefühle, starke Schmerzen oder Koordinationsprobleme auftreten, ist eine genaue Untersuchung wichtig. So lässt sich herausfinden, ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung dahintersteckt.
In vielen Fällen lässt sich Muskelatrophie aufhalten oder sogar rückgängig machen – vorausgesetzt, die Ursache wird erkannt und gezielt behandelt. Ein aktiver Lebensstil, angepasste Bewegung und eine gute Begleitung durch Fachleute sind dabei die wichtigsten Bausteine.