Multiple Sklerose: Symptome und Alltag im Blick

Multiple Sklerose: Symptome und Alltag im Blick

01.12.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Multiple Sklerose ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das eigene Immunsystem die schützende Hülle der Nervenfasern angreift und so zu unterschiedlichen Beschwerden führen kann.

Was passiert bei dieser Erkrankung?

Im Zentrum der Erkrankung steht eine Fehlreaktion des Immunsystems. Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor Krankheitserregern. Bei Multiple Sklerose jedoch richtet es sich gegen die sogenannte Myelinscheide, die wie eine Isolierung die Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark umgibt. Diese Schädigung stört die Weiterleitung von elektrischen Signalen im Nervensystem. Dadurch können vielfältige Symptome auftreten, abhängig davon, welche Bereiche betroffen sind.

Der Name stammt aus dem Lateinischen: „multipel“ bedeutet „vielfach“ und „sklerose“ steht für „Verhärtung“ oder „Narbenbildung“. Im Verlauf der Erkrankung entstehen an verschiedenen Stellen im Gehirn und Rückenmark kleine Entzündungsherde, die später vernarben. Man spricht dann auch von „Plaques“.

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Wie zeigt sich Multiple Sklerose?

Die Beschwerden sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Typisch ist, dass die Symptome schubweise auftreten. Das bedeutet, dass sich Beschwerden innerhalb von Stunden oder Tagen entwickeln, einige Zeit anhalten und sich dann wieder bessern können. Häufige Anzeichen sind zum Beispiel Gefühlsstörungen wie Kribbeln oder Taubheit in Armen oder Beinen, Sehprobleme auf einem Auge, plötzliche Schwäche oder Koordinationsprobleme. Auch eine schnelle Erschöpfbarkeit, Konzentrationsstörungen oder Probleme beim Wasserlassen können dazugehören.

Manchmal verlaufen die Schübe mild und werden kaum bemerkt. In anderen Fällen können sie sehr deutlich ausfallen und die Beweglichkeit stark einschränken. Zwischen den Schüben können sich die Beschwerden teilweise oder ganz zurückbilden, aber im Laufe der Jahre können bleibende Einschränkungen entstehen.

Was bedeutet die Diagnose für den Alltag?

Die Diagnose Multiple Sklerose ist für viele ein Schock. Es tauchen zahlreiche Fragen und Unsicherheiten auf. Wie wird sich die Krankheit entwickeln? Muss mit einer Behinderung gerechnet werden? Kann das Leben weiter normal verlaufen? Die Antworten darauf fallen individuell sehr unterschiedlich aus. Die meisten Menschen mit dieser Erkrankung erleben zunächst eine Phase, in der sich Schübe und beschwerdefreie Zeiten abwechseln. Erst mit der Zeit kann es zu dauerhaften Einschränkungen kommen, aber wie schnell und in welchem Ausmaß das passiert, lässt sich nicht sicher vorhersagen.

Viele leben über Jahre oder Jahrzehnte mit nur leichten Symptomen. Bei anderen schreitet die Erkrankung schneller voran. In Deutschland sind etwa 250000 Menschen betroffen. Die Krankheit beginnt meist im jungen Erwachsenenalter, oft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, und tritt bei Frauen etwa doppelt so häufig auf wie bei Männern.

Wie wird Multiple Sklerose festgestellt?

Die Diagnose ist nicht immer einfach, weil die Beschwerden auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Ärztinnen und Ärzte stützen sich auf eine Kombination aus verschiedenen Untersuchungen. Ein wichtiger Baustein ist die Magnetresonanztomografie, kurz MRT. Damit lassen sich die typischen Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark sichtbar machen. Zusätzlich wird oft Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal entnommen, um Hinweise auf eine Entzündung zu finden. Auch sogenannte evozierte Potenziale, also Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit, helfen bei der Abklärung.

Erst wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, wird die Diagnose gestellt. Es müssen zum Beispiel mehrere Entzündungsherde zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an verschiedenen Orten im Nervensystem nachweisbar sein.

Typische Ängste und Fragen

Viele fürchten sich vor einem Leben im Rollstuhl oder einem raschen Verlust der Selbstständigkeit. Diese Sorge ist verständlich, aber nicht jeder Verlauf ist schwer. Die Erkrankung kann sehr unterschiedlich verlaufen, und dank moderner Therapien lassen sich Schübe und das Fortschreiten der Krankheit oft bremsen.

Oft stellt sich die Frage, ob die Erkrankung ansteckend ist. Das ist nicht der Fall. Auch eine direkte Vererbung gibt es nicht, aber eine gewisse familiäre Häufung ist bekannt.

Ein weiteres Thema ist die Familienplanung. Eine Schwangerschaft ist in der Regel möglich und hat keinen negativen Einfluss auf den Verlauf. Die Behandlung muss jedoch individuell angepasst werden.

Behandlungsmöglichkeiten und was du selbst tun kannst

Die Therapie besteht aus mehreren Bausteinen. Im akuten Schub helfen meist Medikamente, die die Entzündung bremsen, zum Beispiel Cortison. Um das Risiko neuer Schübe zu senken, kommen sogenannte verlaufsmodifizierende Medikamente zum Einsatz. Diese beeinflussen das Immunsystem und sollen das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Welche Therapie geeignet ist, hängt von vielen Faktoren ab und wird individuell entschieden.

Ergänzend sind Physiotherapie und gezielte Bewegung wichtig, um Beweglichkeit und Kraft zu erhalten. Auch Entspannungsübungen, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf können helfen, das Wohlbefinden zu steigern. Stress sollte möglichst reduziert werden, weil er das Risiko für Schübe erhöhen kann.

Viele Betroffene profitieren von einem guten Austausch mit anderen, etwa in Selbsthilfegruppen oder bei Beratungsangeboten. So lässt sich der Alltag trotz der Erkrankung aktiv gestalten.

Leben mit Multiple Sklerose

Die Diagnose bedeutet nicht das Ende eines selbstbestimmten Lebens. Viele führen weiterhin einen Beruf aus, treiben Sport und pflegen soziale Kontakte. Es ist wichtig, sich nicht zu sehr von Ängsten leiten zu lassen, sondern Schritt für Schritt herauszufinden, was dem eigenen Körper guttut. Frühzeitige Behandlung, regelmäßige ärztliche Kontrolle und ein bewusster Umgang mit den eigenen Kräften helfen, die Lebensqualität möglichst lange zu erhalten.

Auch wenn die Erkrankung nicht heilbar ist, gibt es heute viele Möglichkeiten, das Leben mit Multiple Sklerose aktiv und erfüllt zu gestalten.

Wissenschaftliche Quellen

  • Reich DS, Lucchinetti CF, Calabresi PA. Multiple sclerosis. N Engl J Med. 2018;378(2):169–180. doi:10.1056/NEJMra1401483

  • Thompson AJ, Banwell BL, Barkhof F, et al. Diagnosis of multiple sclerosis: 2017 revisions of the McDonald criteria. Lancet Neurol. 2018;17(2):162–173. doi:10.1016/S1474-4422(17)30470-2

  • Filippi M, Brück W, Chard D, et al. Association between pathological and MRI findings in multiple sclerosis. Lancet Neurol. 2019;18(2):198–210. doi:10.1016/S1474-4422(18)30451-4

  • Ontaneda D, Thompson AJ, Fox RJ, Cohen JA. Progressive multiple sclerosis: prospects for disease therapy, repair, and restoration of function. Lancet. 2017;389(10076):1357–1366. doi:10.1016/S0140-6736(16)31320-4

  • Dobson R, Giovannoni G. Multiple sclerosis—a review. Eur J Neurol. 2019;26(1):27–40. doi:10.1111/ene.13819

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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