Morbus Bechterew – Wenn die Wirbelsäule streikt

Morbus Bechterew – Wenn die Wirbelsäule streikt

05.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die vor allem die Wirbelsäule betrifft und zu Schmerzen sowie einer zunehmenden Versteifung führen kann.

Was steckt hinter der Diagnose?

Hinter dem Namen verbirgt sich eine Erkrankung, die auch unter dem Begriff Spondylitis ankylosans bekannt ist. Sie zählt zu den sogenannten rheumatischen Krankheiten. Charakteristisch ist, dass sich die Entzündung vor allem an den Gelenken der Wirbelsäule abspielt. Besonders betroffen sind die Verbindungen zwischen Kreuzbein und Beckenknochen, die sogenannten Iliosakralgelenke. Mit der Zeit kann es dazu kommen, dass die Wirbelsäule ihre Beweglichkeit verliert und sich versteift.

Morbus Bechterew beginnt meist schleichend. Erste Anzeichen sind oft Rückenschmerzen im unteren Bereich, die vor allem morgens oder nach längerer Ruhe auftreten und sich durch Bewegung bessern. In manchen Fällen sind auch andere Gelenke, zum Beispiel an den Schultern, Hüften oder Knien, mitbetroffen.

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Typische Beschwerden und Verlauf

Nicht jeder Verlauf ist gleich. Manche Betroffene erleben nur milde Beschwerden, bei anderen schreitet die Krankheit schneller voran. Häufige Symptome sind tief sitzende Rückenschmerzen, die langsam einsetzen und über Monate anhalten können. Typisch ist, dass die Schmerzen nachts und in den frühen Morgenstunden besonders stark sind. Nach dem Aufstehen und bei Bewegung lassen sie meist nach. Das unterscheidet Morbus Bechterew von vielen anderen Rückenerkrankungen, bei denen eher Belastung zu Beschwerden führt.

Mit der Zeit kann es zu einer zunehmenden Versteifung der Wirbelsäule kommen. Die Beweglichkeit wird eingeschränkt, manchmal nimmt auch die Körperhaltung eine nach vorne gebeugte Form an. Manche Menschen berichten über Schmerzen in anderen Gelenken, Sehnenansätzen oder auch über Augenentzündungen, die in Verbindung mit der Erkrankung auftreten können.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Auslöser sind bis heute nicht vollständig geklärt. Fest steht jedoch, dass eine erbliche Veranlagung eine große Rolle spielt. Viele Betroffene tragen ein bestimmtes Merkmal auf ihren weißen Blutkörperchen, das sogenannte HLA-B27. Dieses ist jedoch kein Beweis für die Erkrankung, da auch gesunde Menschen dieses Merkmal haben können. Umweltfaktoren, Infektionen oder das Immunsystem könnten ebenfalls eine Rolle spielen, doch hier gibt es noch viele offene Fragen.

Ist Morbus Bechterew gefährlich?

Die Diagnose sorgt bei vielen zunächst für Unsicherheit. Die Vorstellung, dass die Wirbelsäule steif werden könnte, löst Ängste aus. Tatsächlich verläuft Morbus Bechterew sehr unterschiedlich. Bei manchen bleibt es bei leichten Beschwerden, andere erleben eine stärkere Beeinträchtigung. Eine vollständige Versteifung der Wirbelsäule ist heute, dank moderner Therapien, seltener geworden. Lebensbedrohlich ist die Erkrankung in der Regel nicht, kann aber die Lebensqualität beeinflussen. Wichtig ist, dass sie früh erkannt und behandelt wird, um Spätfolgen zu vermeiden.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Der Weg zur Diagnose beginnt meist mit der Schilderung der Beschwerden. Rückenschmerzen, die sich durch Bewegung bessern und über längere Zeit bestehen, sind ein erster Hinweis. Ärztinnen und Ärzte fragen gezielt nach dem Verlauf und untersuchen die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie (MRT) helfen dabei, typische Veränderungen an den Gelenken zu erkennen. Blutuntersuchungen können zeigen, ob entzündliche Prozesse im Körper ablaufen. Das Vorhandensein des HLA-B27-Merkmals kann die Diagnose unterstützen, ist aber kein Beweis.

Behandlungsmöglichkeiten und Alltag mit der Erkrankung

Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden und dem Verlauf. Ziel ist es, die Entzündung zu bremsen, Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu erhalten. Bewegung und gezielte Physiotherapie sind dabei das A und O. Regelmäßige Übungen helfen, die Wirbelsäule beweglich zu halten und Versteifungen vorzubeugen. Medikamente wie entzündungshemmende Schmerzmittel, sogenannte NSAR, kommen häufig zum Einsatz. Bei stärkeren Beschwerden oder wenn diese Mittel nicht ausreichen, können auch sogenannte Biologika, also spezielle Medikamente, die das Immunsystem gezielt beeinflussen, eingesetzt werden.

Wichtig ist, die Behandlung individuell abzustimmen. Manchmal braucht es eine Kombination verschiedener Ansätze. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen, kann unterstützen und Mut machen.

Leben mit Morbus Bechterew

Mit der richtigen Behandlung und einer aktiven Lebensweise ist es möglich, den Alltag weitgehend normal zu gestalten. Bewegung spielt eine zentrale Rolle, egal ob Schwimmen, Radfahren oder spezielle Gymnastik. Auch die Anpassung des Arbeitsplatzes oder kleine Veränderungen im Alltag können helfen, Beschwerden zu lindern. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind wichtig, um den Verlauf zu beobachten und die Therapie gegebenenfalls anzupassen.

Manche machen sich Sorgen, was die Diagnose für ihre Zukunft bedeutet. Die gute Nachricht: Die meisten können mit der Erkrankung alt werden und ein erfülltes Leben führen. Entscheidend ist, dranzubleiben, die eigenen Möglichkeiten zu nutzen und sich bei Fragen oder Unsicherheiten nicht zu scheuen, Unterstützung zu suchen.

Wissenschaftliche Quellen

  • van der Heijde D, Ramiro S, Landewé R, Baraliakos X, Van den Bosch F, Sepriano A, et al. 2016 update of the ASAS-EULAR management recommendations for axial spondyloarthritis. Ann Rheum Dis. 2017;76(6):978-991. doi:10.1136/annrheumdis-2016-210770 - doi:10.1136/annrheumdis-2016-210770

  • Sieper J, Rudwaleit M, Baraliakos X, Brandt J, Braun J, Burgos-Vargas R, et al. The Assessment of SpondyloArthritis international Society (ASAS) handbook: a guide to assess spondyloarthritis. Ann Rheum Dis. 2009;68 Suppl 2:ii1-ii44. doi:10.1136/ard.2008.104018 - doi:10.1136/ard.2008.104018

  • Dougados M, Baeten D, Mease PJ, van der Heijde D, Pangan AL, Wollenhaupt J, et al. Efficacy and safety of adalimumab in patients with non-radiographic axial spondyloarthritis: a randomized, placebo-controlled trial. Ann Rheum Dis. 2013;72(6):815-822. doi:10.1136/annrheumdis-2012-201766 - doi:10.1136/annrheumdis-2012-201766

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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