Levetiracetam ist ein Wirkstoff, der zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt wird und dabei hilft, epileptische Anfälle zu verhindern oder zu verringern.
Was steckt hinter dem Begriff?
Levetiracetam gehört zu den sogenannten Antiepileptika, also Medikamenten, die das Risiko für epileptische Anfälle senken. Entwickelt wurde dieser Wirkstoff, um Menschen mit Epilepsie mehr Sicherheit und Kontrolle im Alltag zu geben. Es wird in Tablettenform, als Lösung zum Einnehmen oder als Infusion verabreicht, je nachdem, was im individuellen Fall am besten geeignet ist.
Anders als viele ältere Antiepileptika wirkt Levetiracetam gezielt im Gehirn, ohne dabei das Bewusstsein oder die Aufmerksamkeit stark zu beeinflussen. Das ist besonders wichtig für Menschen, die trotz Epilepsie aktiv am Leben teilnehmen möchten – im Beruf, beim Autofahren oder im Familienalltag.
Wann wird Levetiracetam eingesetzt?
Die Hauptanwendung von Levetiracetam liegt in der Behandlung verschiedener Formen von Epilepsie. Besonders häufig kommt es bei sogenannten fokalen Anfällen zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Anfälle, die von einem bestimmten Bereich im Gehirn ausgehen. Aber auch bei generalisierten Anfällen, die das gesamte Gehirn betreffen, kann der Wirkstoff helfen.
Oft verschreiben Ärztinnen und Ärzte Levetiracetam, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken oder zu viele Nebenwirkungen verursachen. Auch bei Kindern und Jugendlichen wird der Wirkstoff verwendet, da er in der Regel gut vertragen wird. In manchen Fällen kommt Levetiracetam sogar bei akuten Anfällen im Krankenhaus zum Einsatz, etwa als Infusion.
Wie wirkt das Medikament?
Im Gehirn laufen ständig elektrische Signale ab, die für Bewegung, Denken und alle anderen Funktionen wichtig sind. Bei Epilepsie geraten diese Signale manchmal aus dem Gleichgewicht, es kommt zu plötzlichen Entladungen, die einen Anfall auslösen können. Levetiracetam wirkt, indem es an bestimmte Eiweiße auf den Nervenzellen bindet. Dadurch wird die Übertragung der elektrischen Signale stabilisiert. Die genauen Abläufe sind bis heute nicht vollständig entschlüsselt, aber in der Praxis zeigt sich: Viele Menschen profitieren von einer deutlichen Verringerung der Anfallshäufigkeit.
Was bedeutet die Einnahme von Levetiracetam im Alltag?
Wer Levetiracetam verschrieben bekommt, stellt sich oft die Frage, was das für das tägliche Leben bedeutet. Grundsätzlich gilt: Das Medikament muss regelmäßig und über längere Zeit eingenommen werden, meist zweimal täglich. Nur so lässt sich ein stabiler Wirkspiegel im Blut erreichen, der vor Anfällen schützt. Die Dosierung wird individuell angepasst, oft beginnt die Behandlung mit einer niedrigen Dosis, die dann langsam gesteigert wird.
Im Alltag ist es wichtig, die Tabletten immer zur gleichen Zeit einzunehmen und keine Dosis auszulassen. Plötzliche Unterbrechungen oder das eigenmächtige Absetzen können das Risiko für einen erneuten Anfall deutlich erhöhen. Wer Schwierigkeiten mit der Einnahme hat, sollte dies offen ansprechen – oft gibt es Lösungen, um die Therapie besser in den Tag zu integrieren.
Mögliche Nebenwirkungen und was dabei zu beachten ist
Wie bei jedem Medikament können auch bei Levetiracetam Nebenwirkungen auftreten. Die meisten Menschen vertragen den Wirkstoff gut, aber manche berichten über Müdigkeit, Schwindel oder Kopfschmerzen. Gelegentlich kommt es zu Stimmungsschwankungen, Gereiztheit oder Schlafstörungen. Sehr selten können auch ernstere Nebenwirkungen wie starke Verhaltensänderungen, Depressionen oder Suizidgedanken auftreten.
Wer solche Veränderungen an sich bemerkt, sollte das unbedingt mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt besprechen. Oft lässt sich die Dosis anpassen oder auf ein anderes Medikament umstellen. In den allermeisten Fällen verschwinden leichte Nebenwirkungen nach einigen Wochen wieder, wenn sich der Körper an das Medikament gewöhnt hat.
Typische Sorgen und Fragen rund um die Therapie
Viele Menschen sind zunächst verunsichert, wenn sie erfahren, dass sie dauerhaft ein Antiepileptikum wie Levetiracetam einnehmen sollen. Häufig taucht die Frage auf, ob das Medikament abhängig macht. Die Antwort: Levetiracetam führt nicht zu einer Sucht. Es kann aber zu Entzugserscheinungen kommen, wenn das Medikament plötzlich abgesetzt wird. Deshalb ist ein langsames Ausschleichen unter ärztlicher Aufsicht wichtig.
Auch die Sorge vor Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ist verständlich. Im Vergleich zu älteren Antiepileptika verursacht Levetiracetam deutlich weniger Wechselwirkungen. Trotzdem sollte jede neue Medikation mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt abgestimmt werden, um auf der sicheren Seite zu sein.
Ein weiteres Thema: Schwangerschaft und Stillzeit. Levetiracetam kann in vielen Fällen auch während der Schwangerschaft fortgeführt werden, da das Risiko für das ungeborene Kind geringer ist als bei vielen anderen Antiepileptika. Trotzdem ist hier eine besonders enge ärztliche Begleitung wichtig.
Was tun bei vergessener Einnahme oder Problemen?
Falls eine Dosis vergessen wurde, sollte sie so bald wie möglich nachgeholt werden. Liegt der Zeitpunkt jedoch schon nahe an der nächsten regulären Einnahme, wird die vergessene Dosis einfach ausgelassen. Auf keinen Fall sollte die doppelte Menge eingenommen werden, um die vergessene Tablette auszugleichen.
Bei anhaltenden Problemen mit der Einnahme, starken Nebenwirkungen oder Unsicherheiten ist es ratsam, rasch Kontakt zur behandelnden Fachperson aufzunehmen. Gemeinsam lässt sich oft eine Lösung finden, die den Alltag erleichtert und die Therapie sicherer macht.
Leben mit Epilepsie – und mit Levetiracetam
Mit der richtigen Behandlung können viele Menschen mit Epilepsie ein weitgehend normales Leben führen. Levetiracetam ist dabei für viele ein wichtiger Baustein, um Anfälle zu verhindern und die Lebensqualität zu verbessern. Regelmäßige Kontrolltermine helfen, die Therapie optimal anzupassen und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.
Auch wenn die Diagnose Epilepsie zunächst verunsichert: Moderne Medikamente wie Levetiracetam eröffnen heute ganz neue Perspektiven. Mit guter Information, einer individuell angepassten Behandlung und einem offenen Austausch mit den behandelnden Fachleuten lässt sich der Alltag meist gut bewältigen.
Wissenschaftliche Quellen
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