Kreatinin erhöht: Was steckt dahinter?

Kreatinin erhöht: Was steckt dahinter?

24.05.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Kreatinin ist ein Messwert aus der Blutuntersuchung, der Hinweise gibt, wie gut deine Nieren arbeiten. Weil der Wert allein leicht missverstanden werden kann, ist wichtig zu wissen, was dahintersteckt, welche Normalbereiche üblich sind und wann man handeln sollte.

Was steckt hinter Kreatinin?

Kreatinin entsteht ganz natürlich, wenn Muskeln Energie verbrauchen. Ein kleiner Teil davon gelangt ins Blut und wird über die Nieren wieder ausgeschieden. Je nachdem, wie gut die Nieren filtern, steigt oder fällt die Menge im Blut.

Wichtig: Der Kreatininwert hängt nicht nur von der Nierenfunktion ab. Muskelmasse, Ernährung, Flüssigkeitshaushalt und manche Medikamente können ihn mitbeeinflussen. Deshalb wird Kreatinin nie isoliert beurteilt, sondern immer zusammen mit anderen Informationen (z. B. eGFR, Urinbefunden und Symptomen).

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Normalwerte für Kreatinin im Blut

Im Laborbericht findest du den Kreatininwert meist in mg/dl (Milligramm pro Deziliter) oder in µmol/l (Mikromol pro Liter). Beide Einheiten meinen dasselbe, sie lassen sich umrechnen.

  • Frauen: etwa 0,6 – 1,0 mg/dl (ca. 53 – 90 µmol/l)

  • Männer: etwa 0,7 – 1,2 mg/dl (ca. 62 – 106 µmol/l)

Der Unterschied liegt vor allem an der Muskelmasse: Männer haben meist etwas höhere Werte als Frauen. Auch sportliche Menschen können von Natur aus höhere Kreatininwerte haben, ohne dass die Nieren krank sind.

Wichtig: Ein Wert knapp über oder unter dem Referenzbereich bedeutet nicht automatisch eine Erkrankung. Erst die Kombination mit anderen Laborwerten und der Gesamtsituation ergibt ein klares Bild.

Was bedeutet ein erhöhter Kreatininwert?

Steigt der Kreatininwert im Blut an, heißt das in vielen Fällen: Die Nieren filtern nicht mehr so gut wie gewohnt. Das Kreatinin sammelt sich dann im Blut, weil es nicht ausreichend über den Urin ausgeschieden wird.

Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein:

  • manchmal steckt etwas Harmloses dahinter, wie Flüssigkeitsmangel oder die Einnahme bestimmter Medikamente,

  • in anderen Fällen kann es auf eine akute oder chronische Nierenerkrankung hindeuten.

Viele Menschen erschrecken, wenn sie einen erhöhten Wert im Laborbefund sehen. Doch nicht jeder Anstieg bedeutet sofort eine ernste Erkrankung. Manchmal normalisiert sich der Wert schon, wenn man mehr trinkt oder ein Medikament angepasst wird.

Bleibt der Kreatininwert jedoch dauerhaft erhöht, ist eine ärztliche Abklärung wichtig. So können mögliche Ursachen rechtzeitig erkannt und behandelt werden – bevor die Nieren stärker geschädigt werden.

Mögliche Beschwerden und Folgen

Eine leichte Einschränkung der Nierenfunktion bleibt oft lange unbemerkt. Viele Betroffene fühlen sich anfangs völlig gesund und merken nichts von einem erhöhten Kreatininwert.

Mit der Zeit können sich jedoch erste unspezifische Symptome zeigen: Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Konzentrationsprobleme. Auch Wassereinlagerungen (z. B. geschwollene Beine oder Augenlider) oder ein allgemeines Krankheitsgefühl sind möglich.

Wird die Nierenfunktion stärker beeinträchtigt, können weitere Beschwerden hinzukommen:

  • Kurzatmigkeit, weil sich Flüssigkeit im Körper staut

  • Übelkeit oder Appetitlosigkeit

  • Juckreiz oder trockene Haut

  • im fortgeschrittenen Stadium: Niereninsuffizienz, also eine deutliche Einschränkung der Nierenleistung

Ein dauerhaft erhöhter Kreatininwert ist deshalb immer ein Warnsignal. Je früher eine mögliche Nierenerkrankung erkannt wird, desto besser lässt sich der Verlauf beeinflussen – und schwerwiegende Folgen können verhindert werden.

Wie wird Kreatinin gemessen und beurteilt?

Der Kreatininwert wird in der Regel bei einer Blutuntersuchung bestimmt. Dabei entnimmt die Ärztin oder der Arzt etwas Blut aus der Armvene und lässt es im Labor analysieren. In manchen Fällen wird zusätzlich auch Kreatinin im Urin gemessen – zum Beispiel, wenn die Nierenfunktion genauer überprüft werden soll.

Um die Aussagekraft zu erhöhen, berechnet man heute oft die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Sie zeigt an, wie gut die Nieren das Blut tatsächlich filtern. Grundlage dieser Berechnung ist meist der Kreatininwert zusammen mit weiteren Angaben wie Alter, Geschlecht und Körpergewicht.

Ein etwas erhöhter Wert kann bei einem sportlichen Menschen mit viel Muskelmasse völlig normal sein, während ein scheinbar unauffälliger Wert bei einer älteren Person schon ein Hinweis auf eine eingeschränkte Nierenfunktion sein kann.

Was tun bei auffälligem Kreatininwert?

Wenn bei einer Blutuntersuchung ein erhöhter Kreatininwert festgestellt wird, bedeutet das nicht automatisch eine schwere Erkrankung. Zunächst ist es sinnvoll, den Wert nach einigen Tagen oder Wochen erneut kontrollieren zu lassen – manchmal handelt es sich nur um eine vorübergehende Abweichung, zum Beispiel durch Flüssigkeitsmangel oder körperliche Belastung.

Bleibt der Wert auffällig, folgt in der Regel eine genauere Abklärung. Dazu können weitere Blutuntersuchungen, eine Analyse des Urins oder bildgebende Verfahren wie Ultraschall der Nieren gehören. So lässt sich feststellen, ob die Nierenfunktion dauerhaft eingeschränkt ist oder ob eine andere Ursache dahintersteckt.

Die Behandlung richtet sich nach dem Ergebnis:

  • Bei vorübergehenden Störungen wie Dehydrierung genügt es oft schon, ausreichend zu trinken.

  • Wenn Medikamente den Wert beeinflussen, können sie in Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt angepasst werden.

  • Liegt eine chronische Nierenerkrankung vor, sind meist langfristige Maßnahmen nötig – etwa eine Blutdruckeinstellung, Ernährungsumstellung oder die Vermeidung nierenschädigender Substanzen.

Wann ist Kreatinin wirklich bedenklich?

Viele Menschen fragen sich, ab welchem Wert sie sich Sorgen machen müssen. Die Antwort ist: Es gibt keinen starren Grenzwert, ab dem Kreatinin automatisch gefährlich ist. Entscheidend ist immer die Gesamtsituation – also wie stark der Wert vom Normalbereich abweicht, ob er dauerhaft erhöht bleibt und ob zusätzlich Beschwerden auftreten.

Ein leichter Anstieg muss nicht sofort ein Problem bedeuten, kann aber ein Hinweis sein, dass die Nieren stärker belastet sind. Kritischer wird es, wenn der Wert über längere Zeit erhöht bleibt oder parallel Symptome wie Müdigkeit, Wassereinlagerungen, Bluthochdruck oder ein allgemeines Krankheitsgefühl bestehen. Dann sollte unbedingt genauer hingeschaut werden.

Besonders wichtig ist auch der Verlauf über die Zeit. Ein stabiler Wert, der nur leicht oberhalb des Referenzbereichs liegt, ist oft weniger bedenklich als ein Wert, der innerhalb kurzer Zeit deutlich steigt. Deshalb gehören regelmäßige Kontrollen zu den wichtigsten Maßnahmen, um mögliche Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Was beeinflusst den Kreatininwert?

Der Kreatininwert hängt nicht nur von der Nierenfunktion ab. Es gibt mehrere Faktoren, die ihn kurzfristig oder dauerhaft verändern können.

Ein wichtiger Einfluss ist die Muskelmasse: Menschen mit viel Muskulatur – zum Beispiel Sportler:innen – haben oft von Natur aus höhere Werte, ohne dass die Nieren krank sind. Umgekehrt können ältere oder sehr schlanke Personen niedrigere Werte aufweisen, obwohl alles in Ordnung ist.

Auch die Ernährung spielt eine Rolle. Eine eiweißreiche Kost, viel Fleisch oder Nahrungsergänzungsmittel mit Kreatin können den Wert vorübergehend ansteigen lassen. Ebenso können starke körperliche Belastungen oder Muskelverletzungen den Kreatininspiegel erhöhen.

Darüber hinaus wirken sich manche Medikamente auf den Wert aus, etwa bestimmte Schmerzmittel oder Antibiotika. Auch Flüssigkeitsmangel kann zu einem erhöhten Kreatininwert führen, weil die Nieren in diesem Zustand weniger effektiv arbeiten.

Tipps für gesunde Nieren im Alltag

Ein auffälliger Kreatininwert ist immer ein Anlass, genauer hinzuschauen – doch oft kannst du selbst viel dafür tun, dass deine Nieren gesund bleiben. Schon kleine Gewohnheiten im Alltag machen einen großen Unterschied:

  • Ausreichend trinken: Wasser ist das beste „Spülmittel“ für die Nieren. Etwa 1,5 bis 2 Liter am Tag helfen, Abbauprodukte auszuscheiden – bei Hitze, Sport oder Fieber auch mehr.

  • Blutdruck im Blick behalten: Dauerhaft hoher Blutdruck schadet den Nieren, oft unbemerkt. Regelmäßige Kontrollen lohnen sich.

  • Medikamente bewusst einnehmen: Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac können die Nieren belasten – vor allem bei dauerhafter Einnahme. Immer mit der Ärztin oder dem Arzt absprechen.

  • Eiweiß und Fleisch in Maßen: Eine sehr eiweißreiche Ernährung (z. B. viel Fleisch oder Proteinshakes) kann die Nierenwerte vorübergehend erhöhen. Eine ausgewogene Kost ist langfristig gesünder.

  • Risikofaktoren ernst nehmen: Menschen mit Diabetes, Bluthochdruck oder familiärer Nierenerkrankung sollten besonders aufmerksam sein und regelmäßige Kontrollen wahrnehmen.

So gilt: Wer seine Nieren entlastet, senkt das Risiko für auffällige Kreatininwerte – und kann mögliche Erkrankungen früh erkennen oder sogar verhindern.

Wissenschaftliche Quellen

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BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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