Wie die Immuntherapie Krankheiten bekämpft

Wie die Immuntherapie Krankheiten bekämpft

15.08.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Die Immuntherapie ist ein moderner Ansatz in der Medizin, der das körpereigene Immunsystem dazu befähigt, Krebszellen, Autoimmunerkrankungen und andere schwere Krankheiten effektiver zu bekämpfen. Statt den Körper direkt mit Medikamenten zu behandeln, stärkt die Immuntherapie die körpereigene Abwehr oder verändert gezielt bestimmte Immunprozesse, um Krankheitserreger oder Krebszellen zu eliminieren. Besonders in der Onkologie hat die Immuntherapie in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, aber auch bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) findet sie Anwendung.

Wie funktioniert die Immuntherapie?

Die Immuntherapie nutzt verschiedene Mechanismen, um das Immunsystem zu unterstützen oder gezielt zu lenken. Man unterscheidet dabei verschiedene Ansätze:

  • Checkpoint-Inhibitoren: Diese Medikamente blockieren bestimmte Moleküle, die Krebszellen vor dem Angriff des Immunsystems „verstecken“. Dadurch kann das Immunsystem den Tumor erkennen und bekämpfen.

  • CAR-T-Zell-Therapie: Hierbei werden eigene Immunzellen gentechnisch verändert, um gezielt Krebszellen zu attackieren.

  • Zytokin-Therapie: Bestimmte Botenstoffe des Immunsystems (z. B. Interferone, Interleukine) werden verabreicht, um das Immunsystem zu aktivieren.

  • Krebsimpfungen: Dabei wird das Immunsystem auf spezifische Tumormerkmale „trainiert“, um eine gezielte Immunantwort hervorzurufen.

Je nach Erkrankung kommen verschiedene Formen der Immuntherapie zum Einsatz.

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Immuntherapie bei Darmkrebs

Bei Darmkrebs spielt die Immuntherapie vor allem in bestimmten Fällen eine Rolle. Besonders Patienten mit Mikrosatelliten-instabilen (MSI-high) Tumoren oder Fehlfunktionen in der DNA-Reparatur profitieren von Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab oder Nivolumab. Diese Medikamente helfen dem Immunsystem, Darmkrebszellen effektiver anzugreifen.

Allerdings ist die Immuntherapie nicht für alle Darmkrebspatienten geeignet. Tumoren ohne genetische Veränderungen in den Mikrosatelliten sprechen oft nicht auf die Therapie an. Daher werden vorab genetische Tests durchgeführt, um zu prüfen, ob der Patient von einer Immuntherapie profitieren könnte.

Immuntherapie bei MS (Multipler Sklerose)

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Nervenstrukturen im Gehirn und Rückenmark angreift. Ziel der Immuntherapie bei MS ist es, das fehlgeleitete Immunsystem zu regulieren und Entzündungsprozesse zu unterdrücken.

Es gibt verschiedene Immunmodulatoren und immunsuppressive Therapien, die eingesetzt werden, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Medikamente wie Ocrelizumab, Natalizumab oder Fingolimod verhindern, dass Immunzellen die Schutzschicht der Nervenfasern angreifen. Diese Medikamente sind besonders wirksam bei hochaktiven oder progredienten Formen der MS.

Neue Forschungsansätze setzen auf individuell angepasste Immuntherapien, um das Immunsystem gezielter zu beeinflussen und schwere Nebenwirkungen zu reduzieren.

Immuntherapie bei Hirntumor

Hirntumoren, insbesondere aggressive Tumoren wie das Glioblastom, sind oft schwer behandelbar. In den letzten Jahren wurden jedoch vielversprechende Immuntherapien entwickelt, um die Prognose von Patienten zu verbessern.

Checkpoint-Inhibitoren, personalisierte Krebsimpfungen und CAR-T-Zell-Therapien gehören zu den neuesten Ansätzen. Besonders vielversprechend sind Therapien, die darauf abzielen, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, um die Immunabwehr im Gehirn gezielt zu stärken.

Einige Patienten profitieren von Impfstoffen, die speziell auf die genetischen Eigenschaften ihres Tumors zugeschnitten sind. Dennoch steckt die Immuntherapie bei Hirntumoren noch in den Anfängen, und viele Therapieansätze befinden sich derzeit in klinischen Studien.

Immuntherapie bei Hautkrebs

Bei Hautkrebs, insbesondere beim schwarzen Hautkrebs (Melanom), hat die Immuntherapie revolutionäre Fortschritte gemacht. Die Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren wie Nivolumab oder Ipilimumab hat die Überlebensraten erheblich verbessert, selbst in fortgeschrittenen Stadien.

Die Immuntherapie wird häufig eingesetzt, wenn der Hautkrebs bereits metastasiert ist oder chirurgisch nicht mehr entfernt werden kann. Auch bei anderen Hautkrebsarten, wie dem Plattenepithelkarzinom, zeigt die Immuntherapie vielversprechende Ergebnisse.

Durch diese neuen Therapieansätze können viele Patienten deutlich länger und mit einer höheren Lebensqualität leben als noch vor wenigen Jahren.

Immuntherapie bei Blasenkrebs

Blasenkrebs ist oft schwierig zu behandeln, insbesondere wenn er in fortgeschrittenen Stadien auftritt. Immuntherapeutische Medikamente, darunter Atezolizumab und Pembrolizumab, haben sich als wirksam erwiesen, insbesondere bei Patienten, die auf herkömmliche Chemotherapien nicht mehr ansprechen.

Die Immuntherapie wird bei Blasenkrebs vor allem dann eingesetzt, wenn der Tumor metastasiert ist oder nach einer ersten Behandlung erneut auftritt. Durch die Aktivierung des Immunsystems kann das Wachstum der Tumorzellen gehemmt werden, was die Überlebenszeit der Patienten verlängert.

Zusätzlich werden Blaseninstillationen mit Bacillus Calmette-Guérin (BCG) als immunmodulierende Therapie genutzt, um das Rückfallrisiko nach einer Tumorentfernung zu senken.

Fazit

Die Immuntherapie hat sich in vielen Bereichen der Medizin als bahnbrechender Fortschritt erwiesen, insbesondere in der Onkologie und bei Autoimmunerkrankungen. Während sie bei einigen Krebsarten wie Hautkrebs und Blasenkrebs bereits etablierter Standard ist, wird sie bei Hirntumoren und Darmkrebs weiterhin erforscht.

Obwohl Immuntherapien oft gut verträglich sind, können sie auch Nebenwirkungen wie Autoimmunreaktionen oder entzündliche Prozesse im Körper auslösen. Daher ist eine sorgfältige Patientenauswahl und engmaschige ärztliche Überwachung essenziell.

Die Forschung entwickelt sich rasant weiter, und neue personalisierte Immuntherapien könnten in Zukunft noch gezieltere und wirksamere Behandlungsmöglichkeiten bieten. Die Immuntherapie bleibt damit einer der vielversprechendsten Ansätze zur Bekämpfung schwerer Erkrankungen und zur Verbesserung der langfristigen Überlebenschancen.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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