Hypästhesie – Taubheitsgefühl und was dahintersteckt

Hypästhesie – Taubheitsgefühl und was dahintersteckt

26.10.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Hypästhesie bedeutet eine herabgesetzte Empfindlichkeit gegenüber Berührungen, Schmerzen oder anderen Sinnesreizen auf der Haut. Das Wort stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus „hypo“ (zu wenig) und „aisthesis“ (Empfindung, Wahrnehmung) zusammen. In Arztbriefen oder medizinischen Befunden taucht der Begriff oft auf, wenn beschrieben werden soll, dass das normale Gefühlsempfinden an einer bestimmten Körperstelle vermindert ist.

Wie zeigt sich eine Hypästhesie?

Typisch für eine Hypästhesie ist, dass ein Hautbereich weniger oder schwächer auf Reize wie Streicheln, Druck, Temperatur oder sogar Schmerzen reagiert. Das kann an einem einzelnen Finger, einer Hand, am Bein oder auch an größeren Körperteilen auftreten. Manche nehmen nur ein leichtes Taubheitsgefühl wahr, andere berichten von einem „Pelzigsein“ oder davon, dass sich die Haut wie mit einem dünnen Handschuh überzogen anfühlt.

Diese Empfindungsstörung kann plötzlich auftreten, etwa nach einer Verletzung oder Operation, oder sich schleichend entwickeln. Häufig merken Betroffene zuerst, dass sie beispielsweise einen heißen Gegenstand nicht so intensiv spüren wie sonst oder dass sie einen kleinen Schnitt erst verzögert bemerken.

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Was steckt dahinter?

Eine Hypästhesie ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom. Sie zeigt an, dass die Weiterleitung von Sinneseindrücken im Nervensystem gestört ist. Die Ursache kann ganz unterschiedlich sein. Häufig sind Nerven betroffen, die direkt unter der Haut verlaufen. Wenn diese durch Druck, Entzündung, Verletzung oder andere Einflüsse beeinträchtigt werden, kommt es zu einer verminderten Wahrnehmung.

Auch Erkrankungen, die das gesamte Nervensystem betreffen, können eine Rolle spielen. Dazu zählen zum Beispiel Diabetes mellitus, bei dem die sogenannten peripheren Nerven durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte geschädigt werden können. Aber auch Bandscheibenvorfälle, Schlaganfälle oder bestimmte Infektionen sind mögliche Auslöser. Seltener führen Durchblutungsstörungen, Vitaminmangel oder bestimmte Medikamente zu einer Hypästhesie.

Muss das immer etwas Schlimmes bedeuten?

Viele fragen sich, ob eine Hypästhesie gefährlich ist oder ob sie sich Sorgen machen müssen. Die Antwort hängt stark von der Ursache ab. In manchen Fällen verschwindet das Taubheitsgefühl nach kurzer Zeit von selbst, etwa wenn ein Nerv nur vorübergehend gereizt wurde. Bleibt die Hypästhesie jedoch bestehen oder breitet sie sich aus, sollte das ärztlich abgeklärt werden.

Besonders dann, wenn weitere Beschwerden dazukommen, wie Lähmungserscheinungen, starke Schmerzen oder Koordinationsprobleme, ist eine schnelle Untersuchung wichtig. Denn manchmal steckt eine ernsthafte Erkrankung dahinter, die behandelt werden muss. In anderen Fällen bleibt das Empfindungsdefizit harmlos und hat keine weiteren Folgen.

Wie wird eine Hypästhesie untersucht?

Um herauszufinden, warum das Gefühl an einer bestimmten Stelle vermindert ist, wird zunächst die genaue Ausprägung der Hypästhesie geprüft. Ärztinnen und Ärzte testen, wie gut Berührungen, Kälte, Wärme oder Schmerzen wahrgenommen werden. Sie vergleichen die betroffene Körperregion mit der gesunden Gegenseite, um Unterschiede festzustellen.

Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen folgen, zum Beispiel eine Überprüfung der Nervenleitung mit speziellen Messgeräten, Blutuntersuchungen oder bildgebende Verfahren wie ein MRT. Ziel ist es, die Ursache zu finden und zu klären, ob eine Behandlung notwendig ist.

Behandlungsmöglichkeiten und was selbst getan werden kann

Die Therapie richtet sich immer nach der zugrunde liegenden Ursache. Liegt etwa ein eingeklemmter Nerv vor, kann manchmal schon eine Entlastung oder gezielte Physiotherapie helfen. Bei entzündlichen Erkrankungen werden oft Medikamente eingesetzt, um die Entzündung zu stoppen. Ist eine Grunderkrankung wie Diabetes der Auslöser, steht die bestmögliche Einstellung des Blutzuckers im Vordergrund.

Manchmal lässt sich das normale Gefühlsempfinden vollständig wiederherstellen, manchmal bleiben leichte Einschränkungen zurück. In vielen Fällen hilft es, die betroffene Stelle vor Verletzungen zu schützen, da das Warnsignal „Schmerz“ abgeschwächt sein kann. Wer bemerkt, dass er sich häufiger schneidet, verbrennt oder stößt, sollte besonders achtsam sein.

Zusammenhang mit anderen Empfindungsstörungen

Neben der Hypästhesie gibt es weitere Formen von Sensibilitätsstörungen. Dazu gehört die sogenannte Hyperästhesie, bei der Berührungen oder Schmerzen übermäßig stark empfunden werden. Auch das völlige Fehlen von Gefühl, die Anästhesie, ist möglich. Manchmal treten mehrere Empfindungsstörungen gemeinsam auf, etwa bei einem sensomotorischen Defizit, das zusätzlich auch die Bewegung beeinträchtigen kann. Mehr dazu gibt es im Artikel zum Sensomotorischen Defizit. Wer sich für die Wahrnehmung von tieferen Körperstrukturen interessiert, findet unter Tiefensensibilität weitere Informationen.

Wann sollte ärztlicher Rat eingeholt werden?

Nicht jedes Taubheitsgefühl ist ein Grund zur Sorge. Hält die Hypästhesie jedoch länger an, verschlechtert sich oder treten weitere Beschwerden auf, ist eine ärztliche Abklärung sinnvoll. Besonders bei plötzlichen Ausfällen, die mit Schwäche, Sprachstörungen oder Sehstörungen einhergehen, sollte rasch gehandelt werden. Auch wenn Unsicherheit besteht, ob eine Grunderkrankung vorliegt, kann ein Gespräch mit einer Fachperson helfen, die Situation besser einzuschätzen.

Oft lässt sich durch gezielte Diagnostik und Behandlung eine deutliche Besserung erreichen. Wichtig ist, aufmerksam auf Veränderungen im eigenen Körper zu achten und bei Unklarheiten nicht zu lange zu warten.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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