Hydrozephalus: Zu viel Flüssigkeit im Kopf

Hydrozephalus: Zu viel Flüssigkeit im Kopf

07.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Hydrozephalus bezeichnet eine krankhafte Erweiterung der mit Flüssigkeit gefüllten Hohlräume im Gehirn, weil das Gleichgewicht zwischen Bildung, Umlauf und Aufnahme dieser Flüssigkeit gestört ist. Im Alltag spricht man oft auch von einem „Wasserkopf“. Die Flüssigkeit, um die es hier geht, nennt sich Liquor oder auch Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit. Sie umspült das Gehirn und das Rückenmark, schützt vor Erschütterungen und sorgt dafür, dass Nährstoffe transportiert werden.

Was passiert im Kopf bei einem Hydrozephalus?

Im Inneren des Gehirns gibt es kleine Hohlräume, die sogenannten Ventrikel. Diese sind normalerweise mit Liquor gefüllt, der ständig neu gebildet und wieder abtransportiert wird. Kommt es an irgendeiner Stelle zu einer Blockade, staut sich die Flüssigkeit auf. Sie kann nicht mehr richtig abfließen oder wird nicht in ausreichendem Maß aufgenommen. Dadurch steigt der Druck im Schädel, die Hohlräume dehnen sich aus. Das kann auf das umliegende Hirngewebe drücken und es schädigen.

Es gibt verschiedene Formen: Manchmal ist der Abfluss der Flüssigkeit direkt blockiert, zum Beispiel durch eine angeborene Engstelle, eine Entzündung oder einen Tumor. In anderen Fällen bildet der Körper zu viel Liquor oder kann ihn nicht richtig aufnehmen. Der Hydrozephalus kann angeboren sein, sich aber auch im Laufe des Lebens entwickeln, etwa nach einer Hirnblutung, einer Infektion oder bei älteren Menschen ohne erkennbare Ursache.

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Wie macht sich ein Hydrozephalus bemerkbar?

Die Beschwerden hängen davon ab, wie schnell und in welchem Alter sich der Druck aufbaut. Bei Babys, deren Schädelknochen noch nicht fest verwachsen sind, kann sich der Kopf sichtbar vergrößern. Die Fontanelle, die weiche Stelle am Kopf, wölbt sich nach außen. Oft sind die Kinder ungewöhnlich schläfrig, trinken schlecht oder haben Erbrechen.

Bei älteren Kindern und Erwachsenen zeigen sich andere Anzeichen. Typisch sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Sehstörungen. Manche berichten über Gangunsicherheit, Konzentrationsprobleme oder Veränderungen im Verhalten. Wenn der Druck langsam ansteigt, können die Symptome schleichend kommen und werden manchmal erst spät erkannt.

Eine besondere Form ist der sogenannte „Normaldruckhydrozephalus“, der meist ältere Menschen betrifft. Hier stehen Gangstörungen, Vergesslichkeit und eine überaktive Blase im Vordergrund. Die Beschwerden entwickeln sich oft langsam und werden leicht mit einer Demenz verwechselt.

Ist ein Hydrozephalus gefährlich?

Viele fragen sich, wie ernst diese Diagnose ist. Ein unbehandelter Hydrozephalus kann das Gehirn dauerhaft schädigen. Besonders bei Babys und Kleinkindern kann es zu Entwicklungsverzögerungen oder bleibenden Schäden kommen, wenn der Druck nicht rechtzeitig gesenkt wird. Auch bei Erwachsenen besteht die Gefahr, dass wichtige Hirnfunktionen beeinträchtigt werden. Deshalb ist eine rasche Diagnose und Behandlung wichtig.

Die Vorstellung eines „Wasserkopfes“ löst oft Unsicherheit und Angst aus. Viele fragen sich, ob der Kopf platzen kann, ob man geistig behindert wird oder wie das Leben nach der Behandlung aussieht. Ein Hydrozephalus ist zwar eine ernste Erkrankung, doch moderne Medizin hat gute Möglichkeiten, den Druck zu regulieren und Folgeschäden zu verhindern. Entscheidend ist, die Ursache zu finden und gezielt zu behandeln.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapie richtet sich immer nach der Ursache und dem Alter. Meist ist ein Eingriff nötig, um den überschüssigen Liquor abzuleiten. Am häufigsten wird ein sogenannter Shunt eingesetzt. Das ist ein dünner Schlauch, der die Flüssigkeit aus dem Gehirn ableitet, zum Beispiel in den Bauchraum. Der Shunt bleibt dauerhaft im Körper und sorgt dafür, dass der Druck im Schädel normal bleibt.

Manchmal kann eine sogenannte endoskopische Operation helfen. Dabei wird ein kleiner Kanal im Gehirn geschaffen, durch den die Flüssigkeit wieder abfließen kann. Welche Methode infrage kommt, hängt von der genauen Form des Hydrozephalus ab. Medikamente allein reichen in den meisten Fällen nicht aus.

Nach der Behandlung sind regelmäßige Kontrollen wichtig. Es kann vorkommen, dass ein Shunt verstopft oder sich verschiebt. Auch Infektionen sind möglich, aber insgesamt sind die Aussichten heute deutlich besser als noch vor einigen Jahrzehnten. Viele Menschen mit Hydrozephalus können ein weitgehend normales Leben führen, wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt und behandelt wird.

Leben mit Hydrozephalus

Nach der Diagnose stellen sich viele Fragen zum Alltag. Kann man Sport treiben? Ist ein normales Leben möglich? Muss man ständig mit Komplikationen rechnen? Die meisten Kinder und Erwachsenen mit gut behandeltem Hydrozephalus entwickeln sich altersgerecht und können ganz normal am Alltag teilnehmen. Einschränkungen gibt es meist nur, wenn der Druck zu lange zu hoch war oder andere Erkrankungen hinzukommen.

Wichtig ist, auf Warnzeichen wie starke Kopfschmerzen, wiederholtes Erbrechen oder plötzliche Wesensveränderungen zu achten, dann sollte schnell ein Arzt aufgesucht werden. Bei Unsicherheiten helfen spezialisierte Zentren oder Selbsthilfegruppen weiter.

Hydrozephalus ist heute kein Schicksal mehr, das zwangsläufig zu schweren Behinderungen führt. Mit moderner Behandlung, regelmäßigen Kontrollen und etwas Aufmerksamkeit für die eigenen Bedürfnisse ist ein erfülltes Leben gut möglich.

Wissenschaftliche Quellen

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  • Kiefer M, Unterberg A. The differential diagnosis and treatment of normal-pressure hydrocephalus. Dtsch Arztebl Int. 2012;109(1–2):15–25. doi:10.3238/arztebl.2012.0015

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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