Funikuläre Myelose: Wenn Vitamin B12 fehlt

Funikuläre Myelose: Wenn Vitamin B12 fehlt

07.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Die funikuläre Myelose ist eine Erkrankung des Rückenmarks, bei der bestimmte Nervenbahnen durch einen Mangel an Vitamin B12 geschädigt werden. Dabei kommt es vor allem zu Veränderungen in den sogenannten Hintersträngen des Rückenmarks, die für die Weiterleitung von Empfindungen wie Berührung, Vibration und die Wahrnehmung der eigenen Körperposition verantwortlich sind.

Wie entsteht eine funikuläre Myelose?

Ursache der funikulären Myelose ist fast immer ein länger bestehender Vitamin B12 Mangel. Dieses Vitamin ist entscheidend für die Bildung und Erhaltung der Schutzhülle von Nervenfasern, dem sogenannten Myelin. Fehlt Vitamin B12 über einen längeren Zeitraum, können die Nerven im Rückenmark nicht mehr richtig arbeiten. Besonders betroffen sind dabei die sogenannten Hinterstränge und Seitenstränge des Rückenmarks. Diese Bereiche sind für feine Tastempfindungen und die Steuerung von Bewegungen zuständig. Der Begriff „funikulär“ bezieht sich auf diese Nervenstränge.

Ein Vitamin B12 Mangel entsteht häufig durch eine gestörte Aufnahme im Magen oder Darm, etwa bei einer chronischen Magenschleimhautentzündung, nach einer Operation am Magen oder durch bestimmte Autoimmunerkrankungen wie die perniziöse Anämie. Auch Menschen, die sich streng vegan ernähren und keine Vitamin B12 Präparate einnehmen, können betroffen sein, da das Vitamin fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt.

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Welche Beschwerden treten auf?

Typisch für die funikuläre Myelose sind zunächst Empfindungsstörungen. Das können Kribbeln, Taubheitsgefühle oder ein „Ameisenlaufen“ in den Füßen und Händen sein. Viele bemerken auch, dass sie die Lage ihrer Gliedmaßen schlechter einschätzen können. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass das Gehen unsicher wird oder die Beine „wie aus Watte“ erscheinen. Im weiteren Verlauf kann sich die Schwäche auf die Muskulatur ausbreiten, was das Treppensteigen oder Aufstehen erschwert. In schweren Fällen werden die Reflexe schwächer oder fallen ganz aus.

Häufig kommen auch psychische Veränderungen hinzu, wie Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit oder depressive Verstimmungen. Manche berichten über eine ungewöhnliche Müdigkeit oder eine allgemeine Leistungsschwäche. In seltenen Fällen treten auch Störungen der Blasenfunktion oder der Sexualität auf.

Ist die funikuläre Myelose gefährlich?

Unbehandelt kann die funikuläre Myelose zu bleibenden Nervenschäden führen. Je länger der Vitamin B12 Mangel besteht, desto größer ist die Gefahr, dass sich die Beschwerden nicht mehr vollständig zurückbilden. Frühzeitig erkannt und behandelt, lassen sich die Symptome jedoch meist deutlich bessern oder sogar vollständig heilen. Das Risiko schwerer Verläufe ist besonders hoch, wenn die Ursache des Mangels nicht rechtzeitig gefunden und behoben wird.

Viele Menschen sorgen sich, ob sie dauerhaft auf Hilfe angewiesen sein werden oder ihre Mobilität verlieren. Diese Ängste sind verständlich, denn die Symptome können im Alltag stark einschränken. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass bei rechtzeitiger Therapie die Prognose meist gut ist.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose funikuläre Myelose basiert auf einer Kombination aus Beschwerden, körperlicher Untersuchung und Laborwerten. Ärztinnen und Ärzte prüfen zunächst, ob typische Empfindungsstörungen oder Bewegungsprobleme vorliegen. Im Labor zeigt sich häufig ein deutlich erniedrigter Vitamin B12 Spiegel im Blut. Weitere Hinweise können eine Blutarmut (Anämie) mit vergrößerten roten Blutkörperchen und bestimmte Veränderungen im sogenannten peripheren Blutbild sein.

Manchmal wird zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Rückenmarks durchgeführt, um andere Ursachen auszuschließen und die Schädigung der Nervenbahnen sichtbar zu machen. In seltenen Fällen sind weitere Untersuchungen notwendig, um die genaue Ursache des Vitaminmangels zu klären, etwa eine Magenspiegelung oder spezielle Bluttests.

Behandlung und was du selbst tun kannst

Die Therapie besteht darin, den Vitamin B12 Mangel schnell und ausreichend auszugleichen. Meist werden anfangs Vitamin B12 Spritzen gegeben, da der Körper das Vitamin über den Darm oft nicht mehr richtig aufnehmen kann. Sobald sich der Spiegel normalisiert hat, kann in vielen Fällen auf Tabletten umgestellt werden. Die Behandlung muss oft lebenslang fortgesetzt werden, insbesondere wenn die Aufnahme von Vitamin B12 dauerhaft gestört ist.

Wichtig ist, die Ursache des Mangels zu finden und wenn möglich zu beheben. Wer sich vegan oder vegetarisch ernährt, sollte regelmäßig den Vitamin B12 Spiegel kontrollieren lassen und bei Bedarf Präparate einnehmen. Nach einer Operation am Magen oder bei chronischen Magenproblemen kann eine dauerhafte Substitution notwendig sein.

Neben der medikamentösen Therapie helfen gezielte Physiotherapie und Ergotherapie, die Beweglichkeit und Koordination zu verbessern. Auch das Training von Gleichgewicht und Kraft kann dazu beitragen, wieder sicherer zu gehen und Stürze zu vermeiden.

Häufige Fragen und Sorgen

Viele fragen sich, ob die Beschwerden vollständig verschwinden. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen bessern sich die Symptome innerhalb weniger Wochen bis Monate nach Beginn der Behandlung deutlich. Je früher die Therapie startet, desto größer ist die Chance auf eine vollständige Rückbildung. Sind die Nerven bereits stark geschädigt, können jedoch Restsymptome zurückbleiben.

Auch die Angst vor einer erneuten Erkrankung ist verbreitet. Solange der Vitamin B12 Spiegel regelmäßig kontrolliert und rechtzeitig ausgeglichen wird, ist ein Rückfall unwahrscheinlich. Wichtig ist, die Ursache des Mangels zu kennen und die Therapie konsequent fortzuführen.

Manche sorgen sich, ob sie ihre Ernährung komplett umstellen müssen. In vielen Fällen reicht es aus, Vitamin B12 gezielt als Präparat einzunehmen. Wer sich unsicher ist, kann sich von einer Ernährungsberatung oder dem behandelnden Arzt beraten lassen.

Zusammenfassung

Die funikuläre Myelose ist eine ernste, aber gut behandelbare Erkrankung, die durch einen Mangel an Vitamin B12 entsteht. Typisch sind Empfindungsstörungen, Muskelschwäche und Unsicherheiten beim Gehen. Früh erkannt und richtig behandelt, stehen die Chancen auf eine vollständige Erholung meist sehr gut. Regelmäßige Kontrollen und eine angepasste Therapie helfen, Rückfälle zu vermeiden und die Lebensqualität zu erhalten.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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