Entmarkung und ihre Folgen im Nervensystem

Entmarkung und ihre Folgen im Nervensystem

10.09.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Entmarkung bezeichnet in der Medizin den Verlust oder die Schädigung der sogenannten Markscheide, einer schützenden Isolierschicht um Nervenfasern im Gehirn oder Rückenmark. Diese Schicht, auch Myelinscheide genannt, sorgt normalerweise dafür, dass elektrische Signale schnell und störungsfrei entlang der Nerven weitergeleitet werden.

Was passiert bei einer Entmarkung?

Bei einer Entmarkung werden einzelne Abschnitte dieser schützenden Hülle abgebaut oder zerstört. Das hat zur Folge, dass die betroffenen Nerven ihre Signale nicht mehr so effektiv weiterleiten können. In der Folge kann es zu verschiedenen Störungen kommen, die je nach Ort und Ausmaß der Entmarkung sehr unterschiedlich ausfallen. Die Entmarkung ist also keine eigenständige Krankheit, sondern beschreibt eine Veränderung, die durch verschiedene Erkrankungen ausgelöst werden kann.

Ganzen Befund übersetzen?

Du hast einen Arztbericht oder Befund den du nicht verstehst? Dann nutze Simply Onno, um dir diesen in einfache Sprache übersetzen und erklären zu lassen.

Mehr Infos

Wie entsteht eine Entmarkung?

Oft steckt hinter einer Entmarkung eine sogenannte entzündliche oder degenerative Erkrankung des Nervensystems. Ein bekanntes Beispiel ist die Multiple Sklerose (MS). Hier greift das Immunsystem fälschlicherweise die Markscheiden an, wodurch im Gehirn und Rückenmark kleine Narben oder Läsionen entstehen. Diese Veränderungen lassen sich meist im MRT (Magnetresonanztomographie) als helle Flecken erkennen. Daneben gibt es auch andere Ursachen, wie Durchblutungsstörungen, bestimmte Infektionen, Stoffwechselerkrankungen oder seltene genetische Defekte, die zu einer Entmarkung führen können.

Welche Beschwerden können auftreten?

Die Symptome einer Entmarkung hängen stark davon ab, welche Nervenfasern betroffen sind. Mögliche Anzeichen sind zum Beispiel Gefühlsstörungen, Kribbeln, Taubheit, Sehstörungen, Muskelschwäche oder Koordinationsprobleme. Auch Schwierigkeiten beim Sprechen, Schlucken oder der Kontrolle von Blase und Darm sind möglich, wenn bestimmte Bereiche des Nervensystems betroffen sind. Nicht immer treten alle Beschwerden gleichzeitig auf, und manchmal sind die Symptome nur vorübergehend.

Ist eine Entmarkung gefährlich?

Ob eine Entmarkung bedrohlich ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Entscheidend ist, was die Ursache für die Entmarkung ist und wie ausgeprägt die Veränderungen sind. Bei manchen Menschen bleibt eine leichte Entmarkung lange Zeit unbemerkt und verursacht keine Beschwerden. In anderen Fällen – etwa bei einer aktiven Multiplen Sklerose – können die Symptome rasch zunehmen oder immer wiederkehren. Viele Betroffene fragen sich, ob eine solche Veränderung im Gehirn oder Rückenmark zwangsläufig zu bleibenden Schäden führt. Das ist nicht immer der Fall: Es gibt auch Situationen, in denen sich die Markscheiden wieder teilweise regenerieren oder die Beschwerden zurückgehen.

Wie wird eine Entmarkung festgestellt?

Die Diagnose erfolgt meist mit Hilfe bildgebender Verfahren, insbesondere durch eine MRT-Untersuchung. Auf den Aufnahmen lassen sich typische Veränderungen erkennen, die auf eine Entmarkung hindeuten. Zusätzlich können weitere Untersuchungen wie Nervenwasser-Analysen oder spezielle Tests zur Nervenleitgeschwindigkeit notwendig sein, um die genaue Ursache zu klären. Die Beschreibung „Entmarkungsherd“ oder „entmarkende Läsion“ im Befund bedeutet, dass an dieser Stelle die Markscheide geschädigt ist.

Was bedeutet der Befund für den weiteren Verlauf?

Wer in einem Arztbrief oder MRT-Befund von einer Entmarkung liest, ist oft erst einmal verunsichert. Wichtig ist zu wissen: Die genaue Bedeutung hängt immer vom Gesamtbild ab. Ein einzelner Entmarkungsherd muss noch keine schwerwiegende Erkrankung bedeuten, besonders wenn keine Beschwerden bestehen oder andere Ursachen ausgeschlossen werden können. Erst in Zusammenschau mit den Symptomen, weiteren Untersuchungen und dem Verlauf lässt sich einschätzen, ob und welche Behandlung nötig ist.

Gibt es Behandlungsmöglichkeiten?

Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Bei entzündlichen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose stehen Medikamente zur Verfügung, die das Immunsystem beeinflussen und das Fortschreiten der Entmarkung bremsen können. Bei anderen Ursachen – etwa Durchblutungsstörungen oder Infektionen – wird gezielt gegen die Grunderkrankung vorgegangen. In manchen Fällen ist auch eine Rehabilitation mit Physiotherapie oder Ergotherapie sinnvoll, um die Funktionsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern. Die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten hängen stark von der individuellen Situation ab.

Wann sollte weiter abgeklärt werden?

Nicht jede Entmarkung erfordert sofort eine Therapie. Häufig wird empfohlen, die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu beobachten und bei neuen Beschwerden rasch ärztlichen Rat einzuholen. Besonders wichtig ist es, auf Veränderungen der Beweglichkeit, des Gefühls oder des Sehvermögens zu achten. Je früher die Ursache erkannt und behandelt wird, desto besser sind meist die Aussichten, bleibende Schäden zu verhindern.

Entmarkung ist also ein Begriff, der eine Veränderung im Nervensystem beschreibt, aber nicht automatisch eine schwere Erkrankung bedeutet. Die genaue Bedeutung und das weitere Vorgehen hängen immer vom Einzelfall ab.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

Jetzt ganzen Befund übersetzen