Endometriose: Wenn Regelschmerzen zum Problem werden

Endometriose: Wenn Regelschmerzen zum Problem werden

07.11.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst. Es kann an den Eierstöcken, am Bauchfell, an der Blase oder im Bereich des Darms auftreten. Weltweit sind nach Schätzungen etwa 10 bis 15 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter betroffen. In Deutschland geht man von rund zwei Millionen Patientinnen aus, viele von ihnen ohne gesicherte Diagnose.

Was steckt hinter der Diagnose?

Normalerweise befindet sich die Gebärmutterschleimhaut, das sogenannte Endometrium, nur in der Gebärmutter. Dort wird sie im Verlauf jedes Monatszyklus aufgebaut, um im Falle einer Schwangerschaft eine Eizelle aufnehmen zu können. Bleibt die Befruchtung aus, wird die Schleimhaut abgestoßen, und die Menstruation beginnt.

Bei Endometriose wachsen Zellen, die dem Endometrium sehr ähnlich sind, an anderen Stellen im Körper. Diese sogenannten Endometrioseherde reagieren auf die monatlichen Hormonschwankungen genauso wie die Schleimhaut in der Gebärmutter: Sie verdicken sich, bluten mit und können entzündliche Reaktionen auslösen.

Da das Blut außerhalb der Gebärmutter jedoch nicht abfließen kann, kommt es zu lokalen Entzündungen, Verklebungen und Narbenbildungen. Mit der Zeit kann das zu chronischen Schmerzen, Verwachsungen und in manchen Fällen zu Problemen mit der Fruchtbarkeit führen.

Dein Befund, verständlich erklärt.

Du hast einen Arztbericht oder Befund den du nicht verstehst? Dann nutze Simply Onno, um dir diesen in einfache Sprache übersetzen und erklären zu lassen.

Mehr Infos

Typische Beschwerden und Anzeichen

Die Beschwerden können sehr unterschiedlich sein, von leichten Bauchschmerzen bis zu massiven Einschränkungen im Alltag. Typisch sind starke, krampfartige Regelschmerzen, die über das normale Maß hinausgehen. Auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang sind häufig.

Viele Frauen berichten, dass sie Schmerzen nicht nur während der Periode, sondern auch an anderen Tagen des Zyklus haben. Einige klagen zusätzlich über chronische Müdigkeit, Verdauungsprobleme oder Rückenschmerzen.

Ein weiteres wichtiges Anzeichen ist ein unerfüllter Kinderwunsch. Schätzungen zufolge ist bei bis zu 50 Prozent der ungewollt kinderlosen Frauen eine Endometriose die Ursache.

Die Symptome sind jedoch so vielseitig, dass die Erkrankung oft über Jahre unerkannt bleibt. Im Durchschnitt dauert es in Deutschland acht bis zehn Jahre von den ersten Beschwerden bis zur richtigen Diagnose.

Ist Endometriose gefährlich?

Endometriose ist nicht lebensbedrohlich, kann aber das Leben erheblich belasten. Die Schmerzen, der unerfüllte Kinderwunsch und die hormonellen Schwankungen führen häufig zu emotionaler Erschöpfung, Schlafstörungen und sozialem Rückzug.

Die Erkrankung gilt als gutartig, sie entwickelt sich nicht zu Krebs. Dennoch kann sie chronisch verlaufen und in Schwere und Häufigkeit der Schübe zunehmen, wenn sie unbehandelt bleibt.

Studien zeigen, dass die Lebensqualität von Betroffenen deutlich sinken kann, vergleichbar mit der Belastung durch chronische Erkrankungen wie Rheuma oder Diabetes. Umso wichtiger ist eine frühe Diagnose und eine individuell angepasste Therapie.

Warum entsteht Endometriose?

Die genauen Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Es gibt mehrere Erklärungsansätze:

  • Retrograde Menstruation: Dabei gelangt Menstruationsblut über die Eileiter in den Bauchraum. Die Schleimhautzellen heften sich dort an und wachsen weiter.

  • Genetische Veranlagung: Wenn nahe Verwandte betroffen sind, ist das Risiko um das Sechs- bis Siebenfache erhöht.

  • Störungen des Immunsystems: Möglicherweise können körpereigene Abwehrzellen die versprengten Schleimhautzellen nicht ausreichend beseitigen.

  • Hormonelle Einflüsse: Ein hoher Östrogenspiegel scheint das Wachstum der Herde zu fördern.

Wichtig ist: Niemand ist schuld an einer Endometriose. Sie ist keine Folge von Fehlverhalten, sondern eine komplexe, körperlich bedingte Erkrankung.

Wie wird Endometriose festgestellt?

Die Diagnose kann eine Herausforderung sein, da die Symptome unspezifisch sind. Der Weg beginnt meist mit einem ausführlichen Gespräch über die Beschwerden und einer gynäkologischen Untersuchung.

Ein Ultraschall kann größere Zysten oder Herde sichtbar machen, aber kleinere Veränderungen bleiben oft unentdeckt.

Die sicherste Methode ist eine Bauchspiegelung (Laparoskopie). Dabei kann die Ärztin oder der Arzt die Endometrioseherde direkt sehen und bei Bedarf Gewebeproben entnehmen.

Zusätzlich helfen Blutuntersuchungen oder MRT-Aufnahmen, das Ausmaß der Erkrankung einzuschätzen und die bestmögliche Behandlung zu planen.

Was hilft bei Endometriose?

Die Therapie richtet sich nach dem Beschwerdebild, dem Alter und dem Kinderwunsch. Es gibt keine allgemeingültige Behandlung, sondern individuelle Ansätze, die sich kombinieren lassen.

Medikamentöse Behandlung:

Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Naproxen lindern die akuten Beschwerden. Hormonelle Therapien – etwa Antibabypillen, Gestagenpräparate oder GnRH-Analoga – können das Wachstum der Herde bremsen und die Schmerzen reduzieren.

Operative Therapie:

Wenn Medikamente nicht ausreichen oder ein Kinderwunsch besteht, kann eine Bauchspiegelung mit Entfernung der Herde helfen. Studien zeigen, dass sich dadurch die Fruchtbarkeit in vielen Fällen verbessert.

Ganzheitliche Ansätze:

Viele Patientinnen profitieren von ergänzenden Maßnahmen wie Physiotherapie, Akupunktur, Ernährungsumstellung und Entspannungsübungen. Auch psychologische Unterstützung kann helfen, besser mit den chronischen Schmerzen umzugehen.

Leben mit Endometriose

Die Diagnose löst häufig Unsicherheit aus: Wie stark wird mein Leben beeinflusst? Kann ich Kinder bekommen? Werde ich jemals schmerzfrei sein?

Solche Fragen sind verständlich, denn Endometriose ist eine Erkrankung, die oft unterschätzt wird.

Viele Betroffene berichten, dass es hilft, den eigenen Körper besser zu verstehen und bewusst mit den Symptomen umzugehen. Dazu gehört auch, Belastungen zu reduzieren, ausreichend zu schlafen und regelmäßig Bewegung in den Alltag einzubauen.

Der Austausch mit anderen Betroffenen, etwa über Selbsthilfegruppen oder Online-Foren, kann Mut machen und wertvolle Tipps bieten. In Deutschland gibt es zahlreiche Endometriose-Zentren, die auf die Diagnose und Behandlung spezialisiert sind.

Was kann man selbst tun, um Beschwerden zu lindern?

Auch wenn Endometriose nicht heilbar ist, können Betroffene selbst viel dazu beitragen, ihre Beschwerden zu verringern und das Wohlbefinden zu verbessern:

  • Bewegung: Regelmäßige, moderate Bewegung wie Yoga, Schwimmen oder Radfahren kann Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen.

  • Wärme: Eine Wärmflasche oder ein warmes Bad kann Muskelverspannungen lösen und die Durchblutung fördern.

  • Ernährung: Eine entzündungshemmende Ernährung mit viel Gemüse, Vollkornprodukten, Omega-3-Fettsäuren und wenig Zucker wirkt sich positiv auf den Hormonhaushalt aus.

  • Stressmanagement: Entspannungsmethoden wie Atemübungen oder Meditation können helfen, Schmerzreize zu verringern.

  • Tagebuch führen: Ein Zyklus- und Schmerztagebuch hilft, Auslöser zu erkennen und die Behandlung besser anzupassen.

Auch der Austausch mit spezialisierten Ärztinnen und Ärzten ist entscheidend. Eine Therapie, die Medikamente, Lebensstil und mentale Unterstützung kombiniert, bietet langfristig die besten Ergebnisse.

Fazit

Endometriose ist eine gutartige, aber chronische Erkrankung, die ernst genommen werden sollte. Sie betrifft Millionen von Frauen und kann viele Lebensbereiche beeinflussen – körperlich, emotional und sozial.

Je früher sie erkannt wird, desto besser lassen sich die Beschwerden kontrollieren und die Lebensqualität erhalten. Mit der richtigen Behandlung, einem bewussten Umgang mit dem eigenen Körper und guter medizinischer Begleitung ist ein erfülltes, aktives Leben trotz Endometriose möglich.

Wissenschaftliche Quellen

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

Mit dem Latein am Ende?

Du willst einfach nur wissen, was dein Befund bedeutet?
Wir erklären ihn dir. Kostenlos, anonym und ärztlich geprüft.

Simply Onno

Datenschutz

Impressum

AGB