Dysmorphien sind sichtbare oder wahrgenommene Veränderungen am Körper, bei denen das äußere Erscheinungsbild von der üblichen Form, Größe oder Struktur abweicht. Der Begriff stammt aus dem Griechischen – „dys“ steht für „abweichend“ oder „gestört“, „morph“ bedeutet „Gestalt“ oder „Form“. In der Medizin beschreibt eine Dysmorphie also das Vorhandensein von körperlichen Merkmalen, die nicht der Norm entsprechen.
Was steckt hinter dem Begriff?
Dysmorphien können viele verschiedene Ausprägungen haben. Sie betreffen entweder einzelne Körperteile wie das Gesicht, die Hände oder die Füße, manchmal aber auch größere Bereiche des Körpers. Typisch sind zum Beispiel eine ungewöhnliche Kopfform, abweichend geformte Ohren, eine breite Nasenwurzel oder besondere Veränderungen an Fingern und Zehen. Es gibt aber auch sehr milde Varianten, die kaum auffallen und nur bei genauer Untersuchung sichtbar werden.
Nicht immer sind Dysmorphien angeboren. Manche entwickeln sich erst im Laufe des Lebens, etwa durch Verletzungen, Erkrankungen oder andere äußere Einflüsse. In medizinischen Berichten oder Arztbriefen taucht der Begriff meist dann auf, wenn Ärztinnen und Ärzte auffällige körperliche Merkmale beschreiben, die für eine Diagnose oder weitere Abklärung wichtig sein könnten.
Wie entstehen Dysmorphien?
Häufig entstehen Dysmorphien bereits vor der Geburt, wenn sich bestimmte Gewebe oder Organe während der Entwicklung im Mutterleib nicht wie üblich ausbilden. Das kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Genetische Veränderungen spielen oft eine Rolle, manchmal sind auch äußere Einflüsse wie bestimmte Medikamente, Infektionen oder Mangelernährung in der Schwangerschaft beteiligt.
In anderen Fällen treten Dysmorphien als Teil eines sogenannten Syndroms auf. Das bedeutet, dass mehrere typische körperliche Besonderheiten gemeinsam auftreten und auf eine zugrunde liegende Erkrankung oder genetische Besonderheit hindeuten. Ein bekanntes Beispiel ist das Down-Syndrom, bei dem bestimmte Gesichtsmerkmale und andere körperliche Auffälligkeiten gemeinsam vorkommen.
Es gibt aber auch Dysmorphien, die durch Unfälle, Krankheiten oder Operationen entstehen, etwa nach schweren Verletzungen oder Verbrennungen. In diesen Fällen spricht man manchmal auch von erworbenen Dysmorphien.
Wann sind Dysmorphien ein Grund zur Sorge?
Viele Menschen machen sich Sorgen, wenn im Arztbrief von Dysmorphien die Rede ist. Die Unsicherheit ist verständlich: Was bedeutet das für die eigene Gesundheit? Ist eine Behandlung notwendig? Nicht jede Dysmorphie ist gleichbedeutend mit einer schweren Erkrankung. Viele körperliche Besonderheiten sind harmlos und haben keinerlei Auswirkungen auf das Wohlbefinden oder die Lebensqualität.
Oft stellen Ärztinnen und Ärzte fest, dass einzelne Merkmale zwar auffällig sind, aber keine weiteren gesundheitlichen Probleme verursachen. In diesen Fällen besteht meist kein Grund zur Besorgnis. Erst wenn mehrere Dysmorphien gleichzeitig auftreten oder weitere Symptome hinzukommen, kann eine genauere Abklärung sinnvoll sein. Dann wird untersucht, ob eine genetische Erkrankung, ein Syndrom oder eine andere Grunderkrankung vorliegt.
Was passiert nach dem Befund?
Wenn Dysmorphien festgestellt werden, schauen sich Fachleute zunächst das gesamte Bild an. Gibt es noch weitere Auffälligkeiten? Liegen Entwicklungsverzögerungen, gesundheitliche Probleme oder familiäre Besonderheiten vor? Manchmal werden zusätzliche Untersuchungen veranlasst, etwa genetische Tests, Ultraschall oder spezielle bildgebende Verfahren. Ziel ist es, mögliche Ursachen zu erkennen und – falls nötig – gezielt behandeln zu können.
In vielen Fällen bleibt es aber bei der Feststellung einer einzelnen, harmlosen Abweichung. Dann ist keine weitere Behandlung notwendig. Wichtig ist, dass Dysmorphien allein selten ein Grund für eine Therapie sind, sondern meist als Hinweis auf mögliche Zusammenhänge dienen.
Umgang mit dem eigenen Körperbild
Die Wahrnehmung von Dysmorphien kann sehr unterschiedlich sein. Manche Menschen nehmen kleine Abweichungen gar nicht wahr, andere empfinden sie als belastend. Gerade im Jugendalter oder bei stark sichtbaren Merkmalen kann das Selbstwertgefühl leiden. Es ist wichtig zu wissen, dass jeder Mensch individuelle körperliche Merkmale hat und „Normen“ oft sehr weit gefasst sind.
In seltenen Fällen entwickelt sich aus der Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen eine sogenannte Körperdysmorphe Störung. Dabei besteht eine starke, oft unbegründete Unzufriedenheit mit bestimmten Körperbereichen, die im Alltag stark belastet. Hier kann psychologische Unterstützung hilfreich sein.
Wann sollte weiter abgeklärt werden?
Wenn mehrere Dysmorphien gemeinsam auftreten oder zusätzlich gesundheitliche Probleme bestehen, kann eine weiterführende Diagnostik sinnvoll sein. Gerade bei Kindern achten Ärztinnen und Ärzte auf die Entwicklung und das Zusammenspiel verschiedener Merkmale. Eine genetische Beratung kann helfen, Unsicherheiten zu klären und mögliche Zusammenhänge zu erkennen.
Für die meisten Menschen mit einzelnen Dysmorphien bleibt es jedoch bei einer Besonderheit, die keine weiteren Folgen hat. Entscheidend ist immer das Gesamtbild und das persönliche Empfinden.
Dysmorphien sind also in erster Linie eine medizinische Beschreibung für körperliche Besonderheiten. Sie müssen nicht zwangsläufig krankhaft sein oder behandelt werden. Erst wenn weitere Auffälligkeiten oder Beschwerden hinzukommen, wird genauer hingeschaut. Im Zweifel lohnt sich immer ein offenes Gespräch mit der behandelnden Fachperson, um Unsicherheiten auszuräumen und die nächsten Schritte gemeinsam zu besprechen.