Autoimmunhepatitis – Wenn die Leber leidet

Autoimmunhepatitis – Wenn die Leber leidet

18.09.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Autoimmunhepatitis ist eine chronische Entzündung der Leber, bei der das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise gesundes Lebergewebe angreift.

Wenn das Immunsystem die Leber ins Visier nimmt

Normalerweise schützt das Immunsystem vor Krankheitserregern wie Viren oder Bakterien. Bei einer Autoimmunhepatitis richtet sich diese Abwehr jedoch gegen die eigenen Leberzellen. Es entstehen Entzündungen, die über längere Zeit hinweg das Lebergewebe schädigen können. Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, doch vermutlich spielen erbliche Faktoren und bestimmte Auslöser wie Infektionen eine Rolle.

Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, häufig sind jedoch Frauen betroffen. Viele bemerken zunächst keine oder nur sehr unspezifische Beschwerden. Erst im Verlauf zeigen sich Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, manchmal auch Gelbsucht (eine gelbliche Verfärbung der Haut und Augen), dunkler Urin oder Schmerzen im rechten Oberbauch. Manche Menschen entdecken die Krankheit zufällig bei einer Blutuntersuchung, wenn die Leberwerte erhöht sind.

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Was bedeutet die Diagnose für den Alltag?

Die Diagnose Autoimmunhepatitis klingt zunächst beunruhigend, vor allem weil das Wort „chronisch“ auftaucht. Das bedeutet, dass die Entzündung dauerhaft besteht und nicht einfach von selbst wieder verschwindet. Ohne Behandlung kann die Krankheit fortschreiten und zu bleibenden Schäden an der Leber führen, etwa zu einem sogenannten Leberparenchymschaden. In schweren Fällen kann sich daraus eine Leberzirrhose entwickeln, bei der das Organ zunehmend vernarbt und seine Aufgaben nicht mehr richtig erfüllt.

Viele fragen sich nach der Diagnose: Muss ich mein Leben komplett umstellen? Wie gefährlich ist die Erkrankung wirklich? Tatsächlich hängt der Verlauf stark davon ab, wie früh die Krankheit erkannt und behandelt wird. Mit der richtigen Therapie lässt sich das Fortschreiten meist deutlich bremsen oder sogar stoppen. Die meisten Menschen können mit einer Autoimmunhepatitis ein weitgehend normales Leben führen, wenn sie regelmäßig ärztlich kontrolliert werden und ihre Medikamente einnehmen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Um die Entzündung zu stoppen und das Immunsystem zu bremsen, kommen meist Medikamente zum Einsatz, die die körpereigene Abwehr dämpfen. Am häufigsten werden sogenannte Kortikosteroide wie Prednisolon verschrieben. Sie wirken entzündungshemmend und können die Beschwerden oft rasch lindern. Häufig wird zusätzlich Azathioprin gegeben, ein Mittel, das die überschießende Immunreaktion weiter unterdrückt.

Die Therapie wird individuell angepasst. Ziel ist immer, die Entzündung möglichst vollständig zum Stillstand zu bringen und die Leber zu schützen. Im Verlauf werden die Medikamente oft schrittweise reduziert, manchmal reicht später eine geringe Erhaltungsdosis aus. Wichtig ist, die Einnahme nicht eigenmächtig abzubrechen, auch wenn die Beschwerden nachlassen. Sonst kann die Entzündung wieder aufflammen.

In seltenen Fällen, wenn die Medikamente nicht ausreichend wirken oder die Leber bereits stark geschädigt ist, kann eine Lebertransplantation notwendig werden. Das ist jedoch die Ausnahme.

Ängste und häufige Fragen

Die Diagnose wirft viele Fragen auf. Ist die Krankheit ansteckend? Hier kann Entwarnung gegeben werden: Autoimmunhepatitis wird nicht durch Viren oder Bakterien verursacht und ist nicht übertragbar. Auch die Sorge, dass das eigene Verhalten die Krankheit ausgelöst hat, ist unbegründet. Es handelt sich um eine Fehlsteuerung des Immunsystems, auf die niemand direkten Einfluss hat.

Viele machen sich Gedanken über die Zukunft. Kann die Leber sich wieder erholen? Wie hoch ist das Risiko für Spätfolgen? Mit konsequenter Behandlung und regelmäßigen Kontrollen stehen die Chancen gut, dass das Organ lange funktionsfähig bleibt. Leberzellen besitzen eine erstaunliche Fähigkeit zur Regeneration – vorausgesetzt, die Entzündung wird gestoppt.

Im Alltag sind keine strengen Diäten oder besondere Einschränkungen nötig, solange die Leber noch gut arbeitet. Alkohol sollte möglichst gemieden werden, weil er die Leber zusätzlich belasten kann. Auch auf neue Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel sollte nur nach Rücksprache mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt zurückgegriffen werden.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose Autoimmunhepatitis ist nicht immer einfach, weil die Beschwerden oft unspezifisch sind. Meist werden zunächst die Leberwerte im Blut überprüft. Typisch sind erhöhte Werte für bestimmte Enzyme, die auf eine Entzündung hinweisen. Zusätzlich sucht man nach sogenannten Autoantikörpern – das sind Eiweiße, die das Immunsystem gegen die eigenen Zellen bildet. Verschiedene Typen dieser Antikörper können im Blut nachgewiesen werden und geben Hinweise auf die Form der Erkrankung.

Manchmal ist eine kleine Gewebeprobe aus der Leber (Leberbiopsie) nötig, um das Ausmaß der Entzündung und mögliche Schäden genauer zu beurteilen.

Leben mit der Erkrankung

Mit einer chronischen Leberentzündung umzugehen, ist eine Herausforderung – nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen helfen, den Verlauf im Blick zu behalten und frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Viele Betroffene berichten, dass sie nach der ersten Schockphase einen guten Umgang mit der Krankheit finden und sich im Alltag kaum eingeschränkt fühlen.

Wichtig ist, sich bei Unsicherheiten oder neuen Beschwerden nicht zu scheuen, medizinischen Rat einzuholen. Bei Fragen zu Medikamenten, Impfungen oder anderen Erkrankungen hilft das behandelnde Team weiter. Auch Selbsthilfegruppen können eine wertvolle Unterstützung sein, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig Mut zu machen.

Wer frühzeitig handelt und die Behandlung konsequent umsetzt, hat gute Chancen, dass die Leber gesund bleibt und die Lebensqualität erhalten wird.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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