Apraxie Definition – Alltag und Bewegung verstehen

Apraxie Definition – Alltag und Bewegung verstehen

PD Dr. med. Witold Polanski

Apraxie bezeichnet eine Störung, bei der gezielte, erlernte Bewegungen nicht mehr korrekt ausgeführt werden können, obwohl keine Lähmung oder Koordinationsstörung vorliegt und das Verständnis für die Aufgabe erhalten bleibt.

Was steckt hinter dem Begriff?

Der Begriff Apraxie stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Handlungsunfähigkeit“. In der Medizin beschreibt er eine Beeinträchtigung, bei der alltägliche Handlungen plötzlich schwerfallen, obwohl die Muskeln funktionieren und das Bewusstsein für die Aufgabe da ist. Wer von Apraxie betroffen ist, kann zum Beispiel Schwierigkeiten haben, einfache Bewegungsabläufe wie das Zähneputzen, Anziehen oder das Benutzen von Besteck korrekt durchzuführen. Die Aufforderung wird verstanden, die eigentliche Ausführung misslingt jedoch.

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Wie zeigt sich Apraxie im Alltag?

Typisch für eine Apraxie ist, dass vertraute Tätigkeiten nicht mehr wie gewohnt gelingen. Es kann passieren, dass eine Person eine Gabel zwar sieht und erkennt, aber nicht mehr weiß, wie sie diese zum Mund führen soll. Oder es fällt schwer, eine Jacke richtig anzuziehen, selbst wenn die Beweglichkeit der Arme und Hände nicht eingeschränkt ist. Besonders auffällig wird das Problem häufig dann, wenn eine Handlung aus mehreren Schritten besteht.

Oft bleibt die Muskelkraft erhalten, ebenso das Verständnis für die Aufgabe. Trotzdem „hakt“ es im Ablauf. Das kann sehr frustrierend sein, vor allem, weil Außenstehende manchmal annehmen, es handele sich um Vergesslichkeit oder mangelnde Anstrengung. Tatsächlich liegt die Ursache aber im Gehirn – genauer: in den Bereichen, die Bewegungspläne speichern und abrufen.

Ursachen und Hintergründe

Eine Apraxie entsteht meist als Folge einer Schädigung bestimmter Hirnregionen. Besonders häufig tritt sie nach einem Schlaganfall auf, wenn Teile der Großhirnrinde betroffen sind. Auch andere Erkrankungen wie Demenz, Hirntumore oder schwere Kopfverletzungen können eine Rolle spielen. Die gesunden Muskeln und Nervenbahnen sind dabei nicht direkt betroffen, sondern die Steuerungszentren, die Bewegungsabläufe „organisieren“.

Die Art der Apraxie hängt davon ab, welche Hirnregion betroffen ist. Es gibt verschiedene Formen, zum Beispiel die ideomotorische Apraxie, bei der einfache Gesten nicht mehr ausgeführt werden können, oder die ideatorische Apraxie, bei der komplexe Handlungsabläufe gestört sind. In seltenen Fällen betrifft die Störung nur einen bestimmten Körperteil, etwa die Hand.

Ist Apraxie gefährlich?

Viele Menschen sind verunsichert, wenn sie in einem Arztbrief oder Befund erstmals von einer Apraxie lesen. Die Sorge, dauerhaft auf Hilfe angewiesen zu sein, ist verständlich. Wichtig zu wissen: Eine Apraxie ist zwar eine ernstzunehmende Störung, aber sie betrifft nicht das Denken, das Gedächtnis oder die Sprache direkt. Die Fähigkeit, Anweisungen zu verstehen oder sich zu orientieren, bleibt oft erhalten.

Wie stark die Beeinträchtigung im Alltag ist, hängt von der Ausprägung und der Ursache ab. Manche erleben nur leichte Unsicherheiten bei bestimmten Tätigkeiten, andere sind stärker eingeschränkt. Besonders bei plötzlichem Auftreten, etwa nach einem Schlaganfall, kann die Unsicherheit groß sein: Kommt die Bewegung zurück? Bleibt die Störung bestehen? Hier spielt die gezielte Behandlung eine entscheidende Rolle.

Was kann helfen?

Die Behandlung einer Apraxie richtet sich nach der Ursache und dem Ausmaß der Störung. Häufig kommen Ergotherapie und Physiotherapie zum Einsatz. Ziel ist es, Bewegungsabläufe zu üben, zu trainieren und neue Wege zu finden, um alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Therapeutinnen und Therapeuten arbeiten dabei eng mit den Betroffenen zusammen, um individuelle Lösungen zu entwickeln. Auch das Umfeld wird oft einbezogen, damit Angehörige verstehen, wie sie unterstützen können, ohne zu überfordern.

In manchen Fällen bessert sich die Apraxie mit der Zeit, vor allem wenn die Ursache behandelt werden kann oder sich das Gehirn teilweise erholt. Eine dauerhafte Einschränkung ist jedoch möglich, besonders wenn größere Hirnareale betroffen sind. Geduld und regelmäßiges Training sind dann wichtige Bausteine, um möglichst viel Selbstständigkeit zu bewahren.

Was bedeutet das für den Alltag?

Eine Apraxie kann den Alltag spürbar verändern. Viele Tätigkeiten, die früher selbstverständlich waren, müssen neu erlernt oder angepasst werden. Das kann zu Frustration führen, aber auch zu Missverständnissen im sozialen Umfeld. Es ist hilfreich, offen über die Störung zu sprechen und gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie bestimmte Aufgaben leichter gelingen.

Hilfsmittel, angepasste Abläufe und kleine Veränderungen im Tagesablauf können viel bewirken. Auch Pausen und ein ruhiges Umfeld helfen, Stress zu vermeiden und die Konzentration auf die Bewegung zu lenken. Besonders wichtig: Die Störung ist kein Zeichen von Faulheit oder mangelnder Intelligenz, sondern eine Folge der veränderten Steuerung im Gehirn.

Zusammenhang mit der Motorik

Apraxie ist eng mit dem Thema Motorik verbunden. Während bei motorischen Störungen die Muskelkraft, die Koordination oder das Zusammenspiel der Muskeln beeinträchtigt ist, liegt bei der Apraxie das Problem in der Planung und Ausführung von Bewegungen – obwohl die Muskeln an sich funktionieren. Die Unterscheidung ist wichtig, um gezielt behandeln zu können.

Apraxie ist also eine spezielle Form der Bewegungsstörung, bei der die „Anleitung“ aus dem Gehirn fehlt oder gestört ist. Wer betroffen ist, profitiert von Verständnis, Geduld und gezielter Unterstützung, um möglichst viel Selbstständigkeit und Lebensqualität zu erhalten.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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