Anurie – Plötzlich kein Urin mehr

Anurie – Plötzlich kein Urin mehr

18.09.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Anurie bedeutet, dass die Nieren kaum oder gar keinen Urin mehr produzieren. In der Medizin spricht man von Anurie, wenn die tägliche Urinmenge weniger als etwa 100 Milliliter beträgt – das ist weniger als ein halbes Glas Wasser in 24 Stunden.

Wenn plötzlich kein Urin mehr kommt

Normalerweise scheiden die Nieren täglich zwischen einem und zwei Litern Urin aus. Dieser Vorgang, auch als Miktion bezeichnet, ist ein wichtiger Teil der Körperregulation. Bei einer Anurie funktioniert dieser Mechanismus jedoch nicht mehr. Das bedeutet, dass der Körper kaum noch Flüssigkeit über den Urin loswird. Die Blase bleibt praktisch leer.

Für viele ist es zunächst ein Schock, wenn im Arztbrief plötzlich dieser Begriff auftaucht. Es stellt sich schnell die Frage: Wie schlimm ist das? Und was bedeutet das für den eigenen Alltag?

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Ursachen: Warum kommt es zur Anurie?

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb die Nieren ihre Arbeit einstellen. Häufig liegt eine schwere Erkrankung zugrunde, die entweder die Nieren selbst betrifft oder den Harnabfluss blockiert. Mediziner unterscheiden dabei grob zwischen drei Gruppen von Auslösern.

Manchmal kommt es vor, dass die Blutversorgung der Nieren gestört ist. Das kann zum Beispiel bei einem starken Blutverlust, schwerem Schock oder Herzversagen passieren. In anderen Fällen ist das Nierengewebe selbst geschädigt, etwa durch eine schwere Entzündung, Vergiftung oder bestimmte Medikamente. Eine dritte Möglichkeit: Der Urin kann zwar gebildet werden, aber er kann nicht abfließen – etwa weil ein Stein, eine vergrößerte Prostata oder ein Tumor die Harnwege verstopft.

Selten kann auch eine akute Verschlechterung einer bereits bestehenden Nierenerkrankung zu einer Anurie führen. In jedem Fall handelt es sich um eine ernstzunehmende Situation, die schnell erkannt und behandelt werden muss.

Was bedeutet das für den Körper?

Wenn kein Urin mehr ausgeschieden wird, sammeln sich im Körper schnell giftige Stoffwechselprodukte und überschüssiges Wasser an. Das kann zu Schwellungen, Müdigkeit, Übelkeit, Herzrhythmusstörungen oder sogar Bewusstseinsstörungen führen. Die sogenannte Urinausscheidung ist ein lebenswichtiger Prozess – fällt sie aus, drohen innerhalb kurzer Zeit schwere Komplikationen. Mehr über die Bedeutung und mögliche Warnsignale der Urinausscheidung findest du in diesem Artikel.

Ist Anurie gefährlich?

Eine Anurie ist immer ein medizinischer Notfall. Ohne Behandlung kann der Körper die angesammelten Giftstoffe und das überschüssige Wasser nicht loswerden. Das kann lebensbedrohlich werden, vor allem wenn die Ursache nicht rasch gefunden und behandelt wird. Wer bemerkt, dass über mehrere Stunden kein Urin mehr kommt, sollte unbedingt ärztliche Hilfe suchen.

Viele Menschen machen sich Sorgen, ob die Nieren bleibend geschädigt sind oder ob ein dauerhafter Dialysebedarf droht. Das lässt sich nicht pauschal beantworten: Es hängt ganz davon ab, wie schnell die Ursache gefunden und behandelt wird. Manchmal erholen sich die Nieren nach kurzer Zeit wieder, in anderen Fällen bleibt eine dauerhafte Einschränkung.

Wie wird Anurie behandelt?

Die Therapie richtet sich nach dem Auslöser. Zunächst versuchen Ärztinnen und Ärzte immer, die Ursache zu finden und zu beseitigen. Ist zum Beispiel ein Harnstein der Grund, wird versucht, diesen zu entfernen, damit der Urin wieder abfließen kann. Liegt eine schwere Entzündung oder Vergiftung vor, werden diese gezielt behandelt.

Manchmal ist es nötig, das Blut künstlich zu reinigen – das geschieht durch eine Dialyse. Sie übernimmt vorübergehend die Aufgaben der Nieren, bis sich diese erholen oder eine andere Lösung gefunden ist. Die Behandlung findet meist im Krankenhaus statt, oft sogar auf einer Intensivstation. Zusätzlich wird darauf geachtet, den Flüssigkeitshaushalt und die Elektrolyte im Körper zu überwachen und zu stabilisieren.

Was tun bei Unsicherheit oder Angst?

Die Diagnose Anurie löst häufig große Unsicherheit aus. Viele fragen sich: Kommt das wieder in Ordnung? Muss ich jetzt für immer zur Dialyse? Wie geht es weiter? All das sind verständliche Fragen, die sich erst im Verlauf beantworten lassen. Entscheidend ist, dass die Ursache so schnell wie möglich gefunden und behandelt wird. Je früher das gelingt, desto besser stehen die Chancen, dass sich die Nieren wieder erholen.

Es ist ratsam, bei auffälligen Veränderungen der Urinmenge oder anderen Beschwerden wie Schwellungen, Übelkeit oder Atemnot nicht zu zögern und medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch wenn die Situation beängstigend wirkt: Moderne Medizin kann in vielen Fällen helfen, die Nierenfunktion wiederherzustellen oder zumindest zu stabilisieren.

Weitere Informationen rund um die Harnwege

Wer sich allgemein für die Abläufe rund um das Wasserlassen interessiert, findet unter Miktion Bedeutung einen ausführlichen Überblick. Der Artikel Urinausscheidung erklärt, wie und warum der Körper Urin bildet – und welche Warnsignale auf Probleme hindeuten können.

Anurie ist ein medizinischer Fachbegriff für das vollständige oder fast vollständige Ausbleiben der Urinausscheidung. Dahinter steckt fast immer eine ernsthafte Ursache, die schnell behandelt werden muss. Wer betroffen ist, sollte sich nicht scheuen, Fragen zu stellen und sich eng mit dem Behandlungsteam abzustimmen. Die richtige Therapie und eine schnelle Reaktion können entscheidend sein, um die Nieren zu schützen und die Gesundheit zu bewahren.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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