Spondylolisthese: Was du über Wirbelgleiten wissen solltest

Spondylolisthese: Was du über Wirbelgleiten wissen solltest

25.01.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Spondylolisthese (Wirbelgleiten): Was der Befund bedeutet und was du jetzt tun kannst

Viele Menschen stolpern das erste Mal über den Begriff Spondylolisthese, wenn sie einen Befundbericht oder MRT-Auswertung erhalten. Oft steht dort etwas wie „Wirbelgleiten L5/S1, Meyerding Grad I“. Was bedeutet das? Ist das gefährlich? Und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

In diesem Artikel erfährst du, was eine Spondylolisthese genau ist, welche Ursachen und Symptome typisch sind, wie die Diagnose gestellt wird und welche Therapie dir helfen kann – verständlich erklärt, fachlich korrekt und speziell für Patient:innen, die Klarheit über ihren medizinischen Befund suchen.

Was ist eine Spondylolisthese?

Der medizinische Begriff Spondylolisthese beschreibt ein Wirbelgleiten, also das Verrutschen eines Wirbels nach vorne gegenüber dem darunterliegenden Wirbelkörper. Besonders häufig betrifft es die Lendenwirbelsäule, also den unteren Rücken. Der Wirbelkörper verliert dabei seine normale Position, was den Druck auf die umliegenden Strukturen verändern kann – vor allem auf Nerven und Bandscheiben. Dies führt letztendlich zu einer Verengung des Rückenmarkskanals mit Druck auf Rückenmark und Nerven (Spinalkanalstenose).

Diese Verschiebung kann durch verschiedene Ursachen entstehen. Manche Menschen haben bereits von Geburt an eine veränderte Struktur im Bereich der Wirbelbögen, was später zu einem Gleiten führen kann. Häufiger sind jedoch erworbene Formen: Durch langjährige Belastung, etwa bei bestimmten Sportarten (z. B. Turnen, Gewichtheben) oder durch natürlichen Verschleiß im Alter, wird die Stabilität der Wirbelsäule beeinträchtigt. Auch Übergewicht, Unfälle oder Erkrankungen des Bindegewebes können das Risiko erhöhen.

Während sich bei der Spondylolisthese ein Wirbel nach vorn verschiebt, spricht man bei einer Retrolisthese von einer Verschiebung nach hinten. Beide Formen können ähnliche Beschwerden verursachen, unterscheiden sich aber in der Richtung der Wirbelverschiebung.

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Typische Symptome und Beschwerden

Nicht jede Spondylolisthese verursacht sofort Schmerzen. Manche Menschen haben jahrelang ein Gleiten der Wirbel, ohne es zu bemerken. Doch mit zunehmender Instabilität können typische Symptome auftreten – allen voran Rückenschmerzen, die oft belastungsabhängig sind und sich bei bestimmten Bewegungen verstärken, etwa beim Zurückbeugen oder langem Stehen.

Manche Betroffene berichten über ein ziehendes Gefühl im unteren Rücken oder ausstrahlende Schmerzen in Gesäß und Beine, insbesondere wenn Nerven gereizt oder eingeengt sind. Dies wird auch als Neuralgie bezeichnet. Es kann zu Kribbeln, Taubheitsgefühlen oder in fortgeschrittenen Fällen sogar zu Lähmungen oder Problemen beim Wasserlassen und Stuhlgang kommen. Auch die Beweglichkeit ist oft eingeschränkt: Viele Menschen bewegen sich vorsichtiger oder meiden bestimmte Körperhaltungen, um Schmerzen zu vermeiden. Manchmal werden diese Beschwerden als LWS-Syndrom zusammengefasst.

Wie wird eine Spondylolisthese diagnostiziert?

Die Diagnose beginnt in der Regel mit einem Gespräch: Welche Beschwerden hast du? Wann treten sie auf? Wie stark sind die Schmerzen? Danach folgt eine körperliche Untersuchung, bei der geprüft wird, ob bestimmte Bewegungen Schmerzen auslösen, ob Druckschmerz im Bereich der Wirbelsäule besteht und ob neurologische Ausfälle vorliegen.

Zur genauen Beurteilung der Wirbelstellung sind bildgebende Verfahren notwendig. Ein Röntgenbild der Lendenwirbelsäule im seitlichen Strahlengang zeigt oft schon deutlich, ob ein Wirbel nach vorne gerutscht ist (Ventralversatz). In manchen MRT- oder Röntgenbefunden tauchen Begriffe wie Retrospondylose auf – damit sind meist rückwärtige Veränderungen oder Degenerationen der Wirbelsäule gemeint, die ebenfalls zu Schmerzen führen können.

Bei der Beurteilung der Wirbelsäule achtet der Arzt auch auf das Hinterkantenalignement, also die Ausrichtung der Wirbelrückseiten. Eine Stufe dort kann ein Hinweis auf Spondylolisthese sein. Der Schweregrad wird meist nach Meyerding eingeteilt – von Grad I (geringfügige Verschiebung) bis Grad IV (hochgradig). Ergänzend kann ein MRT (Magnetresonanztomographie) sinnvoll sein, vor allem wenn Nerven betroffen sind oder zusätzliche Probleme wie Bandscheibenvorfälle vermutet werden.

Wenn in deinem Arztbrief also „Spondylolisthese L5/S1“ steht, bedeutet das: Am Übergang zwischen dem letzten Lendenwirbel (L5) und dem Kreuzbein (S1) hat sich ein Wirbel verschoben. Der Grad und die Symptome bestimmen, wie ernst das zu nehmen ist – und welche Therapie in Frage kommt.

Behandlung: Was hilft bei Spondylolisthese?

Die gute Nachricht: Nicht jede Spondylolisthese muss operiert werden. In vielen Fällen genügt eine gezielte konservative Behandlung, um Beschwerden zu lindern und ein Fortschreiten zu verhindern. Entscheidend ist die individuelle Situation – also wie stark der Wirbel verrutscht ist und wie stark du unter den Symptomen leidest.

Bei leichten bis mittelschweren Fällen besteht die Therapie oft aus mehreren Bausteinen: Eine gezielte Physiotherapie zur Kräftigung der Rumpf- und Rückenmuskulatur kann die Wirbelsäule stabilisieren und Schmerzen reduzieren. Wichtig ist vor allem, die tief liegenden Muskeln, insbesondere die autochtone Rückenmuskulatur, zu trainieren. In der Physiotherapie werden dazu aktive Übungen, aber auch manuelle Techniken, Dehnungen und Elektrotherapie bis zur Schmerzgrenze eingesetzt (schmerzadaptiert).

Bei akuten Schmerzen können entzündungshemmende Medikamente oder Muskelrelaxantien sinnvoll sein, gegebenenfalls ergänzt durch Wärmebehandlungen oder TENS (transkutane Nervenstimulation).

Wenn jedoch starke Schmerzen, neurologische Ausfälle oder ein fortschreitendes Wirbelgleiten vorliegen, kann eine Operation notwendig sein. Dabei wird der verrutschte Wirbel in seine ursprüngliche Position gebracht und anschließend durch eine sogenannte Spondylodese (Wirbelversteifung) stabil mit dem angrenzenden Wirbel verbunden. Moderne Verfahren erlauben dabei oft eine minimalinvasive Technik mit verkürzter Rehabilitationszeit.

Leben mit Spondylolisthese: Alltag und Prognose

Eine Spondylolisthese kann den Alltag spürbar beeinflussen – muss aber nicht zu einem dauerhaften Problem werden. Entscheidend ist, dass du deinen Befund verstehst und die empfohlenen Maßnahmen ernst nimmst. Mit der richtigen Behandlung und einem angepassten Lebensstil lassen sich viele Beschwerden gut kontrollieren.

Im Alltag solltest du vor allem auf eine rückenschonende Haltung, das Vermeiden von schwerem Heben und das Vermeiden ruckartiger Bewegungen achten. Auch das Schlafverhalten kann beeinflusst sein – manchmal hilft ein orthopädisches Kissen oder eine spezielle Matratze, um nächtliche Beschwerden zu reduzieren. Wenn du im Beruf viel sitzt oder stehst, kann ein ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz helfen, die Wirbelsäule zu entlasten.

Viele Patient:innen profitieren von einem individuellen Trainingsprogramm, das langfristig Rückenschmerzen vorbeugt und die Beweglichkeit erhält. Auch nach einer Operation ist eine gute physiotherapeutische Betreuung entscheidend für den Heilungsverlauf.

Häufige Fragen zur Spondylolisthese

Muss eine Spondylolisthese immer behandelt werden?

Nicht unbedingt – entscheidend sind deine Beschwerden und der Grad der Verschiebung. Viele milde Fälle lassen sich konservativ gut in den Griff bekommen.

Kann ich mit Spondylolisthese Sport treiben?

Ja, aber mit Einschränkungen. Rückenschonende Sportarten wie Schwimmen, Nordic Walking oder gezieltes Krafttraining sind oft möglich – aber Sprungbelastungen, Kontaktsport oder intensives Hohlkreuz sollten vermieden werden.

Ist das Wirbelgleiten heilbar?

Das Gleiten selbst kann meist nicht rückgängig gemacht werden – aber die Beschwerden lassen sich häufig sehr gut behandeln.

Kann die Spondylolisthese schlimmer werden?

Ja, wenn sie unbehandelt bleibt oder bestimmte Belastungen nicht vermieden werden. Eine regelmäßige Kontrolle ist daher wichtig.

Fazit: Was du tun kannst, wenn dein Befund „Spondylolisthese“ lautet

Ein Befund mit dem Begriff „Spondylolisthese“ muss dich nicht beunruhigen – aber du solltest ihn ernst nehmen. Je früher du Bescheid weißt und entsprechend handelst, desto besser kannst du Schmerzen lindern, Beweglichkeit erhalten und Operationen vermeiden. Sprich offen mit deiner Ärztin oder deinem Arzt über mögliche Therapien, nutze physiotherapeutische Angebote

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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