Schulterschiefstand – Mehr als nur schief?

Schulterschiefstand – Mehr als nur schief?

06.07.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Was ist ein Schulterschiefstand?

Ein Schulterschiefstand beschreibt eine sichtbare Höhenabweichung der Schultern, bei der eine Schulter deutlich höher oder tiefer steht als die andere. Diese Asymmetrie kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und fällt oft beim Blick in den Spiegel oder beim Tragen von Kleidung auf.

Wie entsteht ein Schulterschiefstand?

Häufig liegt die Ursache für einen Schulterschiefstand in muskulären Ungleichgewichten oder Haltungsfehlern. Wer zum Beispiel regelmäßig eine schwere Tasche auf einer Seite trägt oder am Arbeitsplatz schief sitzt, belastet die Muskulatur einseitig. Die Folge: Die Muskeln auf einer Seite verkürzen oder verspannen sich, während sie auf der anderen Seite überdehnt werden. Auch einseitige Sportarten oder bestimmte Bewegungsgewohnheiten spielen eine Rolle.

In manchen Fällen steckt eine Veränderung der Wirbelsäule dahinter. Besonders bei einer sogenannten Skoliose – einer seitlichen Verkrümmung der Wirbelsäule – kann es zu einem Schulterschiefstand kommen. Verletzungen, angeborene Fehlbildungen oder Erkrankungen der Knochen und Gelenke sind weitere, wenn auch seltenere Auslöser.

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Was bedeutet das für den Alltag?

Im Alltag kann ein Schulterschiefstand zunächst vor allem kosmetisch auffallen. Kleidung sitzt schief, Rucksackträger rutschen immer von einer Seite, oder es entsteht das Gefühl, „schief“ zu stehen. Häufig bleibt es bei diesen optischen Veränderungen, ohne dass direkt Schmerzen auftreten.

Mit der Zeit kann ein ausgeprägter Schulterschiefstand jedoch zu Verspannungen, Nacken- oder Rückenschmerzen führen. Die Muskulatur muss dauerhaft ausgleichen, was auf Dauer zu einem Ungleichgewicht im gesamten Bewegungsapparat führen kann. Ist die Ursache eine Skoliose oder eine andere Wirbelsäulenveränderung, können weitere Beschwerden wie Bewegungseinschränkungen oder Belastungsschmerzen auftreten.

Muss man sich Sorgen machen?

Ein leichter Schulterschiefstand ist bei vielen Menschen zu beobachten und meist harmlos. Oft gleicht der Körper die kleine Asymmetrie problemlos aus. Erst wenn zusätzlich Schmerzen, Bewegungseinschränkungen oder eine deutliche Verschlechterung auftreten, sollte genauer hingeschaut werden.

Viele Menschen sorgen sich, ob hinter dem Schulterschiefstand eine ernsthafte Erkrankung steckt oder ob dauerhafte Schäden drohen. In den allermeisten Fällen ist das nicht der Fall. Dennoch lohnt es sich, die Ursache abklären zu lassen, vor allem wenn Beschwerden bestehen oder der Schiefstand plötzlich entsteht. Besonders bei Kindern und Jugendlichen kann ein Schulterschiefstand ein Hinweis auf eine beginnende Skoliose sein – hier ist eine frühzeitige Untersuchung wichtig, um das Wachstum der Wirbelsäule zu begleiten.

Welche Möglichkeiten zur Abklärung gibt es?

Zunächst erfolgt meist eine körperliche Untersuchung. Die Ärztin oder der Arzt betrachtet die Haltung im Stehen und Sitzen, prüft die Beweglichkeit der Schultern und tastet die Muskulatur ab. Oft lässt sich bereits so erkennen, ob muskuläre Verspannungen, Haltungsfehler oder strukturelle Veränderungen vorliegen.

In manchen Fällen sind weiterführende Untersuchungen sinnvoll. Mit Röntgenaufnahmen kann die Wirbelsäule auf Verkrümmungen oder Verschiebungen untersucht werden. Bei Verdacht auf eine Skoliose oder andere knöcherne Veränderungen geben bildgebende Verfahren wie MRT oder CT zusätzliche Hinweise. Besteht der Verdacht auf eine funktionelle Ursache, etwa durch Muskelverspannungen, reicht oft die genaue körperliche Untersuchung aus.

Was kann helfen?

Die Behandlung hängt von der Ursache und dem Ausmaß des Schulterschiefstands ab. Liegt ein muskuläres Ungleichgewicht oder eine Fehlhaltung vor, helfen gezielte physiotherapeutische Übungen, um die Muskulatur auszugleichen und die Haltung zu verbessern. Eine aufrechte Sitzposition, regelmäßige Bewegung und das Vermeiden einseitiger Belastungen unterstützen die Rückbildung des Schiefstands.

Bei einer Skoliose oder anderen strukturellen Veränderungen der Wirbelsäule richtet sich das weitere Vorgehen nach dem Schweregrad. Leichte Formen werden oft mit speziellen Übungen, Physiotherapie und regelmäßigen Kontrollen begleitet. Nur bei ausgeprägten Fällen oder fortschreitender Verkrümmung kann eine Korsettversorgung oder in sehr seltenen Fällen eine Operation notwendig sein.

In den meisten Fällen genügt es, auf eine ausgewogene Belastung im Alltag zu achten, die Muskulatur zu stärken und Fehlhaltungen zu vermeiden. Wer frühzeitig gegensteuert, kann Beschwerden vorbeugen und das Gleichgewicht der Schultern wiederherstellen.

Wann sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen?

Tritt der Schulterschiefstand plötzlich auf oder ist er mit Schmerzen, Taubheitsgefühlen oder Bewegungseinschränkungen verbunden, empfiehlt sich eine zeitnahe ärztliche Abklärung. Auch bei Kindern und Jugendlichen ist ein früh entdeckter Schiefstand ein Grund, die Haltung und Wirbelsäule genauer untersuchen zu lassen.

Ein dauerhaft bestehender oder zunehmender Schulterschiefstand sollte ebenfalls ärztlich beurteilt werden, um schwerwiegende Ursachen auszuschließen und rechtzeitig geeignete Maßnahmen einzuleiten.

Ein Schulterschiefstand ist in den meisten Fällen harmlos und gut behandelbar. Mit gezielter Aufmerksamkeit für die eigene Haltung und, falls nötig, physiotherapeutischer Unterstützung lässt sich das Gleichgewicht der Schultern meist wiederherstellen.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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