Polydipsie: Wenn Durst nicht verschwindet

Polydipsie: Wenn Durst nicht verschwindet

06.07.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Polydipsie bedeutet, dass jemand übermäßig viel Durst verspürt und ungewöhnlich große Mengen an Flüssigkeit trinkt. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus „poly“ (viel) und „dipsa“ (Durst) zusammen. In medizinischen Befunden oder Arztbriefen taucht Polydipsie häufig als Symptom auf, das auf verschiedene Ursachen hinweisen kann.

Wenn der Durst nicht nachlässt

Ein normales Durstgefühl ist wichtig, um den Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht zu halten. Bei Polydipsie jedoch ist das Bedürfnis zu trinken so stark ausgeprägt, dass selbst nach dem Trinken keine wirkliche Sättigung eintritt. Oft werden mehrere Liter Wasser oder andere Getränke pro Tag konsumiert, manchmal sogar deutlich mehr als fünf Liter. Das kann im Alltag auffallen, weil ständig nach Nachschub gesucht wird oder nächtliche Toilettengänge zur Regel werden.

Häufig berichten Betroffene, dass sie trotz ausreichender Flüssigkeitsaufnahme weiterhin ein starkes Trockenheitsgefühl im Mund haben. Auch ein ständiger Drang, etwas trinken zu müssen, gehört zu den typischen Erlebnissen. Begleitend können Symptome wie häufiges Wasserlassen (Polyurie), Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme auftreten.

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Was steckt hinter Polydipsie?

Polydipsie ist keine eigenständige Krankheit, sondern meist ein Hinweis auf eine zugrundeliegende Störung im Körper. Besonders häufig steht sie im Zusammenhang mit Diabetes mellitus – einer chronischen Stoffwechselerkrankung, bei der der Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht ist. Durch den hohen Zuckergehalt im Blut wird vermehrt Wasser über die Nieren ausgeschieden, was wiederum zu starkem Durst führt.

Auch andere Erkrankungen können eine ausgeprägte Trinklust verursachen. Dazu zählen zum Beispiel Störungen im Hormonhaushalt, wie der Diabetes insipidus, bei dem ein bestimmtes Hormon (Vasopressin) fehlt oder nicht richtig wirkt. In seltenen Fällen kann Polydipsie auch psychische Ursachen haben; dann spricht man von psychogener Polydipsie. Hierbei trinken Betroffene zwanghaft große Mengen, oft ohne körperlichen Grund.

Manchmal sind auch Medikamente, eine zu salzhaltige Ernährung oder bestimmte Nierenerkrankungen Auslöser für das starke Durstgefühl. Es gibt also viele verschiedene Gründe, warum Polydipsie entstehen kann.

Ist Polydipsie gefährlich?

Viele Menschen sind verunsichert, wenn sie plötzlich ungewöhnlich viel Durst haben oder im Arztbrief von Polydipsie lesen. Die wichtigste Frage: Muss man sich Sorgen machen? Die Antwort hängt davon ab, welche Ursache hinter dem Symptom steckt. Anhaltender, starker Durst sollte immer ernst genommen und abgeklärt werden, besonders wenn er mit anderen Beschwerden wie häufigem Wasserlassen, Gewichtsverlust, Schwäche oder Sehstörungen einhergeht.

Eine unbehandelte Grunderkrankung kann auf Dauer zu ernsthaften Problemen führen. Bei Diabetes mellitus etwa drohen Schäden an Nieren, Augen oder Nerven, wenn der Blutzucker nicht richtig eingestellt wird. Trinkt jemand extrem viel Wasser innerhalb kurzer Zeit, kann es außerdem zu einer sogenannten Wasservergiftung kommen, bei der der Salzhaushalt im Körper aus dem Gleichgewicht gerät. Das ist allerdings selten und tritt meist nur bei extrem hohen Trinkmengen auf.

Wie wird Polydipsie untersucht?

Um die Ursache für das starke Durstgefühl zu finden, beginnt die Ärztin oder der Arzt meist mit einem ausführlichen Gespräch. Dabei wird gefragt, wie viel und was genau getrunken wird, ob andere Symptome bestehen und ob bestimmte Medikamente eingenommen werden. Eine körperliche Untersuchung sowie Blut- und Urintests helfen, Stoffwechsel- oder Hormonstörungen zu erkennen.

Bei Verdacht auf Diabetes mellitus wird der Blutzucker gemessen. Liegt der Verdacht auf eine Hormonstörung nahe, können spezielle Tests folgen, um etwa den Salzgehalt im Blut oder die Funktion der Nieren zu überprüfen. In manchen Fällen ist auch eine Überweisung zu einer Fachärztin oder einem Facharzt nötig, um seltenere Ursachen auszuschließen.

Was kann gegen Polydipsie unternommen werden?

Die Behandlung richtet sich ganz nach der Ursache. Wird zum Beispiel ein bislang unerkannter Diabetes mellitus festgestellt, steht die Einstellung des Blutzuckers im Vordergrund. Das kann durch eine Ernährungsumstellung, Medikamente oder Insulin erfolgen. Bei Hormonstörungen wie Diabetes insipidus kommen meist spezielle Medikamente zum Einsatz, die den Wasserhaushalt regulieren.

Liegt eine psychogene Polydipsie vor, kann eine psychotherapeutische Unterstützung helfen, den übermäßigen Trinkzwang zu durchbrechen und das Trinkverhalten zu normalisieren. Wenn Medikamente oder andere Erkrankungen hinter dem Durstgefühl stecken, wird die Therapie entsprechend angepasst.

In jedem Fall ist es wichtig, die Ursache zu klären und nicht einfach nur weniger zu trinken, ohne ärztlichen Rat einzuholen. Denn das Durstgefühl ist oft ein Warnsignal des Körpers, das nicht ignoriert werden sollte.

Wann sollte ärztlicher Rat eingeholt werden?

Starker, anhaltender Durst, der sich nicht durch normales Trinken stillen lässt, sollte immer ärztlich abgeklärt werden. Das gilt besonders, wenn zusätzlich andere Beschwerden wie häufiges Wasserlassen, unerklärlicher Gewichtsverlust, Schwäche, Sehstörungen oder wiederkehrende Infekte auftreten. Auch bei Kindern, älteren Menschen oder Personen mit bekannten Vorerkrankungen ist Vorsicht geboten.

Frühzeitig erkannt, lassen sich die meisten Ursachen der Polydipsie gut behandeln. Wer aufmerksam auf seinen Körper hört und ungewöhnliche Veränderungen nicht auf die leichte Schulter nimmt, kann schwerwiegende Folgen meist vermeiden.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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