Kollateral – Die Umleitung im Blutkreislauf

Kollateral – Die Umleitung im Blutkreislauf

23.05.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Was bedeutet Kollateral in der Medizin?

Kollateral beschreibt in der Medizin eine „Nebenbahn“ oder ein „Umgehungsgefäß“. Es handelt sich dabei um Blutgefäße, die als natürliche Umleitung dienen, wenn der normale Weg für das Blut durch eine Verengung oder einen Verschluss blockiert ist.

Umgehungsstraßen im Körper

Im menschlichen Körper gibt es ein weit verzweigtes Netz aus großen und kleinen Blutgefäßen. Wird ein Hauptgefäß durch eine Erkrankung wie Arteriosklerose oder durch einen Verschluss blockiert, kann das Blut nicht mehr wie gewohnt fließen. Kollateralen sind dann kleine, oft zunächst unscheinbare Gefäße, die sich erweitern oder neu bilden, um die betroffene Stelle zu umgehen. So bleibt die Versorgung der Organe und Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen möglichst erhalten.

Diese Umgehungswege sind besonders wichtig in Regionen, wo eine Unterbrechung des Blutflusses schnell zu Schäden führen könnte – etwa im Herzen, im Gehirn oder in den Beinen. Die Natur hat also eine Art „Backup-System“ geschaffen, das im Notfall einspringen kann.

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Wann werden Kollateralen sichtbar?

Im gesunden Zustand sind Kollateralgefäße oft so klein, dass sie kaum eine Rolle spielen. Erst wenn ein Engpass entsteht, wachsen sie und übernehmen mehr Bluttransport. Das kann zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, bei einer Verengung der Beinarterien oder bei bestimmten chronischen Gefäßerkrankungen passieren.

Medizinerinnen und Mediziner sprechen dann von einer Kollateralisierung – also dem Vorgang, bei dem sich diese Umgehungsgefäße ausbilden oder vergrößern. In manchen Fällen ist das auf bildgebenden Untersuchungen wie dem Ultraschall, der Computertomografie oder dem Herzkatheter sichtbar.

Bedeutung für die Gesundheit

Kollateralen sind ein gutes Zeichen dafür, dass der Körper versucht, einen Schaden zu begrenzen. Sie können Symptome wie Schmerzen, Schwäche oder Durchblutungsstörungen abmildern. Allerdings reicht die Durchblutung über Kollateralgefäße oft nicht ganz an die Leistungsfähigkeit eines gesunden Hauptgefäßes heran. Das heißt: Die Umleitung hilft, kann aber die ursprüngliche Versorgung meist nicht vollständig ersetzen.

Ob und wie gut sich Kollateralen ausbilden, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Faktoren wie das Alter, Vorerkrankungen, der allgemeine Gesundheitszustand und die betroffene Körperregion spielen eine Rolle.

Typische Situationen, in denen Kollateralen wichtig sind

Besonders häufig taucht der Begriff in Arztbriefen oder Befunden auf, wenn es um Durchblutungsstörungen geht. Ein klassisches Beispiel ist die sogenannte periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), bei der Beinarterien verengt sind. Auch bei Herzkrankheiten, etwa einer Koronaren Herzkrankheit, können Kollateralen am Herzen entstehen und so einen Teil der Blutversorgung übernehmen.

Im Gehirn gibt es ebenfalls wichtige Kollateralwege, wie den sogenannten „Circulus arteriosus Willisii“ – ein Gefäßring, der bei Verschlüssen einen Teil der Hirndurchblutung sicherstellen kann.

Was bedeutet ein Kollateral-Befund im Arztbrief?

Taucht der Begriff „Kollateral“ oder „Kollateralen“ in einem medizinischen Bericht auf, heißt das in der Regel, dass Umgehungsgefäße sichtbar geworden sind. Das ist meist ein Hinweis darauf, dass irgendwo eine Verengung oder ein Verschluss besteht, den der Körper auf diese Weise zu überbrücken versucht.

Für die weitere Behandlung oder Einschätzung ist es wichtig zu wissen, wie gut diese Umgehungswege funktionieren und ob die Versorgung des betroffenen Bereichs ausreicht. In vielen Fällen werden weitere Untersuchungen oder Kontrollen empfohlen, um das Risiko für Komplikationen wie einen Infarkt, einen Schlaganfall oder das Fortschreiten der Durchblutungsstörung zu beurteilen.

Kollateral – ein Zeichen für Anpassung

Kollateralen zeigen, wie anpassungsfähig der menschliche Körper ist. Sie sind keine Krankheit, sondern eine natürliche Reaktion auf eine bestehende Engstelle im Gefäßsystem. Ihre Ausbildung kann Beschwerden lindern und Folgeschäden verhindern – ist aber immer auch ein Hinweis darauf, dass irgendwo ein Problem im Blutkreislauf besteht.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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