Inkongruenzen einfach erklärt

Inkongruenzen einfach erklärt

17.06.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Was sind Inkongruenzen?

Inkongruenzen sind Abweichungen oder Unstimmigkeiten, die in der Medizin meist dann beschrieben werden, wenn etwas nicht zueinander passt – zum Beispiel Befunde, Symptome oder Untersuchungsergebnisse, die sich gegenseitig widersprechen oder nicht ins Gesamtbild einfügen. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Unstimmigkeit“ oder „Nicht-Übereinstimmung“.

Wo taucht der Begriff auf?

In medizinischen Berichten, Arztbriefen oder Gutachten begegnet der Ausdruck „Inkongruenz“ recht häufig. Gemeint ist dann in der Regel, dass bestimmte Angaben, Beschwerden oder Befunde nicht zusammenpassen. Das kann sich auf viele verschiedene Bereiche beziehen: Manchmal stimmen die geschilderten Symptome nicht mit den objektiv feststellbaren Untersuchungsergebnissen überein. In anderen Fällen widersprechen sich verschiedene Befunde aus Labor, Bildgebung oder körperlicher Untersuchung.

Auch im Zusammenhang mit psychologischen oder psychiatrischen Diagnosen wird von Inkongruenzen gesprochen. Hier kann sich das beispielsweise darauf beziehen, dass das gezeigte Verhalten nicht zu den Gefühlen oder Schilderungen passt – etwa, wenn jemand sehr traurig wirkt, aber von sich behauptet, es gehe ihm gut.

Ganzen Befund übersetzen?

Du hast einen Arztbericht oder Befund den du nicht verstehst? Dann nutze Simply Onno, um dir diesen in einfache Sprache übersetzen und erklären zu lassen.

Mehr Infos

Was bedeutet eine Inkongruenz für die weitere Einschätzung?

Eine festgestellte Inkongruenz ist zunächst einmal ein Hinweis darauf, dass etwas genauer betrachtet werden sollte. Sie bedeutet nicht automatisch, dass etwas „nicht stimmt“ oder jemand absichtlich falsche Angaben macht. Vielmehr fordert eine Inkongruenz dazu auf, noch einmal genauer hinzusehen, die Situation umfassender zu beleuchten oder zusätzliche Untersuchungen zu veranlassen.

Gerade im medizinischen Alltag sind Inkongruenzen nicht selten. Oft gibt es für scheinbare Widersprüche ganz harmlose Erklärungen: Missverständnisse im Gespräch, unterschiedliche Wahrnehmungen, technische Grenzen bei Untersuchungen oder auch Veränderungen im Krankheitsverlauf. Manchmal kann eine Inkongruenz aber auch auf seltene oder komplexe Erkrankungen hinweisen, die nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind.

Typische Beispiele für Inkongruenzen

Ein klassisches Beispiel ist die Diskrepanz zwischen Schmerzangaben und objektiven Befunden. Wenn jemand über starke Schmerzen klagt, sich aber bei der Untersuchung keine Ursache finden lässt, sprechen Ärztinnen und Ärzte von einer Inkongruenz zwischen Symptom und Befund. Ebenso kann es vorkommen, dass Laborwerte auffällig sind, aber keinerlei Beschwerden bestehen – auch das ist eine Form von Inkongruenz.

Im Bereich der Bildgebung, etwa bei Röntgen- oder MRT-Aufnahmen, kann es vorkommen, dass die Bilder Veränderungen zeigen, die sich nicht mit den geschilderten Symptomen decken. Manchmal treten Inkongruenzen auch auf, wenn verschiedene Fachrichtungen zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen oder wenn sich der Verlauf einer Erkrankung nicht wie erwartet entwickelt.

Was löst der Begriff bei Betroffenen aus?

Wer in seinem Befund oder Arztbrief den Hinweis auf eine Inkongruenz findet, fühlt sich vielleicht verunsichert. Schnell taucht die Frage auf, ob die eigenen Beschwerden nicht ernst genommen werden oder ob Zweifel an der Glaubwürdigkeit bestehen. Tatsächlich ist das aber selten der Fall. Inkongruenzen sind ein ganz normaler Bestandteil medizinischer Einschätzungen und dienen vor allem dazu, die Diagnostik zu präzisieren.

In den meisten Fällen steht hinter dem Begriff kein Vorwurf, sondern der Wunsch nach einer umfassenden Klärung. Häufig hilft es, das Gespräch mit der behandelnden Fachperson zu suchen, um Unsicherheiten auszuräumen und gemeinsam nach Erklärungen für die Unstimmigkeiten zu suchen.

Wie wird mit Inkongruenzen umgegangen?

Wenn Inkongruenzen festgestellt werden, folgt meist eine gezielte Suche nach den Ursachen. Das kann bedeuten, dass weitere Untersuchungen angeordnet werden, andere Fachrichtungen hinzugezogen werden oder die bisherige Krankengeschichte noch einmal genau besprochen wird. Manchmal genügt schon ein klärendes Gespräch, um Missverständnisse aufzulösen.

In bestimmten Fällen, etwa bei komplexen Krankheitsbildern oder seltenen Erkrankungen, können Inkongruenzen sogar der entscheidende Hinweis sein, um eine Diagnose zu stellen, die sonst vielleicht übersehen worden wäre. Es lohnt sich also, solchen Hinweisen nachzugehen und sie als Chance für eine noch genauere medizinische Betreuung zu sehen.

Inkongruenzen als Teil des medizinischen Alltags

Unstimmigkeiten sind in der Medizin keine Seltenheit. Sie sind vielmehr ein Zeichen dafür, dass der menschliche Körper und das Erleben von Krankheit sehr individuell sind. Nicht immer verläuft alles nach Lehrbuch, und nicht jede Erkrankung zeigt sich auf dieselbe Weise. Inkongruenzen erinnern daran, dass Medizin keine exakte Wissenschaft ist, sondern immer auch von Erfahrung, Einfühlungsvermögen und genauer Beobachtung lebt.

Wer mit dem Begriff Inkongruenz konfrontiert wird, sollte sich also nicht sorgen. Vielmehr zeigt er, dass aufmerksam hingeschaut und nichts vorschnell bewertet wird. So bleibt Raum für eine umfassende Betrachtung – und am Ende oft auch für eine bessere, individuellere Behandlung.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

Jetzt ganzen Befund übersetzen