Hemiparese – Halbseitige Lähmung verstehen

Hemiparese – Halbseitige Lähmung verstehen

11.06.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Eine Hemiparese ist eine halbseitige Lähmung oder Schwäche, bei der eine Körperhälfte – entweder links oder rechts – in ihrer Beweglichkeit deutlich eingeschränkt ist, ohne dass die Muskulatur vollständig gelähmt ist.

Was steckt hinter einer Hemiparese?

Bei einer Hemiparese sind Arm und Bein auf einer Seite des Körpers weniger kräftig und beweglich als auf der anderen. Das Wort setzt sich aus „hemi“ (halb) und „parese“ (Schwäche oder unvollständige Lähmung) zusammen. Im Gegensatz zur Hemiplegie, bei der die Bewegungsfähigkeit auf einer Körperhälfte komplett fehlt, bleibt bei der Hemiparese meist noch eine Restfunktion bestehen. Die betroffene Seite fühlt sich oft schwer, kraftlos oder „wie eingeschlafen“ an.

Diese Schwäche entsteht fast immer durch eine Schädigung im Gehirn – meist auf der gegenüberliegenden Seite der betroffenen Körperhälfte. Häufige Ursachen sind ein Schlaganfall, eine Hirnblutung oder seltener auch Verletzungen, Tumoren oder Entzündungen im Gehirn. Das Gehirn steuert die Bewegungen des Körpers jeweils für die gegenüberliegende Seite. Wird eine bestimmte Region geschädigt, können die Signale für Bewegung und Kraft nicht mehr richtig übertragen werden.

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Wie zeigt sich eine Hemiparese im Alltag?

Die Einschränkungen können sehr unterschiedlich ausfallen. Manche können Arm und Bein noch bewegen, aber nicht mehr so kontrolliert oder kräftig wie zuvor. Andere spüren auch Veränderungen beim Gehen, beim Greifen oder beim Halten von Gegenständen. Oft fällt es schwer, die Hand zu öffnen oder zu schließen, oder das Bein fühlt sich steif an. Zusätzlich können auch das Gesicht oder die Zunge betroffen sein, was das Sprechen oder Schlucken erschwert.

Im Alltag zeigt sich die Hemiparese oft schon bei einfachen Tätigkeiten: Das Anziehen dauert länger, Treppensteigen wird mühsam, und auch das Gleichgewicht kann beeinträchtigt sein. Viele berichten, dass sie schneller ermüden oder sich unsicher fühlen, besonders in ungewohnten Situationen.

Typische Ursachen und Hintergründe

Am häufigsten entsteht eine Hemiparese nach einem Schlaganfall. Dabei wird ein Teil des Gehirns plötzlich nicht mehr ausreichend durchblutet, weil ein Gefäß verstopft oder platzt. Die Nervenzellen in dieser Region können dann nicht mehr richtig arbeiten und steuern die Muskulatur auf der gegenüberliegenden Körperseite nur noch eingeschränkt. Auch andere Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Gehirntumore, schwere Kopfverletzungen oder Entzündungen können eine Hemiparese verursachen.

Bei Kindern kann eine Hemiparese zum Beispiel durch Komplikationen bei der Geburt, eine Hirnblutung oder eine angeborene Fehlbildung entstehen. In diesen Fällen spricht man manchmal auch von einer infantilen Hemiparese.

Ist eine Hemiparese gefährlich?

Eine Hemiparese an sich ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom für eine Schädigung im zentralen Nervensystem. Wie schwerwiegend die Situation ist, hängt vor allem von der Ursache ab. Ein plötzlicher Kraftverlust auf einer Körperhälfte ist immer ein Warnzeichen – besonders, wenn er zusammen mit Sprachstörungen, Sehproblemen oder starken Kopfschmerzen auftritt. In solchen Fällen muss sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, denn es könnte sich um einen akuten Schlaganfall handeln.

Viele machen sich Sorgen, ob die Lähmung dauerhaft bleibt oder sich wieder bessern kann. Das ist verständlich, denn die Einschränkungen wirken sich oft stark auf das Leben aus. Wie gut sich die Kraft und Beweglichkeit wieder erholen, hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Ausmaß der Schädigung, dem Alter, dem allgemeinen Gesundheitszustand und auch davon, wie schnell nach dem Ereignis mit der Behandlung begonnen wird.

Was hilft bei einer Hemiparese?

Die wichtigste Maßnahme ist eine gezielte, frühzeitige Rehabilitation. Schon wenige Tage nach dem auslösenden Ereignis – zum Beispiel einem Schlaganfall – beginnt meist die Physiotherapie. Dabei werden Bewegungsabläufe geübt und die Muskulatur gestärkt. Ergotherapie hilft, alltägliche Fähigkeiten wie Waschen, Anziehen oder Schreiben wiederzuerlangen. Bei Problemen mit dem Sprechen oder Schlucken kann eine Logopädie unterstützen.

Je früher und regelmäßiger diese Therapien beginnen, desto größer sind die Chancen auf eine Verbesserung. Die Therapie wird individuell angepasst – je nachdem, welche Körperbereiche betroffen sind und wie schwer die Einschränkungen ausfallen. Auch Medikamente können eine Rolle spielen, zum Beispiel um Spastik (eine Muskelverkrampfung) zu lindern oder Begleiterkrankungen zu behandeln.

Viele profitieren außerdem von Hilfsmitteln wie Gehstützen, speziellen Schienen oder Greifhilfen. In manchen Fällen kann auch eine Anpassung der Wohnung nötig sein, um den Alltag sicherer und leichter zu gestalten.

Leben mit einer Hemiparese

Eine Hemiparese bringt viele Herausforderungen mit sich, doch mit der richtigen Unterstützung lässt sich der Alltag oft wieder selbstbestimmt gestalten. Kleine Fortschritte sind möglich, auch wenn die Genesung manchmal langsam vorangeht. Wichtig ist Geduld – und das Wissen, dass jede Bewegung zählt. Viele finden Kraft in der Unterstützung durch Familie, Freunde und Therapeutinnen. Austausch mit anderen Betroffenen kann Mut machen und helfen, neue Wege zu finden.

Die Hemiparese ist kein endgültiges Urteil. Mit gezielter Rehabilitation, Motivation und einem Netzwerk aus Fachleuten lässt sich viel erreichen – Schritt für Schritt zurück zu mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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