Dysästhesie: Plötzliche Missempfindungen verstehen

Dysästhesie: Plötzliche Missempfindungen verstehen

05.06.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Dysästhesie bezeichnet eine unangenehme, oft als störend oder schmerzhaft empfundene Empfindung auf der Haut, die durch eigentlich harmlose Reize wie Berührung, Temperatur oder sogar ohne erkennbaren Auslöser ausgelöst wird.

Wenn Berührungen plötzlich unangenehm sind

Im Alltag spürt man ständig Berührungen, Wärme oder Kälte – meist ohne darüber nachzudenken. Bei einer Dysästhesie fühlt sich genau das jedoch plötzlich anders an: Ein leichter Luftzug, das Tragen von Kleidung oder das Streichen über die Haut kann als Brennen, Kribbeln, Stechen oder sogar als richtiger Schmerz wahrgenommen werden. Die Empfindungen sind dabei oft schwer zu beschreiben, sie passen nicht zu den üblichen Sinneseindrücken und werden als deutlich unangenehm empfunden.

Was genau hinter einer Dysästhesie steckt, lässt sich meist auf eine Störung der Nerven zurückführen. Die Nervenfasern, die normalerweise Informationen über Berührung, Temperatur oder Schmerz weiterleiten, senden dabei fehlerhafte Signale an das Gehirn. Das Resultat: Reize, die sonst harmlos oder sogar angenehm sind, werden plötzlich als störend oder schmerzhaft erlebt.

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Mögliche Ursachen und Hintergründe

Dysästhesien entstehen häufig im Zusammenhang mit Erkrankungen des Nervensystems. Besonders bekannt sind sie im Rahmen von Polyneuropathien, also Schädigungen der peripheren Nerven, wie sie zum Beispiel bei Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch oder bestimmten Infektionen auftreten können. Auch nach Verletzungen des Rückenmarks oder bei Multipler Sklerose treten Dysästhesien auf.

Manchmal entwickelt sich eine Dysästhesie auch nach Operationen, Unfällen oder durch langanhaltenden Druck auf Nerven. Seltener können Medikamente, beispielsweise bestimmte Chemotherapeutika, als Nebenwirkung zu solchen Missempfindungen führen.

Nicht immer lässt sich die Ursache sofort erkennen. Gerade wenn die Beschwerden plötzlich auftreten oder sich langsam steigern, ist eine genaue ärztliche Untersuchung wichtig, um die Auslöser zu finden und andere Erkrankungen auszuschließen.

Typische Beschwerden und Alltagsprobleme

Dysästhesien können ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Viele berichten von einem ständigen Brennen, Kribbeln oder Taubheitsgefühl, das nicht mehr verschwindet. Andere empfinden schon die leichteste Berührung als schmerzhaft oder störend. Besonders belastend wird es, wenn alltägliche Dinge wie das Anziehen von Kleidung, Duschen oder sogar das Schlafen zur Qual werden.

Oft treten die Beschwerden an Händen, Füßen oder im Gesicht auf. Manchmal sind sie aber auch großflächig verteilt. Die Intensität kann schwanken – an manchen Tagen ist das Gefühl kaum spürbar, an anderen wiederum sehr ausgeprägt.

Ist Dysästhesie gefährlich?

Die Missempfindungen selbst sind zwar unangenehm, aber nicht direkt gefährlich. Allerdings kann eine Dysästhesie ein Hinweis auf eine zugrundeliegende Erkrankung sein, die behandelt werden sollte. Gerade wenn die Beschwerden neu auftreten, sich verschlimmern oder mit anderen Symptomen wie Muskelschwäche, Gangunsicherheit oder Schmerzen einhergehen, sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen.

Viele Menschen haben Angst, dass die Beschwerden dauerhaft bleiben oder sich verschlimmern. Das ist verständlich, denn die ständige Reizüberflutung kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. In vielen Fällen lässt sich die Ursache jedoch behandeln oder die Symptome zumindest lindern.

Was hilft bei Dysästhesie?

Die Behandlung richtet sich immer nach der Ursache. Wird zum Beispiel eine Polyneuropathie durch Diabetes festgestellt, steht die optimale Einstellung des Blutzuckers im Vordergrund. Liegt eine andere Grunderkrankung vor, wird diese möglichst gezielt behandelt.

Um die Missempfindungen selbst zu lindern, kommen verschiedene Ansätze infrage. Manchmal helfen Medikamente, die gezielt auf die Nerven wirken, etwa bestimmte Antidepressiva oder Mittel gegen Epilepsie, auch wenn keine Depression oder Epilepsie vorliegt. Sie beeinflussen die Signalübertragung im Nervensystem und können so die Beschwerden abschwächen.

Auch physikalische Maßnahmen wie spezielle Massagen, Physiotherapie oder Reizstrombehandlungen können unterstützend wirken. In manchen Fällen hilft es, die Haut regelmäßig mit Cremes zu pflegen, um zusätzliche Reizungen zu vermeiden. Entspannungstechniken, Stressabbau und ein geregelter Tagesablauf tragen dazu bei, mit den Beschwerden besser umgehen zu können.

Leben mit Dysästhesie

Der Umgang mit ständigen Missempfindungen ist nicht leicht. Viele ziehen sich zurück, weil sie einfache Aktivitäten nicht mehr genießen können. Doch es gibt Wege, sich trotz Dysästhesie Lebensqualität zu erhalten. Ein offenes Gespräch mit behandelnden Ärztinnen oder Ärzten, das Ausprobieren verschiedener Behandlungsmöglichkeiten und der Austausch mit anderen Betroffenen können helfen, den Alltag besser zu bewältigen.

Dysästhesie ist zwar belastend, aber in vielen Fällen gibt es Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern oder zumindest erträglicher zu machen. Entscheidend ist, die Symptome ernst zu nehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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