Dehiszenz – Wundöffnung nach der OP

Dehiszenz – Wundöffnung nach der OP

22.05.2025

PD Dr. med. Witold Polanski

Was bedeutet Dehiszenz?

Dehiszenz beschreibt in der Medizin das ungewollte Auseinanderweichen oder Aufgehen von Geweben, die eigentlich zusammenhalten oder zusammengewachsen sein sollten. Besonders häufig ist damit das Wiederaufgehen einer chirurgischen Wunde oder einer Operationsnaht gemeint.

Wenn eine Wunde wieder aufgeht

Nach einer Operation oder Verletzung wird die Haut – manchmal auch darunterliegende Gewebeschichten – mit Nähten, Klammern oder anderen Methoden verschlossen. Ziel ist, dass die Wundränder fest zusammenwachsen und so eine stabile, geschlossene Narbe entsteht. Bei einer Dehiszenz passiert jedoch das Gegenteil: Die Wundränder weichen auseinander, die Naht reißt auf oder das Gewebe trennt sich erneut. Das kann an der Hautoberfläche sichtbar werden – manchmal betrifft es aber auch tiefere Schichten, etwa die Muskulatur oder sogar innere Organe.

Solch eine Situation ist für viele erst einmal ein Schock. Die Sorge, dass „etwas schiefgelaufen“ ist, ist verständlich. Allerdings gibt es verschiedene Gründe, warum eine Dehiszenz auftreten kann. Nicht immer liegt die Ursache bei der Operation selbst.

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Mögliche Auslöser und Risikofaktoren

Verschiedene Faktoren können eine Dehiszenz begünstigen. Eine häufige Rolle spielt die Durchblutung des betroffenen Gewebes. Ist sie gestört, heilen Wunden schlechter und das Gewebe bleibt anfälliger. Auch Infektionen können dafür sorgen, dass die Naht nicht hält. Bakterien oder Keime führen zu Entzündungen, wodurch sich die Wunde lockert und aufreißt.

Manche Menschen haben ein erhöhtes Risiko, etwa bei bestimmten Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus oder einer Immunschwäche. Auch starkes Übergewicht, Rauchen oder eine schlechte Ernährung können die Wundheilung verzögern. Wenn nach einer Operation zu früh Druck oder Zug auf die Naht ausgeübt wird – etwa durch Husten, schweres Heben oder andere Belastungen – steigt die Gefahr, dass die Wunde wieder aufgeht.

Wie zeigt sich eine Dehiszenz?

Typisch ist, dass sich die Wundränder plötzlich oder allmählich voneinander entfernen. Es kann zu einer Lücke kommen, durch die Gewebe sichtbar wird, das normalerweise bedeckt sein sollte. Oft tritt auch Wundsekret aus, manchmal kommt es zu Blutungen oder Schmerzen. In schweren Fällen – etwa nach Bauchoperationen – kann sogar inneres Gewebe oder Organanteile nach außen treten. Das ist ein medizinischer Notfall.

Nicht jede Dehiszenz ist jedoch sofort dramatisch. Kleinere Nahtöffnungen an der Haut verheilen mit guter Pflege oft wieder von selbst. Wichtig ist, Veränderungen frühzeitig zu bemerken und ärztlich abklären zu lassen.

Ist eine Dehiszenz gefährlich?

Die Sorge, dass eine geöffnete Wunde zu Komplikationen führt, ist nachvollziehbar. Tatsächlich besteht bei einer Dehiszenz ein erhöhtes Infektionsrisiko, weil Krankheitserreger leichter ins Gewebe eindringen können. Vor allem bei tiefen oder großen Wunden kann sich die Heilung deutlich verzögern. In seltenen Fällen drohen schwerwiegende Folgen wie eine Sepsis (Blutvergiftung) oder der Austritt von inneren Organen.

Entscheidend ist jedoch, wie schnell und fachgerecht reagiert wird. Wird die Dehiszenz erkannt und behandelt, lässt sich das Risiko für ernsthafte Komplikationen meist deutlich verringern.

Was passiert bei der Behandlung?

Die Therapie richtet sich danach, wie groß die entstandene Wundöffnung ist und wie tief sie reicht. Kleinere Dehiszenzen können manchmal mit speziellen Verbänden, Wundauflagen oder einer engmaschigen Kontrolle behandelt werden. Ziel ist, die Wunde sauber zu halten, Infektionen zu verhindern und die Heilung zu unterstützen.

Bei größeren oder tieferen Dehiszenzen ist häufig ein erneuter chirurgischer Eingriff nötig. Dabei wird die Wunde gereinigt, abgestorbenes Gewebe entfernt und die Naht neu gesetzt. In manchen Fällen kommen moderne Methoden wie Vakuumtherapie (eine Art Unterdruckverband) zum Einsatz, um die Heilung zu beschleunigen.

Zusätzlich achten Ärztinnen und Ärzte darauf, mögliche Ursachen wie Infektionen, Durchblutungsstörungen oder Stoffwechselprobleme zu erkennen und gezielt zu behandeln. Unterstützend kann eine Ernährungsberatung sinnvoll sein, um die Wundheilung zu fördern.

Was kann zur Vorbeugung beitragen?

Eine gute Wundpflege nach Operationen ist entscheidend. Dazu gehört, die Wunde sauber und trocken zu halten, auf Anzeichen von Rötung, Schwellung oder Eiter zu achten und Belastungen – etwa schweres Heben – in den ersten Wochen zu vermeiden. Wer raucht, sollte möglichst auf Nikotin verzichten, da Rauchen die Durchblutung verschlechtert.

Auch eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen unterstützt den Heilungsprozess. Bei bestehenden Erkrankungen wie Diabetes ist es wichtig, die Blutzuckerwerte gut einzustellen.

Wer unsicher ist, ob eine Wunde normal heilt, sollte frühzeitig ärztlichen Rat einholen. So lässt sich eine mögliche Dehiszenz oft rechtzeitig erkennen und behandeln.

Wann ist ärztliche Hilfe nötig?

Sobald eine Wunde sich unerwartet öffnet, starke Schmerzen auftreten, vermehrt Flüssigkeit austritt oder die Umgebung gerötet und geschwollen ist, sollte unverzüglich eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Besonders nach größeren Operationen oder bei Risikofaktoren ist eine rasche Abklärung wichtig. Bei Anzeichen, dass Gewebe oder Organe austreten, handelt es sich um einen Notfall – hier zählt jede Minute.

Dehiszenzen sind zwar selten, aber ernst zu nehmen. Mit einer guten Nachsorge, Aufmerksamkeit und gezielten Maßnahmen lässt sich das Risiko in den meisten Fällen deutlich senken.

BITTE BEACHTEN

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann nicht das persönliche Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen. Für eine individuelle Diagnose, Therapieempfehlung und Behandlung konsultieren Sie bitte immer medizinisches Fachpersonal.

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